Moderne Zeiten:
> Zweierlei Wettbewerbe
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> 1) Austrian Web Resistance Awards 2000
50.000,- fuer die besten Widerstandsaktivitaeten im Netz
In den vergangenen Wochen ist Public Netbase t0 in arge politische
Bedraengnis geraten, die das Netzkunst-Projekt in seiner gesamten
Existenz gefaehrdet. Die Kuendigung im Museumsquartier, vor allem
aber der repressive Umgang der neuen Bundesregierung mit der
kritischen Institution, die durch ihre Taetigkeit sowohl als Non-
Profit-Provider als auch durch ihre kuenstlerische Produktion
einen unverzichtbaren Beitrag zur Meinungsvielfalt leistet, haben
Public Netbase t0 aber auch erfreuliche Solidaritaet beschert.
Die amerikanische Kuenstlergruppe IAA (Institute for applied
Autonomy) hat ihren Prix Ars Electronica 2000 in der Hoehe von oeS
50.000,- an Public Netbase t0 weitergereicht, um auf diese Weise
ihre Anerkennung fuer die regierungskritische Arbeit der
Kulturinstitution zum Ausdruck zu bringen.
Public Netbase t0 moechte aber diesen Preis nicht fuer sich
selbst beanspruchen, sondern als Praemie wiederum jenen
Webprojekten zur Verfuegung stellen, die von der Jury fuer ihre
couragierte Veroeffentlichung von kritischen, kuenstlerischen und
kulturellen Inhalten ausgewaehlt werden.
Projekte sind bis spaetestens Montag, 6. November 2000, unter der
e-Anschrift awards2000@government-austria.at einzureichen.
(Presseaussendung/gek.)
Kontakt: Public Netbase t0 Media~Space! Institut fuer Neue
Kulturtechnologien Museumsplatz 1, Museumsquartier A-1070 Wien;
Tel. +43 (1) 522 18 34 Fax. +43 (1) 522 50 58 http://www.t0.or.at/
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> 2) Big Brother Awards 2000
Der weniger beliebte "Groszer Bruder Preis" -- gestiftet von einem
Konsortium aus ARGE DATEN, Chello Usergroup (vormals TKUG), public
netbase, Quintessenz und VIBE!AT -- wurde am Nartionalfeiertag
vergeben.
Die unabhaengige Fachjury hat in fuenf Kategorien die nachfolgend
angefuehrten Preistraeger bestimmt. Die sechste Kategorie, der
"People's Choice", wurde direkt vom Volk gewaehlt:
Business und Finanzen:
SATURN, 1070 Wien
Dieser Verleihung erfolgte, weil man "durch Eingabe des PIN-Codes"
und "Bestaetigung durch die Okay-Taste" beim Bezahlen mit der
Bankomatkarte bei Saturn der "unwiderruflichen" Ermaechtigung zur
Weitergabe persoenlicher Daten zustimmt. Davon aber nicht so
leicht erfaehrt, weil diese Zustimmung klein gedruckt und nur auf
der Rueckseite des Kassabons steht. Das Datenschutzgesetz kennt
uebrigens keine "unwiderrufliche" Zustimmung zur Weitergabe von
Daten.
Politik:
AUF (Aktion Unabhaengiger und Freiheitlicher), Michael Kreiszl
Diese schlagkraeftige Polizeigewerkschaft wurde unter anderem
dadurch bekannt, dass sie Polizeikritiker mit angedrohten
Verleumdungsklagen und Prozessen wegen Kgolditschaedigung
einzuschuechtern versuchte. Dass die AUF Polizisten schuetzt, die
beschuldigt sind, Menschen misshandelt zu haben passt ebenso ins
Bild wie der Umstand, dass bei so gut wie allen Datenklau- und
Bespitzelungsaffaeren Beamte aus dem AUF-Umfeld verwickelt waren
und sind. Ihr ehemaliger Chef Josef Kleindienst beschreibt ganz
freimuetig, wie sich die AUF fuer politische Zwecke am
Datenbestand des Innenministeriums vergriffen hat, um politische
Kritiker einzuschuechterm. Die AUF verkoerpert den
grundrechtlichen Supergau: Menschen, die als Personalvertreter
unkuendbar sind, machen Politik mit jenen Daten, die der Staat
sammelt.
Behoerden und Verwaltung:
'Helmi'
Der anonyme Polizeispitzel 'Helmi', selbst wegen Drogendelikten
vorbestraft, ist unter der Obhut der Polizei und sagt in den
Verfahren gegen Drogendealer immer, was die Polizei gerade hoeren
will, weil er als verdeckter Polizeispitzel gearbeitet hat.
'Helmi' hat es geschafft, dass sich Rechtsgelehrte,
Ministeriumsbeamte und sogar die drei Weisen ernste Gedanken ueber
die Grundrechte in oesterreichischen Strafverfahren machen.
Niemand kennt ihn, da er vor Gericht nur mit Sturzhelm oder
Strumpfmaske auftritt. Richter vertrauen ihm und haben - zumindest
in einem Fall - nur auf Grund seiner Aussagen einen Mann zu fuenf
Jahren Haft verurteilt. 'Helmi' wird demnaechst den europaeischen
Gerichtshof fuer Menschenrechte beschaeftigen.
Kommunikation:
Die Arbeitsgruppe SEC LI [Lawful Interception] des ETSI [European
Telecom Standards Institute]
In dieser Arbeitsgruppe befasst man sich mit dem Design von
Abhoerschnittsstellen fuer alle digitalen Netzwerke ISDN, GSM bis
hin zu UMTS. Techniker der oesterreichischen Siemens-Tochter PSE
und anderer Firmen aus dme Telekom-Bereich wie Nokia, Ericsson,
Alcatel, Nortel-Dasa, Comverse, Britische und Deutsche Telekom
sitzen dort nicht nur mit Polizei, sondern Geheimdienst-
Verbindungsleute vor allem aus England, Deutschland, und Holland,
sowie Firmen aus Israel, die ganz offen als Ausruester von
Geheimdiensten auftreten. Diese saubere Gesellschaft legt die
technische Infrastruktur aller kuenftigen digitalen
Telefonzentralen in ganz Europa fest. Im Moment beschaeftigt sich
die Arbeitsgruppe SEC LI mit der Integration des Internet-
Protokolls in ihre Ueberwachungsdesigns.
Lifetime Achievement:
Dieter Boehmdorfer
Fuer ein Leben, das im Zeichen der Bemuehungen steht, die
Rechtssprechung als Groszen Bruder gegen Kritik und freie
Meinungsaeuszerung zu mobilisieren. Als Boehmdorfer Justizminister
wurde hielt er den Wunsch Joerg Haiders, Oppositionelle
Meinungsaeuszerungen mit dem Strafrecht zu verfolgen, sogleich
fuer "verfolgenswert". Wenig spaeter vermeldete er einer
Tageszeitung persoenlich, dass gegen den Aktionskuenstler
Schlingensief ermittelt werde. Der hatte "Meine Ehre heisst Treue"
plakatiert und damit nur einen anderen FPOe-Politiker woertlich
zitiert. Angezeigt wurde von Boehmdorfer nicht der Parteikollege,
sondern der Kuenstler. Erst unlaengst klagte seine ehemalige
Kanzlei "Boehmdorfer Ghenneff" einen Leserbriefschreiber, der das
Wort "Scheissregierung" verwendet hatte. Boehmdorfer fuehlte sich
"betroffen und beleidigt". Einer Journalistin, die es wagte ueber
Boehmdorfer zu recherchieren, hetzte er die Staatspolizei auf den
Hals, weil er sich durch "dunkle Gestalten" bedroht fuehle.
People's Choice:
Die Freiheitliche Partei Oesterreichs (FPOe)
Bislang gibt es auf der Homepage der Big Brother Awards fuer diese
Ehrung noch keine Begruendung -- die vielen Mails der
Puplikumswahl duerften noch nicht ausgewertet sein. Aber die
Redaktion der akin nimmt an, unser p.t. Puplikum kann sich
ungefaehr ausmalen, warum die Wahl -- uebrigens mit deutlichem
Respektabstand zu den anderen Nominierten -- so ausgefallen ist.
(bigbrotherawards.at/akin)
Kontakt: Big Brother Awards Austria c/o ARGE DATEN, Sauterg. 20,
A-1170 Wien, Phone: +43 (0)1/489 78 93-16, Fax: +43/ 0)1/489 78
93-10, info@bigbrother.awards.at, http://www.bigbrotherawards.at
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