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Aussendungszeitpunkt: 14.11.2000; 16:00
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Weltwirtschaft:

> SAPs: Vielleicht doch keine gute Idee?

Weltbank-Studie gesteht ein: "Strukturanpassungen"
schaden den Armen

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Wie eine neue Studie der Weltbank zeigt, koennten die
Strukturanpassungsprogramme (SAPs) des Internationale
Waehrungsfonds und der Weltbank in Zeiten der Rezession den armen
Laendern schaden: "Die schlechten Nachrichten aus dieser Studie
besagen, dasz die Armen in Perioden wirtschaftlicher Expansion von
den Strukturanpassungsprogrammen weniger profitieren," sagt
William Easterly, Autor der Studie "Die Auswirkungen von
Programmen des internationalen Waehrungsfonds und der Weltbank auf
die Armut". "Aber die gute Nachricht besteht darin, dasz die Armen
in den Laendern, die die Strukturanpassungen weiter betreiben, von
Perioden des abnehmenden Wachstums weniger betroffen sind,"
bemerkt Easterly, Mitglied der Forschungsgruppe fuer
Konjunkturentwicklung. "Die Ergebnisse koennten so interpretiert
werden dasz sie sowohl die Kritiker wie auch die Unterstuetzer der
SAPs bestaetigen."

In der Studie, die bei der ersten jaehrlichen Forschungskonferenz
des IWF praesentiert wurde, ueberlegt Easterly, dasz die Armen
moeglicherweise schlecht in der Lage sein koennten, die Vorteile
jener neuen Moeglichkeiten wahrzunehmen, die durch die SAPs
geschaffen werden. "Es ist enttaeuschend, dasz die Armen nicht
vollstaendig am Wachstum teilhaben koennen in den Faellen, wo es
wirtschaftlichen Aufschwung gibt, der begleitet ist von
Anpassungshilfen", bemerkt die Studie.

"Da die Bank und der Fonds letztendlich darauf abzielen, Wachstum
in den Wirtschaften wiederherzustellen, denen sie
Anpassungsdarlehen geben, ist es beunruhigend, dasz positives
Wachstum weniger Einflusz auf die Verminderung der Armut hat,
trotz hohen Engagements von (Welt)-Bank und Fonds."

Im September 1999 wurden die Ziele der Kreditvergabe des IWF
ausgeweitet, und schlieszen nun einen ausdruecklichen Schwerpunkt
zur Verminderung der Armut ein, und die Bretton Woods-
Institutionen uebernahmen gemeinsam das Ziel der Verminderung der
Armut und Wachstumsprogrammen anstelle von beschleunigten
Strukturanpassungsprogrammen.

Der eigene Beitrag des Hauptquartiers der Weltbank war, dasz in
ihrer Eingangshalle ein Slogan angebracht wurde: "Unser Traum ist
eine Welt, frei von Armut".

Aber eine Reihe neuer oekonomischer Krisen und ihre schockartigen
Nachbeben haben starke Besorgnis darueber ausgeloest, wie es den
Armen unter der Wirkung von SAPs ergeht, die von der Bank und vom
Fonds unterstuetzt werden. Einige SAPs laufen bereits 20 Jahre.
Von Aktivisten hat es auch eine lang andauernde Kritik gegeben,
dasz SAPs ueberproportional die Armen schaedigen.

Eine dieser Kritiken ist die Kampagne "Fuenfzig Jahre sind genug"
die anklagt, dasz, wenn in suedlichen Laendern diese Institutionen
auftreten, "die Profite der Aktiengesellschaften steigen, aber
gleichzeitig auch die Armut und das Leid." "Jahrzehntelange
Versprechungen, dasz eine "geringfuegige Vermehrung" der Schmerzen
langfristig Vorteile bringen wird, haben den IWF und die Weltbank
als falsche Propheten entlarvt, deren Mission es ist, jene zu
schuetzen, die bereits zuviel Wohlstand und Macht kontrollieren."

Michael Kermer von der Harvard Universitaet sagt, dasz es wichtig
ist, zu erkennen, dasz Easterlys Studie den Einflusz der
Anpassungskredite auf das wirtschaftliche Wachstum auszer Betracht
laeszt, was sehr intensiv diskutiert wird. Kermer meint, dasz die
SAPs gut fuer die Armen sind, obwohl sie "nicht notwendigerweise
die geeignetste Methode sind, den Armen zu helfen." Er
argumentiert, es waere besser, als Geld fuer die SAPs auszugeben,
wenn die internationalen Finanzinstitutionen die Lebensbedingungen
der Armen der Welt verbessern wuerden, indem sie in "international
allgemeingueltige Werte" investieren wuerden wie die Entwicklung
von Impfstoffen gegen Malaria und HIV und die Entwicklung von
trockenheitsresistenten Getreidesorten.

Easterly's Studie scheut bewuszt zurueck vor der brennenden Frage,
obd die SAPs gut fuer das Wirtschaftswachstum sind und reiht sich
damit in eine lange Reihe von nicht ueberzeugenden
Veroeffentlichungen zu diesem Thema ein.

Aber die Debattes bleibt offen und wird akzentuiert durch eine
Reihe von Studien aus den verschiedensten Denkfabriken. Der Titel
einer dieser Studien ist "Der Herrscher besitzt kein Wachstum".
Sie wurde im September herausgegeben vom Centre for Economic and
Policy Research (CEPR).

Die CEPR-Studie stellt fest, dasz waehrend der letzten zwanzig
Jahre, als die Weltbank und der Fonds am aktivsten in den
Entwicklungslaendern waren, sich deren Wirtschaftswachstum
dramatisch verlangsamt hat. Verglichen mit der Periode 1960-80,
als die Produktion pro Person durchschnittlich um 83% wuchs,
betrug in der Periode zwischen  1980 und 2000 das Wachstum der
Produktion pro Person nur 33 Prozent.

Ein weiterer Bericht, der vorigen Monat von der in Groszbritannien
beheimateten "Bewegung fuer Welt-entwicklung" veroeffentlicht
wurde, besagt, dasz die Masznahmen des IWF und der Weltbank zur
Verringerung der Armut im Gegenteil die Strategien torpedieren,
die die Armen unterstuetzen sollen.

Der Bericht gibt zum Beispiel den Institutionen die Schuld fuer
eine Reihe von Demonstrationen von Millionen Argentiniern im
Maerz, die dem Beschlusz eines dreijaehrigen Kredits von  7,2
Milliarden Dollar folgte. Der Beschlusz war mit der Bedingung
verknuepft, dasz die Regierung  ihre fiskalischen und
strukturellen Refomen fortsetzt, die die Steuern erhoehen,
Sozialausgaben kuerzen und Gehaelter reduzieren sollten. In der
Folge erklaerten argentinische Gerichte im August, dasz der IWF
direkt fuer die Staatsschuld verantwortlich sei. Der Richter Jorge
Ballestro verurteilte in einer beispiellosen  gerichtlichen
Entscheidung den illegitimen Ursprung der Staatsschuld, die
waehrend der Militaerdiktatur zwischen 1976-83 entstanden sei und
sagte, es sei Teil einer "schaedlichen Wirtschaftspolitik", die
(Argentinien) durch zahlreiche Methoden  auf die Knie zwang und
die dazu fuehrte, dasz private nationale und auslaendische
Gesellschaften bevorzugt und unterstuetzt wurden - zum Schaden der
Gesellschaft". *Gumisai Mutume, IPS/Ue:akin/gek.*
 

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