*************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der
Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren
sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
*************************************************
Aussendungszeitpunkt: 19.9.2000; 17:30
*************************************************

Widerstand/Kapitalismus/Australien:

> Der Bruch einer Tradition

Das WEF-Treffen in Melbourne ging am Mittwoch zu Ende - mit dem Stockkaempferbewerb fuer
Polizisten

Das Ausmasz der von der Polizei ausgeuebten Gewalt eskalierte nach den anfangs erfolgreichen
Blockaden gegen das World Economic Forum (s. akin 24/00). Der 13.September fing morgens
mit einem Schlagstockangriff auf cirka 40 Leute an, die die Eingang Clarendon Street
blockierten, waehrend die meisten Leute am Eingang Queensbridge Street waren. Einem ABC-
Bericht entnommen: Einer der Demonstranten, Nick, sagt, dasz er und seine Kollegen den
Polizeikraeften hoffnungslos unterlegen waren, die den Angriff heute morgen durchfuehrten.
"Ich sah eine Frau von cirka 40 Jahren, die zu Boden fiel, und die Leute riefen, sie sollten
sie rauslassen, ihr die Moeglichkeit geben, aufzustehen... Leute wurden verletzt, viele schrieen,
viele junge Leute gingen zu Boden," sagte er.

Vorangegangen war ein aehnlicher Schlagstockangriff Dienstag nacht, um die WEF-Delegierten
hinauszubringen. Riot-Polizei griff brutal die Leute an, die gewaltlosen buergerlichen Ungehorsam
ausuebten, und mehr als 20 Personen muszten im Krankenhaus behandelt werden. ABC interviewte
den bekannten Melbourner Entertainer Rod Quantock, der sagte, dasz mehrere seiner Freunde
von Schlagstoecken getroffen wurden und dasz die Aktion nicht provoziert worden sei:
"Nichts kann die da angewendete Gewalt rechtfertigen. Ich lag am Boden. Ich konnte nicht
sehen, wer auf mich einschlug. Das haette sowieso nichts gebracht, weil sie ihre Namensschilder
nicht trugen," sagte Quantock. "Ich wurde ueberall am Koerper von Schlaegen getroffen
und erhielt einen harten Schlag auf die Kniescheibe, als ich versuchte aufzustehen. Sie gingen
einfach auf uns los, griffen einfach an. Ich sah Leute, deren Gesichter so blutig waren, dasz du
nicht mehr sehen konntest, ob das Maenner oder Frauen waren."

Klaus Schwab, der Gruender des Weltwirtschaftsforums, sagte: "Die Polizeiaktion war
ausgezeichnet. Sie haben den Demonstranten am ersten Tag die Chance gegeben, sich
ordentlich zu benehmen, sie haben angegriffen, als es noetig wurde, Gesetz und Ordnung
wiederherzustellen." In aehnlicher Weise aeuszerte sich Labour-Premier Steve Bracks, der
kundtat: "Der Polizei oblag die Verantwortung, Gesetz und Ordnung aufrecht zu erhalten
und die Oeffentlichkeit zu schuetzen, die Delegierten zu schuetzen, und auch die friedlichen
Demonstranten zu schuetzen, und das haben sie ganz fantastisch erledigt, " sagte Bracks.
"Diejenigen, die ein unfriedliches Benehmen an den Tag legten und mit Wurfgeschossen
schmissen, das sind die, die fuer die friedlichen und vernuenftigen Demonstranten Probleme
verursachen." Der Sidney Morning Herald schreibt: Bis zu 200 Demonstranten wurden von
der Polizei verletzt, die sie mit Schlagstoecken auf den Kopf schlugen, sie mit Pferden
niederritten, sie an den Haaren hinter sich herzogen, die boxten, traten, sie mit Ellbogen
traktierten und sogar bissen und die mit hoher Geschwindigkeit auf Menschen zufuhren, um
Versammlungen aufzuloesen, wie ein Team von Beobachtern aussagte.

Beobachter schaetzen, dasz 90% der Beamten ihre Namensschilder abgenommen hatten. Damien
Lawson vom Melbourne Western Suburbs Legal Centre sagt: "Dies beeinfluszt sehr stark die
Moeglichkeit, sie zu Rechenschaft zu ziehen. Wenn sie niemand identifizieren kann, dann haben
sie freie Hand und Straffreiheit. Einem jungen Mann wurden mit einem Schlagstock zwei
Schneidezaehne ausgeschlagen und er brauchte notaerztliche Behandlung."

Cam Walker von Friends of the Earth berichte einem ABC-Reporter: "Wir haben immer
buergerlichen Ungehorsam angewendet. Wir haben uns immer genau daran gehalten, das heiszt,
die Polizei fordert uns auf, zu raeumen, sie tragen die Demonstranten weg und nehmen sie fest,
wenn sie meinen, da waere was Ungesetzliches dabei gewesen. Die Polizei hat eine 30 Jahre alte
Tradition gebrochen und friedlichen Demonstranten den Krieg erklaert", sagte Walker,
Am Mittag gingen ueber 2000 DemonstrantInnen durch die Innenstadt und hielten vor einem
Nike-Laden und mehreren McDonalds an. Am Nachmittag ebbte die Blockade ab. Warum also
hat ein nicht gekennzeichnetes Polizeiauto sich mit Gewalt einen Weg durch eine Gruppe
Demonstranten gebahnt? Als eine Person teilweise unter das Auto geriet und die Leute darum
bettelten, dasz das Auto anhalten solle, da trat der Fahrer aufs Gas und ueberfuhr die Person,
die sofort im Krankenhaus behandelt werden muszte und nur das bisher letzte Opfer der brutalen
Polizeiangriffe und Gewalt ist, die von den WWF-Organisatoren und konservativen Politikern wie
auch der Labour-Premier Steve Bracks und sein Vize John Brumby eingeleitet wurden.
Der exzessive Einsatz von Gewalt durch die Polizei wird ein juristisches Nachspiel haben. Ein
juristisches Team von Anwaelten, Jurastudenten und Rechtshelfern hat sich zusammengefunden,
um Demonstranten juristische Hilfestellungen zu geben und hat ueber 300 Aussagen ueber die
unverhaeltnismaeszige Gewaltanwendung der Polizei waehrend der Blockadetage aufgenommen.

(Takver@onaustralia.com.au / Uebers.: AFD Hamburg, i-afd_2@anarch.free.de / bearb.)

50 Fotos von den drei Tagen findet ihr auf Takvers Soapbox Site. Berichte und Fotos sind
ebenfalls bei den Melbourner Indymedia: http:// www.melbourne.indymedia.org;
Takver's Soapbox: http://www. users.bigpond.com/Takver/soapbox/index.htm
Radical Tradition, an Australasian History Page http://members.
xoom.com/takver/history/index. htm
 
 

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1010 wien, wipplingerstrasze 23/20
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin