ATTAC Oesterreich
Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmaerkte
laedt anlaesslich seiner Gruendung zur Podiumsdiskussion:
> "Globalisierung braucht Gestaltung -- Wege aus der Ohnmacht"
Die zunehmende Macht der Finanzmaerkte ist bezeichnend fuer eine Globalisierung,
in der auf politische
Gestaltung weitgehend verzichtet wird. Mit "Sachzwang"-Argumenten werden
bewusst Ohnmachtgefuehle
erzeugt. Demokratische Mitgestaltung scheint nicht moeglich. Zu den
Themen
Wie kam es ueberhaupt zum "Diktat der Finanzmaerkte"?
Welchen Einfluss haben Finanzmaerkte auf die oesterreichische Wirtschaftspolitik?
Welche Handlungsmoeglichkeiten?
diskutieren:
Susan George, Vizepraesidentin von ATTAC Frankreich und Praesidentin
des Observatoire de la
Mondialisation, Paris
Brigitte Unger, Wirtschaftsuniversitaet Wien
Stephan Schulmeister, Wirtschaftsforschungsinstitut
ProponentInnen von ATTAC Oesterreich
mit dem Publikum
Moderation: Ursula Baatz
Ausklang mit Musik und Buffet
Montag, 6.11.2000, 19h im Semper-Depot (Atelierhaus der Bildenden Kuenste)
Leharg. 6, 1060 Wien
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Zur Einstimmung ins Thema:
> Kleine Liste der "Sachzwaenge"
Wie bestimmen die internationalen Finanzmaerkte die oesterreichische Wirtschaftspolitik?
1. Abnehmende Kapitalbesteuerung: Wenn man den Kapitalverkehr liberalisiert,
ohne vorher die
Steuersaetze zu harmonisieren, flieszt das Kapital zu den Standorten
mit den niedrigsten Steuern.
Vermoegen werden in Steueroasen geparkt, transnationale Konzerne deklarieren
ihre Gewinne, wo sie
kaum oder keine Umsaetze machen. Durch den nachfolgenden Steuerwettlauf
geht die Besteuerung von
Gewinnen und Vermoegen zurueck (Beruehmtestes Beispiel in Oesterreich:
Superreiche Privatstifter zahlen
weniger Steuern als "kleine Leute").
2. Zunehmende Steuerbelastung der Arbeitseinkommen: Wenn das Kapital
bei der Staatsfinanzierung
"ausfaellt", muss sich der Staat seine Einnahmen zunehmend vom [immobilen]
Faktor Arbeit holen. In
Oesterreich kommen bereits 60 Prozent aller Steuern und Abgaben vom
Faktor Arbeit (zum Ver-gleich:
vom Kapital kommen nur 10%).
3. Hohe Zinsen zugunsten der Geldbesitzer drosseln Konjunktur und Beschaeftigung:
Im globalen
Standortwettbewerb wetteifern die Staaten um die Gunst des Anlagekapitals,
zu den "Koedern" zaehlen
neben niedrigen Steuern auch hohe Zinsen. Der Nebeneffekt ist eine
hausgemachte Rezession: Wenn die
Zinsen steigen, zahlen sich immer weniger Realinvestitionen (in Produktionsanlagen
und
Arbeitsplaetze) aus, die Beschaeftigung sinkt, die Konjunktur flaut
ab. Die Hochzinspolitik der
Europaeischen Zentralbank (EZB) hat eben diesen Effekt, und ihre Unabhaengigkeit
von der Politik ist
ein Zugestaendnis an die "Beduerfnisse" der Finanzmaerkte. (Zusatz:
Hohe Zinsen "haerten" den Euro.)
4. Defizit wird groeszer, Handlungsspielraum der Nationalstaaten kleiner:
Hohe Zinsen treffen auch den
Staatshaushalt. Der oesterreichische Staat zahlt momentan jaehrlich
100 Milliarden Schilling an seine
Glaeubiger. Dieses Geld fehlt bei wichtigen anderen Ausgaben. Infolge
steigende Realzinsen, sinkender
Kapitalbesteuerung und stagnierender Konjunktur geraet der Staat in
Finanzierungsnoete. Die steigenden
Ausgaben des Sozialstaates, die zum Teil Folge dieses Problems ist
(hoehere Arbeitslosigkeit), werden
zur Ursache erklaert -und die Sozialleistungen werden Stueck fuer Stueck
gekuerzt.
5. Pensionen werden von der Stabilitaet der Weltwirtschaft abhaengig:
Ein Teilprojekt des Rueckbaus des
Sozialstaates ist die Privatisierung der Pensionssysteme. Das Problem:
Die Vorsorgegelder
verursachen auf den deregulierten Finanzmaerkten genau jene Krisen,
die die Auszahlung der Pensionen
gefaehrden. Die letzten Krisen: Mexiko, Suedostasien, Russland, Brasilien.
6. Staat muss Spekulanten subventionieren: In den juengsten Krisen wurden
die Spekulanten mit
Steuergeldern aus dem Schlamassel geholt. In der von US-Pensionsfonds
mitverursachten Mexiko-Krise
1994 schnuerte der IWF ein 50-Milliarden-Dollar-Paket, das als versteckter
"Bundeszuschuss" zur
privaten Pensionsvorsorge betrachtet werden kann.
7. Shareholder-Mentalitaet verstaerkt Druck auf den Arbeitsmarkt: Aktien
werden nicht mehr gekauft, um
aus der langfristigen Gesundheit eines Unternehmens Dividenden konstant
zu lukrieren, sondern um
kurzfristige Kursgewinne mitzunehmen, die unter anderem ueber niedrigere
Loehne, Rationalisierungen
und Entlassungen erzielt werden. Auszerdem unterbleiben viele Investitionen,
die zwar
beschaeftigungsintensiv waeren, aber keine solche Rendite abwerfen,
die den Anspruechen der Aktionaere
genuegt. Konjunktur und Beschaeftigung bleiben so unter ihren Moeglichkeiten.
8. Umweltpolitik stagniert: Wenn die Staaten in Finanzierungsnoete geraten,
wird auch beim
Umweltschutz gespart. Nur ein Beispiel: Die Anreizmilliarden zur Erreichung
des Kyoto-Ziels fuer den
Klimaschutz sind nicht vorhanden. Die Angewohnheit der Welthandelsorganisation
WTO,
Umweltschutzgesetze, die den "Freihandel" stoeren, zu kippen oder zu
verhindern, fuegt sich nahtlos in
die Liste der Sachzwaenge, allerdings nicht unter dem direkten Diktat
der Finanzmaerkte. (ATTAC)
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