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Aussendungszeitpunkt: 17. Januar 2001 - 5:57
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Glosse/Kapitalismus:

> Hurra, auf zu Julius Meinl am Graben!

Kuerzlich war den Wiener Tageszeitungen ein Warenangebot des
Gourmettempels Julius Meinl am Graben beigelegt, ein
Groszformatpapier in Farbe und mit konkreten Preisangaben: Etwa
Kilopreis Safran, 108.000,- S., Kaviar 42.000,- S., Weisze
Trueffel 60.000,- S. Steinbutt hat einen "Sozialpreis" von 890,-
S/Kilo. Auch der Literpreis von Essig kann sich sehen lassen, etwa
Essig Aceto balsamico, "gereift durch Jahrzehnte in Faessern aus
fuenf verschiedenen Holzarten in der Dunkelheit der Dachboeden von
Modena", Achtelliterpreis 4.600,- S, macht einen Literpreis von
36.000,- S. So, und nun, ihr Sozialhilfeempfaenger, Arbeitslose,
Ausgleichsrentner, Obdachlose, Bewohner der Gruft, auch
Normalverdiener, Normalpensionisten so um 12.000,- S pro Monat,
ihr alle duerft dabeisein. Auf zum Meinl am Graben. Aber, Spasz
beiseite: tatsaechlich werden diese Dinge gekauft, es gibt halt
die ganz groszen Geldsaecke, die Inhaber der Milliardenstiftungen.
Wie ehrlich und redlich haben diese Leute das grosze Geld
verdient? Mit zwei Haenden, ihrem Kopf? Auf den Finanzmaerkten,
ohne einen Finger zu ruehren, einfach mit Spekulation, zuschlagen,
abstoszen, umdirigieren. Soros, Wlaschek und Co. wissen, wo es
langgeht. Der freie Markt, shareholder-value, Deregulierung,
Neoliberalisierung und Globalisierung machen es moeglich. Die
obere Etage der Manager mit ihren Millionengehaeltern koennen
locker mithalten und bei Meinl am Graben einkaufen.

In der Dritten Welt hungern und verhungern taeglich Tausende
Kinder, das juckt die Trueffel- und Kaviarkaeufer am
allerwenigsten. Und hierzulande die Armen zu verhoehnen,  macht
augenscheinlich Spasz. Zur Weihnachtszeit erleichtern die
Geldsaecke ihr Gewissen durch ein paar Tausender fuer "Licht ins
Dunkel", das gibt einen Glorienschein und alle wissen es.

Nein, das ist keine heile Welt. Ich, und mit mir viele traeumen
von einer anderen Welt der Gerechtigkeit. Ich bin sicher, dasz
mein Traum Wirklichkeit werden wird, auch wenn ich es nicht mehr
erleben werde. Meine Vorfreude kann mir niemand nehmen.

*Hans Anthofer*
 

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