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Aussendungszeitpunkt: 30.5.2000; 22:30
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Wahlk(r)ampf-Nachlese:
> Bill Gates hat keine anderen Sorgen
Schreiben der Rechtsanwaelte Schoenherr, Barfuss, Torggler & Partner
an die AUGE - Alternative und Gruene GewerkschafterInnen vom
19.4.2000:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir sind die staendigen rechtsfreundlichen Vertreter der Microsoft
Corporation mit Sitz in Redmond, Washington, USA. Namens und im
Auftrag unserer Mandantin haben wir Ihnen folgendes mitzuteilen:
Unsere Mandantin muszte feststellen, dasz Ihre politische Fraktion im
Wahlkampf zu den Arbeiterkammerwahlen 2000 ein Wahlplakat verwendet,
das unter der Ueberschrift "Umverteilen!" ein - noch dazu
verspottendes! - Bildnis von Herrn Bill Gates zeigt.
Bitte beachten Sie, dasz gemaesz Par.78 UrhG Bildnisse von Personen
weder oeffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie
der Oeffentlichkeit zugaenglich gemacht werden, verbreitet werden
duerfen, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt
wuerden. Dazu gehoert insbesondere die Verwendung des Bildnisses einer
Person zu Werbezwecken, ohne dasz - wie im vorliegenden Fall - die
abgebildete Person ihre Einwilligung dazu erteilt hat. Dem derart
Verletzten gewaehrt das UrhG zivilrechtliche Ansprueche auf
Unterlassung (Par.81), Beseitigung (Par.82), Urteilsveroeffentlichung
(Par.85) und - bei Verschulden - Schadenersatz (Par.87).
Darueber hinaus stehen aufgrund der engen Verbindung zwischen Herrn
Bill Gates, der - wie Sie wissen - Praesident unserer Mandantin ist,
mit den Produkten der Microsoft Corporation sowohl unserer Mandantin
als auch Herrn Gates zur Abwehr der genannten Eingriffe Ansprueche
gemaesz Par.1330 ABGB (Kreditschaedigung) zu.
Zur Vermeidung von Weiterungen haben wir Sie dringend aufzufordern,
bis spaetestens (einlangend bei uns) 26.4.2000 schriftlich zu
bestaetigen, dasz Sie es ab sofort unterlassen werden, Bildnisse von
Herrn Bill Gates zu Werbezwecken zu verwenden.
Mit freundlichen Grueszen, A G. Kucsko
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Antwort der Anwaelte Prader & Plaz vom 25.4.2000:
Sehr geehrter Herr Kollege!
Ich habe die rechtsfreundliche Vertretung der Alternativen und Gruenen
GewerkschafterInnen uebernommen und nehme zu Ihrem Schreiben vom
19.4.2000 wie folgt Stellung:
Zutreffend ist, dasz die AUGE im Zuge des Wahlkampfes zur
Arbeiterkammerwahl 2000 ein Wahlplakat verwendet, das ein Bildnis von
Bill Gates zeigt, nachdem er im Februar 1998 in Bruessel von Kritikern
der Unternehmenspraxis der Firma Microsoft Corporation mit einer Torte
attackiert wurde.
Zu den von Ihnen geltend gemachten Anspruechen ist zunaechst
auszufuehren, dasz fuer mich nicht ersichtlich ist, inwieweit durch
die Verwendung dieses Photos Interessen Ihrer Mandantin, naemlich der
Microsoft Corporation, beruehrt werden. Das Recht am eigenen Bild nach
Par.78 UrhG stellt ein hoechstpersoenliches Recht dar, so dasz nur
Herr Bill Gates persoenlich dieses geltend machen kann. In Ihrem
Schreiben teilen Sie jedoch lediglich mit, dasz Sie der staendige
rechtsfreundliche Vertreter der Microsoft Corporation mit Sitz in
Redmond, Washington, USA, sind. Eine Vertretungsvollmacht von Herrn
Gates ist fuer uns daraus nicht ersichtlich.
Zum anderen erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dasz es sich bei Bill
Gates um den nach Medienberichten reichsten Mann der Welt und bei dem
von ihm gefuehrten Unternehmen um das (bis vor kurzem) weltweit
groeszte Unternehmen handelt. Bill Gates stellt daher zweifelsohne
eine Person des oeffentlichen Interesses dar, was bei der Beurteilung
der Frage, ob berechtigte Interessen verletzt werden, entsprechend
beruecksichtigt werden musz. Je bekannter eine Person ist, desto
geringer ist ihr Schutzbeduerfnis vor Veroeffentlichungen.
So muessen es sich Personen des oeffentlichen Lebens gefallen lassen,
in der Werbung aufzuscheinen, ohne sich zur Wehr setzen zu koennen.
Die Verwendung von oeffentlichen Personen ist vor allem dann
zulaessig, wenn beim Publikum kein Zweifel darueber aufkommen kann,
dasz die Einbeziehung unfreiwillig erfolgte (OGH 28.6.1994, 4 Ob
75/94, MR 4/94 162).
Da fuer jeden Betrachter zweifelsfrei ersichtlich ist, dasz die
Verwendung des Photos durch die wahlwerbende Gruppe AUGE ohne
Zustimmung von Herrn Bill Gates erfolgte und es sich weiters um keine
kommerzielle, sondern um eine politische Werbung handelt, kann nicht
davon gesprochen werden, dasz berechtigte Interessen Herrn Bill Gates
verletzt werden. Entgegen der von Ihnen vertretenen Ansicht handelt es
sich beim Wahlplakat um kein verspottendes Bildnis, sondern ein Photo,
das Herrn Gates nach dem "Tortenschlag" 1998 in Bruessel zeigte.
Wuerden die Alternativen und Gruenen GewerkschafterInnen im uebrigen,
wie von Ihnen gefordert, auf jedwede Verwendung von Bildnissen von
Herrn Bill Gates verzichten, wuerde dies dazu fuehren, dasz saemtliche
bereits produzierten Wahlkampfmaterialien dieser wahlwerbenden Gruppe
unverwendet eingestampft werden und die AUGE ohne jeglichen Wahlkampf
bei der am 2. Mai 2000 beginnenden Arbeiterkammerwahl antreten
mueszte. Es ist mir nicht ersichtlich, worin die Interessen des
reichsten Mannes der Welt liegen, die Kandidatur und den Wahlkampf
einer alternativen Gewerkschaftsliste zu verhindern.
Weiters erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dasz auch das
Nachrichtenmagazin "profil" in seiner juengsten Ausgabe das gleiche
Photo zu Werbezwecken verwendet (profil Nr. 17, Seite 19).
Mit freundlichen kollegialen Grueszen
gez. Dr. Thomas Prader
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