Glosse/FPOeVP:
> Der EU-Rueckfall ins Unpolitische
Der Weisenbericht liegt mit all seinen bekannten Facetten vor und
formell obliegt es nun Chirac, wie, wann und mit welchen
Begruendungen weiter ueber Oesterreich zu befinden ist. Seine
Entscheidungsfreude duerfte etwas gedaempft und sein
Entscheidungsrahmen vor allem etwas eingeengt sein - zum einen
fuegen die Weisen unaufgefordert als Conclusio ihrer
Qualitaetskontrolle die Empfehlung der baldigen Aufhebung der
Sanktionen bei, zum anderen preschen sofort nach Bekanntwerden des
vollstaendigen Textes einige Regierungen wie die Daenemarks und
zumindest Parteien von anderen Laendern wie die CDU/CSU mit eben
derselben Vorstellung vor. Der letzte Stand duerfte sein, dasz die
baldig zu erwartende Aufhebung der Sanktionen mit der Auflage
verbunden werden soll, auch in Zukunft ein Auge auf die FPOe zu
haben.
Ein unruehmliches Ende mit allen nur moeglichen Peinlichkeiten
zeichnet sich jedenfalls ab. Dies vor dem Hintergrund, dasz das
Ausrufen der politischen Sanktionen gegen Oesi-Land jedenfalls der
hoffnungsvolle Beginn einer gewissen Politisierung der EU war. In
der Ablehnung der FP und Haiders war man sich auf den
Regierungsebenen zunaechst einmal schnell einig - die Partei wurde
als grauslich empfunden, deren Regierungsbeteiligung als untragbar
fuer so manche Werte der Union. Die Vorwuerfe gehen auch ins
Leere, dasz jedes Land mit der Aechtung Oesterreichs und vor allem
der FP nur eigene politische Interessen verbunden hatte.
Natuerlich hatten Staaten wie Frankreich und Belgien Le Pen und
den Vlaams-Block vor Augen, und selbstredend sollte die
urspruengliche Einstimmigkeit der EU-Vierzehn gegen die
oesterreichische Regierungsbildung auch den eigenen Wahlvoelkern
vor Augen fuehren, was EU-intern geschehen koennte, wuerden sie
anlaeszlich irgendwelcher Wahlen in Richtung rechtsextremer
Parteien tendieren. In der EU keine rechtsextremen Parteien auf
Regierungsebene bei sonstiger Sanktionsandrohung auf politischer
Ebene - wer sollte dies nicht positiv bewerten koennen?
Aeuszerst kleinkariert und unertraeglich provinziell geht's jetzt
in Oesterreich weiter. Die Krone und alle Dumpfpartien koennen
endlich ueber den Sieg eines kleinen, rechtschaffenen Landes ueber
die grosze, ungerechte EU jubeln, Haider sowie die gesamte FP
triumphieren ueber Chirac und vor sich hin, und auch die VP hat
ihr Ziel der Aufhebung endlich erreicht. Von den oeffentlichen
Aussagen ueber den vorliegenden Weisenbericht und die baldig zu
erwartende Sanktionsaufhebung ist einzig der Theateraktionist
Schlingensief positiv aufgefallen, der in seinem Kommentar die
politische Dimension von rechtsextremen Parteien fuer Europa
umrissen hatte. Demgegenueber muszte als politisches Lehrstueck
fuer besonders unpolitisches Verhalten wieder einmal die
Vorgangsweise der SP herhalten, die als Oppositionspartei aus
kurzsichtigem Populismus der FP-VP-Koalition und dem reaktionaeren
Oesterreich in der Sanktionsfrage erfolgreich zugearbeitet hatte.
Inwieweit die Nachfolgerin einer ehemals - zumindest dem Anspruch
her - internationalistischen Partei politisch auf eine etwaige
Regierungsbeteiligung des Front National unter Le Pen oder des
Vlaams-Blocks reagieren wuerde, duerfte hiermit geklaert sein -
naemlich gar nicht. Oder vielleicht doch, denn Schloegl hat
erklaert, jetzt koennte man doch mit der FP unbeschwert reden...
*Fritz Pletzl*
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