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akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der
Papierausgabe veroeffentlichten sein.
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Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
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Aussendungszeitpunkt: 19.9.2000; 17:30
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IWF-Gipfel/Tschechien:

Infos zu Prag:

> Aktuell

Am Donnerstag, 21.9., 10h im Wiener Café Landtmann gibt es eine Pressekonferenz: Hintergrund ist die
Verweigerung der Einreise von 3 IWF-Gegnern am 18.9. Ihr Auto war durchsucht worden. Als man dort -
durchaus legale - Agitationsmaterialien fand, wurde ihnen erklaert, dasz sie aufgrund der geltenden
Ausnahmebestimmungen nicht nach Tschechien einreisen duerften. Mit entsprechenden Paszvermerken wurden
sie wieder nach Hause geschickt.

Rueckfragen: Susanne Jerusalem, Gruener Klub im Rathaus, Tel 4000/81800
 

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Die folgenden, von uns stark ueberarbeiteten Informationen ueber Tschechien stammen aus einer
Sammlung von Texten zum Thema, die die Anti-Imperialistische Korrespondenz (AIK)
herausgebracht hat. AIK-Redaktion: Klaus von Raussendorff, Postfach 210172, 53156 Bonn,
Tel.&Fax: 0228 - 34.68.50; raussendorff@home.ivm.de, Anti-Imperialistische Online-
Korrespondenz, Webmaster: Dieter Vogel, http://home.t-online.de/ home/aik-web/; aik-web@t-online.de
 
 
 

> Prag - eine goldene Festung

Die sozialdemokratische Regierung der Tschechischen Republik hat 11.000 Polizisten und 1.600
Soldaten mobilisiert, um waehrend der IWF/Weltbank-Konferenz, zu der zumindest 18.000 Gaeste
erwartet werden «Recht und Ordnung» aufrecht zu erhalten.
Mit Panzerfahrzeugen, Hubschraubern und Kraenen, die von der Armee geliefert werden, besteht
das Polizeiaufgebot fuer konferenzbedingte Aufgaben aus 6000 Prager Polizisten - einem Drittel
der Gesamtstaerke - , ergaenzt durch 5000 Polizisten, die aus der ganzen Tschechischen
Republik nach Prag geschafft werden.
Die von rechten Kraeften dominierten Stadtbezirksverwaltungen in Prag draengen Rentner,
Schulkinder (die eine Woche frei haben) und alle uebrigen, die Stadt waehrend der Konferenz zu
verlassen. Die Prager Theater sind in der Woche geschlossen, vermutlich ist auch dies Teil des
Versuchs, die Straszen zu leeren und den Kraeften von "Recht und Ordnung" freie
Bahn auf "auslaendische Extremisten" zu geben.
Dasz gerade die Medien, die meist auslaendische Eigentuemer haben, am eifrigsten
Auslaenderfeindlichkeit gegenueber "Zehntausenden von auslaendischen Radikalen"
schueren, ist angesichts ihrer Unterstuetzung fuer den Extremismus von IMF und Weltbank schon
mehr als nur ein Anflug von Ironie. Stories ueber einen Voraustrupp von "auslaendischen
Extremisten", die einheimische Gegner der kapitalistischen Globalisierung im Gebrauch von
Molotow-Coktails und anderen Waffen trainieren, sind in der Presse erschienen. Auch die
Regierung hat ihren Part beim Anheizen der Spannung im Vorfeld der Konferenz gespielt,
vorneweg der Innenminister Stanislav Gross (ein ehemaliger "Samtrevolutionaer").
Oeffentlich gebilligt hat er bereits das Vorgehen seiner Polizei bei der brutalen Aufloesung einiger
friedlicher Anti-IWF-Straszenproteste in diesem Jahr, am auffaelligsten am 1. Mai.
Am 31. August gab es ausserdem ein weithin bekannt gemachtes "Scheingefecht"
unter Beteiligung von Einsatzpolizei, britisch-ausgebildeter berittener Polizei, Polizeihunden und
Wasserwerfern zwecks Demonstration von "Faehigkeiten" der Massenkontrolle.
Eine Gruppe hochrangiger tschechischer Polizeioffiziere wurde Anfang des Jahres zu einem
Kursus in die USA entsandt, "um die Lektionen von Seattle" und anderen Protesten
gegen die kapitalistische Globalisierung "zu lernen". Das globalisierte FBI hat kuerzlich
eine Buero in Prag eroeffnet und ist mit 600 weiteren auslaendischen "Spezialisten"
daran beteiligt, die Polizei auf ihre "Recht und Ordnung"-Pflichten waehrend der IWF-
Konferenz vorzubereiten. Gewalt Es gibt einige, die waehrend der Konferenz Gewalt in den
Straszen von Prag begrueszen wuerden. Sie planen, das gegen die Linke in wichtigen Regional- und
Senatswahlen, die kurz nach der IWF-Konferenz (im November) stattfinden, auszunutzen und die
Idee eines Verbots von linken und militanten Gewerkschaftsorganisationen zu propagieren. Seid
also gegen Provokateure wachsam!

Aus :
Sondernummer von "Postmark Prague"; Kontakt: PP, PO Box 42, 182 21 Prague 8,
Czech Republic; Tel.: 00420 2; 85 84 107; E-Mail: postmarkprague@cmail.cz (Uebersetzung
a.d.Englischen: AIK)

Spalter, Spalter

INPEG (tschechische Abkuerzung fuer "Initiative gegen oekonomische Globalisierung") ist
ein Netzwerk von verschiedenen kleinen Jugend-, Umwelt-, anarchistischen und sozialistischen
Gruppen in Prag. INPEG organisiert mit der Unterstuetzung von Gruppen und Einzelpersonen aus
zehn weiteren europaeischen Laendern das Aktionscamp ab dem 14. September, den Gegengipfel
vom 22.-24.9., das Art of Resistance-Festival vom 22.-24. September und den Globalen
Aktionstag am 26.9. Neben INPEG gibt es in Prag ein Buendnis der kommunistischen Partei mit
Organisationen und Gewerkschaften, die der kommunistischen Partei nahe stehen, die zu einer
Demonstration am 23.9. aufrufen. Aufgrund der Geschichte der kommunistischen Partei in der
Tschechischen Republik lehnt INPEG jeden Kontakt mit diesem Buendnis ab. Des weiteren gibt es
ein Buendnis von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die ein "Public Forum" mit
verschiedenen Intellektuellen vom 25.-27.9. in Prag organisieren. Zwischen dem NGO-Buendnis
und INPEG gibt es Kontakte. Eine anarchistische Gruppe, die nicht Teil von INPEG ist, ruft zu
einem schwarzen Block innerhalb der INPEG-Demo am 26.9. auf. Diese anarchistische Gruppe
lehnt den Kontakt mit INPEG ab.
(Email v. A.Rockstein;
Andreas.Rockstein@gmx.net)
 
 

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Das Jahrzehnt danach
 

Die "Freie Martktwirtschaft" in der CSFR/CR
Einige Zahlen und Fakten fuer wissensdurstige IWF-Gegner
 

Unuebersehbar hat sich Prag in den letzten zehn Jahren stark veraendert. Fassaden wurden neu
verputzt, Gebaeude saniert, neben den Palais der Wallenstein, Lobkowicz und Schwarzenberg
entstanden prachtvolle Banken- und Versicherungspalaeste. Prag, die Goldgrubenstadt...
Im Vorfeld des IWF/Weltbankgipfels befasste sich kuerzlich der Prager Magistrat mit einem Antrag,
durch den das Betteln in der Innenstadt verboten werden sollte. Der Antrag wurde mit knapper
Mehrheit abgelehnt... Bettelei und Obdachlosigkeit - Phaenomene der "freien
Marktwirtschaft", die es vor 1989 nicht gab. An ihnen wird am krassesten sichtbar, was
aus den Hoffnungen auf materielle Verbesserungen geworden ist, die sich viele Tschechen
machten, als ihr Land 1989/90 zum Kapitalismus und unter die Fittiche des IWF zurueckkehrte.
Einen Kredit von 3,9 Milliarden Dollar erhielt die damalige Tschechische und Slowakische
Foederative Republik (CSFR) 1990 vom IWF, und dazu einen von deren beruechtigten
Strukturanpassungsplaenen, in denen den kreditnehmenden Laendern ihre Politik vorgeschrieben
wird: moeglichst rasche Privatisierung staatlicher Unternehmen, Einschraenkung der
Staatsausgaben, Sozialabbau.

Der durchschnittliche Monatslohn betraegt zurzeit etwas ueber 12.000 Kronen (1 tschechische
Krone sind etwa 40 Groschen). Die hoechsten Loehne werden im Finanzsektor gezahlt
(durchschnittlich etwa 21.000 Kc), gefolgt von den groszen auslaendischen Konzernen (VW-Skoda
z.B. 17-18.000 Kc). Weit darunter liegen die Loehne in den Branchen mit vorwiegend
einheimischen Unternehmen (z.B. Textilbranche: 5000 Kc). Dazwischen die Beschaeftigten im
Erziehungs- und Gesundheitswesen und in sonstigen oeffentlichen Einrichtungen (ca. 10.000 Kc).
Der Mindestlohn wurde kuerzlich auf 4500 Kc angehoben, netto bleiben davon 3800 Kc.
Haeufig werden aber selbst diese Hungerloehne nicht ausgezahlt: Im letzten Jahr wurden etwa
100.000 Beschaeftigte fuer ihre Arbeit nur unregelmaeszig oder gar nicht bezahlt. Und vor ein paar
Tagen meldete Radio Prag wieder einmal, dass rund 11.000 Huetten- und Maschinenbauarbeiter
im nordboehmischen Ostrava-Vitkovice auf ihr Juli-Gehalt mindestens bis Ende August warten
muessen.
Eine weitere Neuerung der letzten Jahre ist die Arbeitslosigkeit. Bis 1996 noch relativ niedrig
(2-3%), schieszen die Zahlen seitdem in die Hoehe: Landesweit liegt die Arbeitslosenquote jetzt
bei 9,5%, in einigen Regionen (z.B. den Bergbauregionen Nordboehmens und Nordmaehrens)
erreicht sie fast die 20-Prozent-Marke. Betroffen sind vor allem Frauen, Jugendliche und
Roma. Nur 42% der Arbeitslosen erhalten Arbeitslosengeld.
Die Preise stiegen generell zwischen 1990 und 2000 auf das Vierfache an. Das entspricht
ungefaehr dem nominalen Anstieg der Durchschnittsloehne waehrend dieser Zeit. Aber: zwei Drittel
der Beschaeftigten liegen beim Anstieg der Loehne unter dem Durchschnitt. Und viele Dinge, die
frueher als staatliche Leistungen gratis waren, muessen heute bezahlt werden. So wurden z.B. die
betrieblichen Kindergaerten, Polikliniken und Ferieneinrichtungen abgeschafft (die Autofabrik Skoda
z.B. wurde von VW extra neu gegruendet, um derartige "Altlasten" loszuwerden). Ein
Hochschulstudium kostet heute Studiengebuehren, und ein Stipendium steht nicht mehr jedem
Studierenden zu. Buecher, Theater- und Konzertbesuche u.ae. sind fuer die Mehrheit der
Bevoelkerung unerschwinglich geworden, Kultur wird groszteils fuer die Touristen gemacht.
Wirtschaftlicher Rueckgang
Die Rueckkehr zum Kapitalismus war mit einem drastischen Niedergang der Wirtschaft verbunden.
Die eingespielten Wirtschaftsbeziehungen mit den ehemaligen RGW-Laendern und vielen Laendern
der sog. Dritten Welt zerbrachen, der Binnenmarkt wurde ueberflutet von westlichen Waren. Die
Industrieproduktion lag 1998 um 22%, die landwirtschaftliche Produktion um 30%, der
Wohnungsbau um zwei Drittel unter dem Niveau von 1989. Eine Besonderheit in der CSFR/CR
war die sog. Coupon-Privatisierung. Die neue Regierung wollte wenigstens den Anschein
erwecken, dass die Bevoelkerung am Verkauf der staatseigenen Betriebe beteiligt wuerde. Es
wurden deshalb Couponhefte angeboten, die man sich kaufen und mit deren Inhalt man dann zu
geringen Preisen Aktien von staatlichen Betrieben nach eigener Wahl erwerben konnte. Die
Bevoelkerung zeigte zunaechst wenig Interesse daran. Das aenderte sich erst, als Leute, die man
spaeter als "Piraten" titulierte, denjenigen horrende Zinsen versprachen, die ihnen ihre
Coupons anvertrauen wuerden. Viele konnten sich nicht vorstellen, so skrupellos betrogen zu
werden, und fielen darauf herein; ihr Geld sahen sie nie wieder. Zahlreiche Betriebe wurden zum
Spielball von Spekulanten und Betruegern.
Deindustrialisierung und Ausverkauf
Als Problem bei der Privatisierung erwies sich, dass in der sozialistischen Tschechoslowakei
niemand so viel privaten Reichtum hatte anhaeufen koennen, wie nun ploetzlich fuer das Betreiben
und Umruesten der Industriebetriebe fuer kapitalistische Verhaeltnisse erforderlich war. Man musste
also in Kauf nehmen, dass Investoren ohne Eigenkapital riesige Betriebe auf Pump kauften. Das
endete haeufig mit einer Pleite und der Schlieszung des Betriebes. Die Alternative: Man musste
auslaendische Investoren ins Land locken. Deindustrialisierung und Ausverkauf gingen Hand in
Hand. Groeszter auslaendischer Investor ist der Volkswagen-Konzern, der 1991 Renault als
Konkurrenten ausstach und 70% der Aktien von Skoda in Mladá Boleslav erwarb - die restlichen
30% folgten dieses Fruehjahr. Skoda allein hat einen Anteil von 10% am gesamten tschechischen
Auszenhandel! Gleichzeitig dient die tschechische Tochter VW als Tueroeffner nach Osten. In Polen,
Russland und Indien werden bereits Skoda-Autos produziert oder Produktionsanlagen gebaut.
Wie die Autobranche ist auch der Einzelhandel fest in auslaendischen Haenden. Von den zehn
groeszten Einzelhandelsketten ist nur eine in tschechischem Besitz, und auch die ist auf der
Suche nach einem strategischen Partner im Ausland. Im Finanzsektor wird eine Bank nach der
anderen an auslaendische Groszbanken verkauft. Im Energiesektor kaufen sich zurzeit vor allem
deutsche Konzerne wie RWE oder VIAG (Bayernwerk) ein. Die Telekommunikation wird ebenfalls
gerade ans Ausland verscherbelt. Neunzig Prozent der Presse in den westlichen Regionen der CR
gehoeren deutschen Pressekonzernen, darunter an erster Stelle die Passauer Neue Presse mit
ihren engen Verbindungen zu CSU und Sudetendeutscher Landsmannschaft.
Insgesamt gab es 1999 10.000 deutsche und 6.000 tschechisch-deutsche Firmen. Die
auslaendischen Investitionen beliefen sich von 1989 bis 1999 auf 28 Milliarden Dollar. Davon kam
der groeszte Teil (25%) aus Deutschland, gefolgt von den Niederlanden, Belgien, den USA,
Oesterreich und Groszbritannien.
Waehrend die auslaendischen Firmen ihre Gewinne 1999 verdoppeln konnten, mussten immer mehr
tschechische Firmen Konkurs anmelden. Im September 1998 wurde offiziell zugegeben, dass
sich die CR in einer "Rezession" befand. Mittlerweile wird erstmals wieder ein
geringfuegiges Wachstum gemeldet. Im juengsten IWF-Erfolgsbericht ueber die CR wird eine
Wiederbelebung der tschechischen Wirtschaft aufgrund erhoehter Nachfrage aus der EU, forcierter
Privatisierung und vermehrter auslaendischer Investitionen in Aussicht gestellt - verbunden mit
einem weiteren Anstieg der Arbeitslosenquote auf 10,5 bzw. im naechsten Jahr auf 11 Prozent.
Investitionsanreize und Sozialabbau
Die Bemuehungen der tschechischen Regierung, die Krise auf die vom IWF gelobte Art und Weise
zu "ueberwinden", sieht haeufig so aus wie beim Verkauf der Tschechischen Sparkasse
an die oesterreichische Erste Bank vor einigen Monaten. Aus der Staatskasse flossen allein Ende
1998 mehr als 40 Milliarden Kronen zur Sanierung "notleidender Kredite" in das
zweitgroeszte Geldinstitut der CR. Als Erloes fuer den staatlichen Anteil von 52% der Aktien kamen
dann gerade mal 19 Milliarden zurueck.
Kein Wunder, dass die Staatskasse immer leerer und die Verschuldung des Staates immer hoeher
wurde. Die Auslandsschulden, die 1989 gerade mal 7,8 Mrd. Dollar betrugen, waren bis 1998 auf
23 Mrd. Dollar (45,3% des BIP) angestiegen.
Hieran knuepfen sich auch die aktuellen Forderungen von IWF und Weltbank gegenueber der
tschechischen Regierung. Um die Staatsverschuldung zu reduzieren, soll Prag u.a. strengere
Kriterien bei der Bewilligung von Sozialleistungen anwenden, das Rentenalter heraufsetzen,
Renten und Sozialhilfe kuerzen und die Angleichung der Zahlungen an Inflation laenger
hinauszoegern.
Unerfuellte Hoffnungen auf Demokratie
Die Regierungen, die keinen anderen Weg anzubieten haben, als dem auslaendischen Kapital
immer noch unterwuerfiger die Ressourcen des Landes anzudienen, wissen, dass solch ein Weg
nicht populaer ist in einem Land, das ueber Jahrhunderte seine Erfahrungen mit fremden Herren
gemacht hat. So muessen sie agieren, ohne sich auf eine tragfaehige Mehrheit stuetzen zu koennen.
Spiegelbild dieses Dilemmas ist die parlamentarische Situation. Die Regierung des frueheren
(neoliberalen) Ministerpraesidenten Klaus stuerzte 1997 ueber Parteispendenskandale. Die Regierung
des jetzigen (sozialdemokratischen) Ministerpraesidenten Zeman hat keine Mehrheit. Eine Koalition
mit der drittstaerksten Kraft, der Kommunistischen Partei Boehmens und Maehrens (KSCM), die seit
den Wahlen von 1998 mit 24 Abgeordneten (11%) im Parlament vertreten ist, wollten die
Sozialdemokraten nicht eingehen. So stuetzt sich die Regierung auf ein
"Oppositionsabkommen" mit der abgewaehlten Klaus-Partei (ODS) und setzt mit ihr
gemeinsam Masznahmen durch wie z.B. das neue Wahlgesetz, das die Rechte der kleineren
Parteien stark einschraenkt und die Moeglichkeiten der groszen vermehrt, sich legal aus der
Staatskasse zu bedienen. Die Hoffnungen von 1989 auf eine offenere Gesellschaft und mehr
Mitsprachemoeglichkeiten fuer die breite Bevoelkerung blieben unerfuellt.
Bei keiner der wichtigen Entscheidungen fuer das Land wurde die Bevoelkerung gefragt, weder bei
der Aufspaltung des Landes in Tschechische und Slowakische Republik noch beim Eintritt in die
Nato im Maerz 1999. Nur zwei Wochen nach der Aufnahme in die Nato sahen sich die Tschechen
in einen Krieg gegen das traditionell befreundete Jugoslawien verwickelt. Die Stimmung im Land
ist entsprechend. Die meisten Tschechen sind ratlos. Viele haben Angst. Angst vor Kriminalitaet,
vor der Zukunft, vor der allgemeinen Unsicherheit. Was soll nur werden? So wie jetzt kann es ja
nicht weitergehen.
Viele suchen einen Ausweg. Manche nach rechts. Zwar ist die rechtsextreme und rassistische
Republikanische Partei bei den letzten Wahlen an der Fuenfprozenthuerde gescheitert, aber es gibt
andere faschistische Organisationen, Skinheads z.B., die versuchen, die allgemeine Ratlosigkeit
auszunutzen.
Zunehmend wird aber auch nach Wegen gesucht, um die Probleme zu loesen. Einfach zurueck
geht es nicht, da sind sich fast alle einig, bis hin zur Kommunistischen Partei. Aber die Zahl
derer waechst, die begreifen, dass der jetzige Weg nicht die richtige Alternative sein kann. Der
Antikommunismus, seit 1989 verordnete Staatsdoktrin, beginnt unwirksam zu werden. Die
Buergerlichen reagieren mit verstaerkter Repression. Die Versuche, linke Ideen zu kriminalisieren
und eine Gesinnungsjustiz offiziell zu etablieren nehmen zu. Erst kuerzlich wurde ein
Gesetzentwurf im Parlament zur Kriminalisierung linker Gesinnung debattiert. Der Entwurf wurde
abgelehnt - mit 1 Stimme Mehrheit. Auf diesem Hintergrund sind auch die Masznahmen im
Vorfeld der Anti-IWF-Proteste zu sehen, die Panik in der Bevoelkerung verbreiten und Angst vor
den Linken schueren sollen.
Renate Hennecke

Die Autorin Renate Hennecke ist Herausgeberin der "Deutsch-Tschechischen
Nachrichten" einer monatlich in deutsch erscheinenden Zeitschrift zur Verbreitung aktueller
Informationen aus und ueber die Tschechische Republik und ueber Fragen der deutsch-
tschechischen Beziehungen. Kontakt: Deutsch-Tschechischen Nachrichten, Schwanthaler Str.
139 Rgb. 80339 Muenchen, Fax: 089-5028112. Kostenlose Probenummer anfordern. E-Mail:
Renate.Hennecke@munich.netsurf.de
 
 

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