*************************************************
akin-Pressedienst.
Elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'.
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der
Papierausgabe veroeffentlichten sein.
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten.
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen.
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren
sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.
*************************************************
Aussendungszeitpunkt: 9.5.2000; 17:10
*************************************************
Glosse:
> Dreck aus der Dose
Also bitte, ich weisz ja, man sagt mir staendig, ich sei ein
Kulturpessimist. Irgendwie fuehle ich mich manchmal wirklich
falsch in meiner Zeit, gebe ich ja zu. Aber eigentlich hatte ich
gedacht, die 90er waeren an Absurditaet nicht mehr zu
uebertreffen. Doch es geht immer noch verueckter, wie ich letzte
Woche erleben durfte. Da war auf der Wissenschaftsseite des
"Standard" zu lesen: "Britische Aerzte wollen den explosiven
Anstieg der Asthmaerkrankungen vor allem bei Kindern durch die
Verabreichung von Bakterien einbremsen. Dass bei den
Zwoelfjaehrigen heute jeder Fuenfte daran leidet - vor 20 Jahren
noch jeder Zwanzigste - hat hoechstwahrscheinlich viel mit
Ueberhygiene zu tun, die vor allem Kleinkindern die Begegnung mit
Bakterien erspart, sie etwa nicht in 'schmutziger' Umgebung
spielen laesst, wo sie gar Erde essen koennten. Aber das
Immunsystem braucht genau das: Nur in der sehr fruehen Begegnung
mit Bakterien kann es sich in Abwehrmechanismen einueben. Um den
Originalschmutz zu ersetzen, werden in einem Groszversuch in
Southhampton deshalb demnaechst Bakterien ins Babyfutter gemischt.
Man hofft, binnen zehn Jahren das Asthma voellig
zurueckzudraengen."
Nach der Lektuere dieser Meldung schalte ich den Fernseher ein und
sehe eine Werbung nach der anderen fuer antibakterielle Mittel. In
einer davon sieht man eine Frau mit Kind im Arm, die alles mit
einem Waesserchen besprueht, um ihre Wohnung nicht nur sauber,
sondern hygienisch rein zu machen.
In Zukunft wird auf diesen Werbespot vielleicht einer folgen, in
der das Kind mit "probakteriellen" Mitteln gefuettert wird - mit
Dreck aus der Dose. Oder wie werden das die Werbetexter nennen?
"Probiotisch"? "Naturnah"? "100% antiasthmatisch"? "Mit
patentiertem Schmutzsystem"?
Und wenn man anti- und probakterielle Mittel verkaufen kann, dann
steigert das das Bruttosozialprodukt. Damit wir auch morgen noch
eurofit sind!
Ich bin 32. Helfen Sie mir bitte ueber die Strasze! Ich bin schon
zu alt. Ich verstehe diese Welt nicht mehr. *Bernhard
Redl*
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1010 wien, wipplingerstrasze 23/20
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
fax: ++43 (0222) 535-38-56
http://akin.mediaweb.at
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976/00, Zweck: akin