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Aussendungszeitpunkt: 20. Februar 2001 - 14:36
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Rechtsausleger:

> Blut und Ehre in Vorarlberg

Neonaziaktivitaeten im Laendle

In Vorarlberg existiert bereits seit Anfang der 90er - Jahre eine
rechtsextreme Skinheadszene. Diese sorgt immer wieder fuer
gewalttaetige Uebergriffe. Besonders Mitte der 90er-Jahre
eskalierte die Gewalt, Angriffe auf Punkkonzerte und
Massenschlaegereien mit Schwerverletzten waren die Folge.
Verschaerft wird die Lage in Vorarlberg durch die Grenznaehe zu
Deutschland und der Schweiz und die daraus folgenden guten
Auslandskontakte der rechtsextremen Szene. In den letzten Jahren
beruhigte sich die Gewaltsituation etwas, weil fuehrende
Naziskinheads Haftstrafen (u.a. wegen Vergewaltigung) ausfaszten.
Seit dem Jahr 2000 nehmen die Aktivitaeten von rechtsextremen
Skinheads aber wieder zu.

Ende 1998 wurde die seit September 2000 in Deutschland verbotene
Naziskinbewegung "Blood & Honour" auch in Vorarlberg aktiv. Die
"Blood & Honour - Division Oesterreich" besteht derzeit aus
Gruppen in Vorarlberg, Tirol und Wien. Ihre Schwerpunkte sind die
Herausgabe eines eigenen "Blood & Honour - Magazins" und das
Veranstalten von Partys und Konzerten. Die Vorarlberger Sektion
besteht nach Eigenangaben (und Angaben der Sicherheitsdirektion)
aus etwa 10 Aktivisten und ihren SympathisantInnen.

Das erste groeszere Nazirockkonzert in Vorarlberg fand am
26.8.2000 im Lokal "Route 66" in Koblach statt. Am selben Tag
veranstalteten die Skinheads auch einen Trauermarsch fuer
"Franky", der sich etwa ein Jahr davor nach seiner Verhaftung bei
einem Bundesligamatch in einer Innsbrucker Zelle erhaengt hatte.
Von den 60 TeilnehmerInnen hatten rund 20 schwarze "Blood & Honour
- Division Oesterreich" - T-Shirts an. Zu dem abendlichen Konzert
mit der deutschen Band "Faustrecht" und "Tollschock" aus
Vorarlberg (proben in einem staedtischen Proberaum!) kamen rund
250 Naziskinheads aus der ganzen Region zusammen. Die
Sicherheitsdirektion hatte von dem Ereignis erst so kurzfristig
erfahren, dass das Konzert nicht mehr verhindert werden konnte.
Den angrenzenden Lokalbetreibern blieb zum Schlieszen keine
Alternative, wird ein Lokal doch hauptsaechlich von tuerkischen
Jugendlichen und ein weiteres von Punks besucht.
Auseinandersetzungen waeren so vorprogrammiert gewesen.

Blieb das Skinheadkonzert noch friedlich, endete dafuer ein
generalstabsmaeszig durchorganisierter Ueberfall auf das Lokal
"Rast(h)aus" in Koblach  in einer Gewaltorgie. Das "Rast(h)aus"
befindet sich im selben Gebaeudekomplex wie der Veranstaltungsort
des Konzertes und wird hauptsaechlich von Punks, SkaterInnen und
"autonomen" Jugendlichen besucht. Am 23.12.2000 ueberfielen 20
Skinheads gegen 2 Uhr 30 gezielt das Lokal, zertruemmerten die
Einrichtung und verletzten drei Lokalbesucher so schwer, dass zwei
von ihnen mit Kopf- und Gesichtsverletzungen stationaer ins
Landeskrankenhaus Feldkirch eingeliefert werden mussten. Das Lokal
war zu diesem Zeitpunkt schlecht besucht, die Skinheads pruegelten
auf ihre Opfer u.a. mit Bierflaschen, Aschenbechern und Teilen von
Tischplatten ein. Einer der Neonazis war sogar mit einer Pistole
bewaffnet, mindestens ein weiterer hatte zudem ein "Blood &
Honour" - T-Shirt an. Die groeszte Vorarlberger Tageszeitung
schrieb in der Folge auch von einem organisierten Ueberfall durch
"Blood & Honour".

Das naechste Neonazikonzert in Vorarlberg sollte am 17.2.
stattfinden. Die Plaene fuer das Konzert wurden allerdings
fruehzeitig bekannt, und so entwickelte sich Widerstand dagegen.
Die Sozialistische Jugend Feldkirch kuendigte fuer den 17.2. eine
antifaschistische Demonstration an und erhoehte so den Druck auf
die Sicherheitsbehoerden. Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn
liesz das Lokal "Route 66" vorsorglich versiegeln und belegte es
mit einem Veranstaltungsverbot. Das Konzert fand nicht statt.

Die Neonazimusikszene ist im Bodenseeraum international vernetzt.
Bei einschlaegigen Konzerten in der Ostschweiz, Vorarlberg oder
Sueddeutschland kommen mehrere hundert Naziskinheads zusammen. Das
letzte solche Groszereignis fand am 3.2.2001 in Mels bei Sargans
(Schweiz) statt. Rund 600 BesucherInnen aus Deutschland,
Frankreich, Liechtenstein, der Schweiz und Oesterreich tanzten zu
den rassistischen Liedern von Bands wie "Nordfront" und
"Blutstahl". Die Behoerden gingen gegen das Konzert nicht vor und
sind deshalb in die Schuszlinie der Presse geraten. Inzwischen
reagierte die Gemeinde und erlegte dem Wirt eine Meldepflicht fuer
saemtliche Veranstaltungen auf - ein weiteres Skinheadkonzert soll
es in Mels nicht mehr geben.

Weniger freundlich reagierte die Polizei auf eine
antifaschistische Demonstration von Sargans nach Mels am 17.2. Die
Demonstration mit 150 TeilnehmerInnen blieb zwar friedlich, wurde
aber im Gegensatz zu dem Neonazikonzert von einem groszen
Polizeiaufgebot begleitet. Antifaschistischen Jugendlichen aus
Oesterreich wurde die Einreise nach einer zweistuendigen
Kontrollorgie an der Grenze verweigert.

Wir wollen die Aktivitaeten von "Blood & Honour" nicht tatenlos
hinnehmen. Am 21.4. wird in Feldkirch eine regionale Antifa-
Demonstration "autonomer" und linker Gruppen fuer ein Verbot von
Nazikonzerten sowie gegen rechte Gewalt und "Blood & Honour"
stattfinden. Damit wollen wir ein Zeichen gegen rechtsextreme
Konzerte in Vorarlberg und in der Bodenseeregion setzen.

*Kulturverein Saegefisch / gek.*

Quellen: Blick, St.Galler Tagblatt, Vorarlberger Nachrichten,
NEUE; ORF "Vorarlberg heute" vom 27.8./28.8. 2000, "Blood & Honour
- Division Oesterreich Magazin" Nr. 1 & 2, einschlaegige
Homepages. Buchtip: Franz Valandro: Rechtsextremismus in
Vorarlberg nach 1945. Vorarlberger Autoren Gesellschaft. Weitere
Infos ueber "Blood & Honour - Sektion Vorarlberg" gibt es auf
unserer Homepage: www.kvsaegefisch.at

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