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Aussendungszeitpunkt: 16.5.2000; 22:00
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Debatte/Schoene neue Welt/Verkehr/Privatisierungen:

Wir bekamen mehrere Texte zur Veroeffentlichung von Ornette Novotny.
Wir haben versucht, die doch sehr langatmigen Texte inhaltsgetreu
zusammenzufassen. Allerdings weisen wir in diesem Zusammenhang noch
einmal darauf hin, dasz namentlich gekennzeichnete Artikel nicht mit
der Redaktionsmeinung uebereinstimmen muessen:



> Besser als OeBB-Bonzenverwaltung

Die DB will laut "Straszenbahn Magazin" den Schienennahverkehr in der
Flaeche neu organisieren, wobei Regionalbahnen mit vereinfachten
Betriebsformen die Kosten senken und neue Perspektiven aufzeigen
sollen. Mit der Karlsruher Regionalnetzentwicklung "Regent" ist
geplant, dasz die Betriebsformen radikal vereinfacht werden, und dasz
moeglichst selbstaendige Gesellschaften die Netze von jeweils 100 bis
350 km Laenge uebernehmen. Die "Sueddeutsche Zeitung" berichtete ueber
die geplante Aufteilung von zunaechst rund 9000 km auf 37
Regionalbahnen, wobei DB-Toechter, Koperationen zwischen der DB und
lokalen Partnern oder auch voellig von der DB unabhaengige Betreiber -
wie z.B Streckenerwerb durch Eisenbahner - denkbar waeren.

Fuer Oesterreich ist zu bezweifeln, dasz die Draxler-OeBB dem Vorbild
von Karlsruhe folgt, denn als potentielle Betreiber wuerden dann
wahrscheinlich entweder "Privatbahnen" oder staedtische
Verkehrsbetriebe in Frage kommen. Ein sinnvoller Zusammenschlusz
mehrerer Verkehrsunternehmen waere z.B. eine Verlaengerung der Wiener
Linie 60 von Rodaun ueber das Gleis der Kaltenleutgebener Bahn (OeBB)
zumindestens bis zum Bahnhof Liesing und spaeter eventuell weiter zur
U6-Station Perfektastrasze auf den Gleisen der privaten Schleppbahn
Liesing. Aehliches koennte auch fuer die noerdliche Aspangbahn, die
Stammersdorfer Lokalbahn, die Andritzer Schleppbahn, Regionalbahnen in
St. Poelten und viele andere Strecken gelten.

Bezueglich der OeBB-Privatisierungsfrage sollten nur dann fuer jene
Regionalbahnstrecken der OeBB ein mehr oder weniger unabhaengiger
Betreiber gesucht werden, wenn von den OeBB kein Wille mehr besteht,
diese Strecken weiter zu betreiben. Da Wald- und Weinviertel nahe an
der Tschechischen Republik liegen, koennte man zumindestens auf
grenzueberschreitenden Strecken zum Teil das Personal von der CD
uebernehmen, die einen Personalueberhang verzeichnen. Oder z.B. ein
GySEV-Lokfuehrer verdient nur 8.000 bis 10.000 OeS netto, wodurch sich
die niederoesterreichischen Steuerzahler einiges ersparen. Trotzdem
haette ich Bedenken, wenn dieses Modell fuer alle Strecken umgesetzt
werden wuerde.

Die meisten Privatbahnen sind in Wahrheit keine Privatunternehmen,
sondern "nichtbundeskontrollierte Eisenbahnen", die z.B den Laendern
und Gemeinden gehoeren, aber "Privatbahnen" ist nunmal das offizielle
OeBB-Deutsch. Allgemein bekannt ist, dasz auch oesterreichische
Privatbahnen oft besser als die Bonzenverwalzung OeBB arbeiten
koennen. Ein Drittel des Defizites der OeBB-Regionalbahnen sollen
reine Verwaltungskosten der zahlreichen Direktionshochburgen der OeBB
sein. Daher finde ich, dasz auf mindestens 5 verschiedenen OeBB-
Strecken zumindest der Personenverkehr auf die Dauer von vorerst 5-10
Jahren privatisiert werden sollte. Dadurch wuerde sich der
Konkurrenzdruck auf die OeBB erhoehen, womit sie sich umsomehr um die
verbliebenen Strecken bemuehen wuerden. *Ornette Novotny*
*stark gekuerzt von der akin. Details ueber Regionen und*
*Streckenfuehrungsvorschlaege unter: ornette.novotny@reflex.at*



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Mehr Verstaatlichung und Vergesellschaftung

Reaktion auf obigesA Da ich kein Verkehrsexperte bin, beschraenken
sich meine Bahnkenntnisse auf nette Erlebnisse in Form von leider zu
selten stattfindenden gemuetlichen Bahnfahrten, was bei Fernfahrten
einige unangenehme Ueberraschungen beim Fahrkartenkauf brachte - das
Benuetzen der Bahn auf weiten Strecken ist schweineteuer, aber aus
oekologischen Gruenden naheliegenderweise sinnvoller als Autofahren.
Da es unwidersprochen Sinn macht, den Verkehr auf die Schiene zu
bringen, musz auch der oekologische Faktor als produktiver Teil einer
Kosten-Nutzungsrechnung betrachtet werden. Das heiszt: der staatliche
Zuschusz und langfristige Garantierungsbeschlusz fuer die OeBB kommen
der Finanzierung von Masznahmen fuer weniger Straszenverkehrsbelastung
gleich, was auch weniger Infrastrukturmasznahmen fuer den
Individualverkehr und damit weniger Landschaftszerstoerung erfordert.
Die Differenz zwischen den realen Kosten und dem zu entrichtenden
Fahrpreis ist Sache der Gesellschaft - also Bundesfinanzierung, wenn
eine Eindaemmung des Individualverkehrs ernsthaft in Betracht gezogen
wird. Daher waere eine drastische Senkung der Fahrpreise
verkehrspolitisch sinnvoll, da die entstehende Differenz zwischen
politischem Preis und den Realkosten erstens mit oekologischer
Sinnhaftigkeit begruendet werden kann und zweitens geringe Fahrpreise
die Bahn endlich in eine vernuenftige Konkurrenz mit dem
Individualverkehr bringen wuerde.

Damit gibt's fuer mich anhand dieser OeBB-Geschichte zumindest drei
Sichtweisen, mit der gegen den Privatisierungsfanatismus argumentiert
werden koennte.

Erstens: Es liegt in der Natur privatwirtschaftlicher Unternehmen, nur
die Wirkung unmittelbar bilanzierbarer Faktoren zu betrachten. Die
gesellschaftspolitischen Zielsetzungen sind meist doch ziemlich
rudimentaer veranlagt und scheinen volkswirtschaftlich nur als der
bestimmbare Teil eines Produktivitaetszuwachses auf. Dieser drueckt
sich in den Tarifverhandlungen wegen eines Arbeitskraefteueberschusses
nicht zwangslaeufig als Erhoehung der Lohnbasis aus. Die zunehmenden
Monopolisierungstendenzen lassen die Produktivitaetsgewinne auf
globaler Basis mit einem undurchschaubaren Netz unproduktiven
Finanzkapitals verschmelzen. Davon profitieren nach wie vor die
Eigentuemer der Produktionsmittel und die Finanzeliten des tertiaeren
Sektors, aber sicher nicht die Arbeitnehmer und die Gesellschaften.

Zweitens: Die Vergesellschaftung der Produktionsverhaeltnisse war fuer
die Arbeiterbewegung zu Ende des 19. Jahrhunderts ein maszgebliches
und unverzichtbares Mittel, aus den entfremdenden und verknechtenden
Produktionsprozessen auszubrechen. Die zur Zeit massiv vorangetriebene
Entstaatlichung saemtlicher Bereiche kann nur als gesellschaftlicher
Rueckschritt betrachtet werden, als eine massive Enteignung der
Arbeitnehmer und der Gesellschaft.

Und drittens sollten die "Privilegien" des oeffentlichen oder
verstaatlichten Sektors eher das nachahmenswerte und zu erkaempfende
Vorbild fuer den privatwirtschaftlich organisierten Sektor sein und
nicht das Angriffsziel, um Effizienz um jeden Preis und massive
Ausbeutung der Menschen zu erreichen. Ich bin fuer mehr
Verstaatlichung und mehr Vergesellschaftung. *Fritz Pletzl*



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