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Aussendungszeitpunkt: 30.8.2000; 00:30
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Peru/Menschenrechte/ArbeitDebatte:

> Kinderarbeit ab 12

Kontroverse ueber Gesetz: Ist ein niedrigeres Schutzalter
vielleicht ein besserer Schutz?

In Peru ist das Mindestalter fuer Kinderarbeit auf zwoelf Jahre
herabgesetzt worden. Das Gesetz zielt darauf ab, Anspruch und
Wirklichkeit miteinander in Einklang zu bringen.

Doch die Masznahme scheidet die Geister. Was die einen als
wichtiges Kinderschutzinstrument betrachten, das der Realitaet der
Kinderarbeit Rechnung traegt, lehnen die anderen mit der
Begruendung ab, dass jungen Menschen bis zum 14. Lebensjahr das
uneingeschraenkte Recht auf eine schulische Ausbildung zustehe.

Die Befuerworter argumentieren, die Anfang des Monats beschlossene
neue Gesetzgebung sorge dafuer, dass die etwa zwei Millionen
Kinderarbeiter jetzt immerhin einen gewissen arbeitsrechtlichen
Schutz genieszen.

Zu glauben, dass Kinderarbeit ein Thema sei, dass sich mit Hilfe
rigider Bestimmungen mir nichts, dir nichts abschaffen lasse, sei
ein Irrtum, sagt dazu Ana Lara von der peruanischen Sektion der
internationalen Nichtregierungsorganisation (NGO) 'Convenant
House'.

"Kindern aus armseligen Verhaeltnissen geht es in erster Linie
nicht um die Frage, zu arbeiten oder zu studieren, sondern wie
werde ich satt", fuegt die Aktivistin hinzu.

Zwar wurde die betroffene Altersgruppe bislang nicht ueber ihre
Meinung zu dem neuen Arbeitsrecht befragt, doch Vertreter der
Bewegung der 'Kinder und heranwachsenden Arbeitnehmer' (NATS)
zeigten sich zufrieden.

Dazu meint die 20-jaehrige Nadia Montalban, die seit zehn Jahren
in der NATS organisiert ist, dass es nur einen Weg gebe, um den
Missbrauch zu unterbinden: die Existenz der Kinderarbeit
anzuerkennen.

"Kinderarbeit laesst sich nicht wegreden", unterstreicht
Montalban. "Sie ist eine Begleiterscheinung der Armut. Solange es
Armut gibt, koennen wir nichts weiter tun, als zu versuchen, dass
sich die Arbeitsbedingungen fuer die vielen Minderjaehrigen
bessern."

Die 15-jaehrige NATS-Regionalvertreterin Anali Taype geht in ihrer
Forderung noch weiter. Sie ist grundsaetzlich gegen die
Festsetzung eines Mindestalters und erklaert auch, warum: "In Peru
gibt es viele Kinder, die mit acht Jahren anfangen zu arbeiten.
Sie genieszen jedoch keinen rechtlichen Schutz."

Die internationale Arbeitsorganisation (ILO) empfiehlt den
einzelnen Regierungen hingegen, das Mindestalter auf 14 Jahre
festzulegen. Ihren Untersuchungen zufolge sind weltweit 250
Millionen Kinder zwischen fuenf und 14 Jahren berufstaetig. 60Millionen sind unter elf
Jahre alt und muessen Arbeiten
verrichten, die ihrer koerperlichen und seelischen Entwicklung
schaedlich sind.

Alle diese Kinderarbeiter haben ihre Schulausbildung abgebrochen
beziehungsweise ihre Teilnahme am Unterricht drastisch reduziert,
warnt die ILO. Generaldirektor Juan Somavia hat bereits eine
internationale Kampagne angekuendigt, die ein weltweites
Bewusstsein fuer die Bedeutung schaffen will, Kindern eine solide
Grundausbildung zukommen zu lassen.

Aehnlich ist UNICEF eingestellt. Die Vertreterin des
Weltkinderhilfswerks in Lima, Ann Lis Swensen, bedauert die
juengste Entscheidung des peruanischen Parlaments und hofft
darauf, dass das neue Parlament das Gesetz wieder zuruecknimmt.

"Das Gesetz akzentuiert und implementiert die soziale Ausgrenzung
arbeitender Minderjaehrigen, da sie nicht lernen duerfen", betont
sie. "Berufstaetige Schueler sind auf jeden Fall gegenueber
denjenigen benachteiligt, die nicht arbeiten muessen."

Gabriel Rojas, ein zehnjaehriger Junge, der an einem NGO-Projekt
zur Herstellung von Moebel aus Metall im Lima-Stadtteil San Roque
beteiligt ist, besteht jedoch darauf, zum Lebensunterhalt seiner
Familie beizutragen. Seiner Meinung nach laesst sich eine
unmenschliche Ausbeutung der Kinderarbeiter durch eine strikte
Ueberwachung der Arbeitsbedingungen vorbeugen.

Das neue Gesetz untersagt Arbeiten, die fuer die Kinder ein Risiko
darstellen und ihre Gesundheit gefaehrden. Gleichzeitig
verpflichtet es die Arbeitgeber zu der Zahlung von Loehnen, wie
sie Erwachsenen bei gleicher Arbeit zustehen.

Auszerdem ist es zwoelf- bis 14-jaehrige maximal vier Stunden am
Tag und 24 Stunde die Woche erlaubt, einer bezahlten
Beschaeftigung nachzugehen. Die Arbeitszeit der 15- bis 17-
Jaehrigen ist auf taeglich sechs und woechentlich 36 Stunden
beschraenkt. Auszerdem muessen die Arbeitgeber ihren jungen
Arbeitnehmern fuer die Zeit, die sie lernen muessen, frei zu
stellen. ILO und UNICEF haben zusammen mit der peruanischen
Regierung die Situation von Kindern im Alter von sechs bis 15
Jahren untersucht, die mit ihren Eltern und Verwandten in
verlassenen Minen nach Gold schuerfen. Auszerdem fuehren sie ein
Gemeinschaftsprojekt durch, das Vaetern, die in Ziegelbrennereien
beschaeftigt sind, finanziell und arbeitstechnisch unter die Arme
greifen, die ihre Kinder von koerperlicher Arbeit freistellen und
in die Schule schicken.

In diesem Monat haben zehn ehemalige Kleinkriminelle im Alter von
zwoelf bis 17 Jahren eine Ausbildung als Gaertner an der
Nationalen Agraruniversitaet abgeschlossen, die ihnen die
Stadtverwaltung von Lima und mehrere Nichtregierungsorganisationen
ermoeglicht hat.                 *Abraham Lama, IPS, August 2000*
 
 

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