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Aussendungszeitpunkt: 28. November 2000 - 14:13
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Ueberlegungen zum Boykott (III):

> Kill "speed kills"

Oder: Aktion statt Reaktion

Die letzte Empfehlung, BILLA zu boykottieren, brachte einige (auch
private) Reaktionen, die sich inhaltlich auf den Nenner bringen
lassen: "Geht nicht!" Erstens wuerden die Boykotte aufgrund des
Fast-schon-Monopols von BILLA nicht klappen, da es meistens weit
und breit keine andere Einkaufsmoeglichkeit gebe. Zweitens wuerden
zum BILLA-Konzern zahlreiche weitere Maerkte und Ketten gehoeren,
die in ihrer Gesamtheit zu boykottieren schon allein aufgrund der
unuebersichtlichen Verflechtungen sinnlos waere. Und drittens
koenne man aufgrund von erstens und zweitens dann schon gar
nirgends mehr einkaufen. Stimmt sicher alles, auch in meiner
naechsten Wohngegend gibt es auszer BILLA kein anderes
Lebensmittelgeschaeft mehr.

Nun wurde aber im ersten Boykott-Artikel auf die relativ geringe
Anzahl der Linken in Relation zur Gesamtbevoelkerung hingewiesen.
Realistischerweise wuerde weiters kaum ein Zehntel dieser Linken
breit propagierte Boykottmasznahmen auch durchfuehren - dies
duerfte schon eine optimistische Einschaetzung sein. Rund ein
Zehntel von einer relativ geringen Anzahl ist sehr wenig, weshalb
im ausschlieszlich finanziellen Bereich kaum von nennenswerten
Einbuszen fuer die zu boykottierenden Unternehmen ausgegangen
werden kann. Also zusammenfassend: Ein groeszerer Umweg beim
taeglichen Einkauf fuer die Gewiszheit, dasz dies die Unternehmen
sowieso nicht schmerzt.

Diesen zugegebenermaszen gewichtigen Argumenten entgegenzuhalten
sind politisch symbolische Akte, die den betroffenen Unternehmen
sehr wohl Imageschaeden bereiten koennen. Effizient sind derlei
symbolische Akte nur, wenn sie Kettenreaktionen erzeugen koennen.
Das heiszt im Falle BILLA, Egger-Bier, DANKE von Prinzhorn, Y-
LINE, KIKA und aehnlich disponierter Unternehmen: Zuerst schreibt
"der Standard" eine Serie ueber "die blauen Kassen der FP", dann
bemaechtigen sich dieses Themas die akin und in verschiedensten
Facetten andere Medien, die daraus Boykottaufrufe formulieren, die
wiederum Reaktionen und vor allem diverseste Aktionen hervorrufen.
Boykottlisten liegen auf allen moeglichen Infotischen auf, werden
bei Demos verteilt. Durch die medialisierte Potenzierung wird eine
sonst nicht zugaengige Oeffentlichkeit erreicht, womit fuer die
Unternehmen Imageschaeden entstehen.

Nun waere es schade, zaghaft beginnende Boykottmasznahmen "nur"
auf die muntere Foerdertaetigkeit zugunsten der FP zu
beschraenken. Wie das Beispiel BILLA und anderer Ketten zeigt,
duerften die Arbeitsbedingungen sowie die Bezahlung der
Angestellten im Handel oder in den meisten Sparten des
Dienstleistungssektors generell aufklaerungsbeduerftig sein. Im
Falle der Ketten und lukrativen Groszbetriebe kann nicht
akzeptiert werden, dasz von den Angestellten Milliarden
erwirtschaftet werden, die einer kleinen oekonomischen Oligarchie
oder gar nur einem feudalen Absahner wie Wlaschek zugute kommen.
Wobei die Profiteure noch dazu von staatlicher Seite mit fast
paradiesischen Steuerbedingungen rechnen koennen - Einlage des
Kapitals in Stiftungen, einmalig niedrige Kapitalertrags- undVermoegenssteuern etc.

Die Stagnation linker Politik erweist sich nicht zuletzt am
Zurueckweichen vor den gesetzten "facts" - speed kills
wahrscheinlich wirklich. Momentan herrscht angesichts der
blitzschnellen Skrupellosigkeit der Koalition grosze
Fassungslosigkeit und das Bemuehen vor, wenigstens Bruchstuecke
sozialer Reformen der einstigen SP vor dem Zugriff und der
Zerstoerung zu bewahren. Leicht zu durchschauende Regierungstaktik
ist die, extrem Ungeheures zu verkuendigen, dadurch groszes
Gezeter hervorzurufen und dann etwas ganz klein weniger Ungeheures
durchzufuehren. Was immer noch schlimm und grauslich ist, aber
besser ankommt, da sich die Betroffenen dann denken koennen:
"Pfau, haett' mich ja noch schlimmer treffen koennen."

Deshalb waer' es nett, wenn wieder einmal ohne Erroeten
Maximalforderungen gestellt werden und nicht nur aeuszerst reaktiv
den Beschluessen der Regierung entgegengehechelt wird. Reaktionen
und Anregungen ueber Boykottmasznahmen und aehnliches entweder
schriftlich an die akin oder e-mailig: akin.abo@gmx.at *Fritz Pletzl*
 

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