Neonazis/Schweiz/Moderne Zeiten/Debatte:
> Nacht und Nebel-Aktion
Die Schweizer "Aktion Kinder des Holocaust" setzte
Provider unter Druck, aus "Selbstverantwortung" ihre Kunden nicht
mehr auf rassistische Webseiten zugreifen zu lassen.
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Die Schweizer "Aktion Kinder des Holocaust" (http://www.akdh.ch/)
(AKDH) suchte bislang nach Hompages mit rassistischen,
antisemitischen oder rechtsradikalen Inhalten und meldete die
Adressen dann an Polizei und Provider weiter. Ueber 100 wurden
bereits vom Netz genommen. Jetzt ist die Gruppe noch weiter
gegangen und hat erreicht, dass Schweizer Provider fuer ihre
Kunden den Zugang auch zu einer Website gesperrt haben, die durch
einen US-amerikanischen Provider ins Netz gestellt wurde.
Die AKDH ist der Meinung, wie sie in der Erfolgsmitteilung
schreiben, dass "fuer Skinheads, Nazis und Rassisten das Internet
die wichtigste Informations- und Werbeplattform" ist. Jetzt aber
wehe den "braunen Gruppen in der Schweiz ein rauer Wind ins
Gesicht". Man habe es geschafft, durch "geschickte Aktionen" viele
entsprechende Websites vom Netz zu verbannen. Nachdem die Gruppe
rechte Websites bei Providern entdeckt hatte, meldete sie diese
bei der Polizei, die wiederum den Providern empfahlen, ihre
Verantwortung wahrzunehmen. Natuerlich ist diesem Weg bestenfalls
ein voruebergehender Erfolg vergoennt. Viele der so bei Schweizer
Providern geschlossenen Websites siedelten einfach ins Ausland
ueber. Angeblich suchten die meisten bei front14.org Unterschlupf,
einer von Amerikanern betriebenen Plattform, die Webhosting und
Email speziell fuer Rassisten anbietet, was auch ganz explizit
gesagt wird. Slogan des seltsamen Nischenanbieters: "Online hate
at its best."
Jetzt hat die AKDH die Service-Provider* Sunrise
(http://www.sunrise.ch/), Diax (http://www.diax.ch/) und IP-Plus
(http://www.ip-plus.ch/), den Internetservice von Swisscom, dazu
gebracht, fuer ihre Kunden den Zugang zu front14.org zu sperren:
"Die meisten Internetbenutzer in der Schweiz koennen nun 754
braune Sites nicht mehr oeffnen." Ob alle dort liegenden Seiten
nach Schweizer Recht verbotene Inhalte enthalten, wird nicht
berichtet - und interessiert womoeglich auch nicht.
Nach der Aktion hatte Juerg Buehler vom Bundesamt fuer Polizei
diese Aktivitaeten gegenueber dem Tagesanzeiger begrueszt und
gesagt: "Wir appellieren an die Selbstverantwortung der Provider.
Ich finde es positiv, wenn 'front14' gesperrt wird." Das aber ist
eigentlich ohne rechtliche Grundlage geschehen und koennte etwa
zum Vorbild neuer Pressuregroups werden, die dann auch versuchen
koennten, anderes Unliebsames durch solche Aktivitaeten
unzugaenglich zu machen. Was beim Kampf gegen den Rassismus wohl
auf keinen groszen Widerspruch stoszen wird - wer will schon, wenn
er Bedenken aeuszert, was dies fuer die Meinungsfreiheit bedeuten
koennte, auch gleich der Unterstuetzung des Rassismus bezichtigt
werden, wie dies die Befuerworter solcher Aktionen gerne machen -,
koennte mithin einen bedenklichen Trend ausloesen, gleich ob es um
den Schutz der Buerger vor Pornographie, copyright-geschuetzten
Dateien, verpoenten Programmen oder ungeliebten Meinungen geht.
Selbstjustiz ist keinesfalls immer der richtige Weg, um gegenueber
politischen Feinden vorzugehen und dabei angeblich auch die
Demokratie vor diesen schuetzen zu wollen.
Die Provider sind dabei sicherlich in einer unangenehmen Zwicklage
und richten sich derzeit nach der ueberwiegenden Stimmung
(bekanntlich kann sich diese aber auch veraendern!). So erklaerte
Rene Burgener von Sunrise, dass seine Firma die ethische
Verantwortung habe, keine Missbraeuche im Netz zu dulden (wobei
Missbrauch wieder ein sehr weiter Begriff ist, in den vieles
hineingesteckt werden kann). Weil die rechtliche Grundlage noch
Luecken aufweise und niemand die Zensurfunktion uebernehme, habe
er entscheiden, den Zugang zu front14 zu sperren. Waere es nicht
zumindest fuer jemanden, der derart entschlossen die ethische
Verantwortung uebernimmt, auch sinnvoll gewesen, zumindest
gleichzeitig dieses Vorgehen rechtlich klaeren zu lassen?
Eigentlich sollte es uns bei solchen Nacht- und Nebenaktionen auch
unheimlich werden, auch wenn sich diese gegen die Propaganda von
Gruppen richten, die in keiner Weise an sich verteidigungswuerdig
sind. *Florian Roetzer (via MUND, 19.2.2001)*
*Anmerkung fuer Nicht- und Neunetzler: Lokale Anbieter der
Auffahrten zu den Datenhighways
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