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Nord-Sued/EU:

> Rassismus durch unser Wintergemuese?

Zwischen dem kahlen braunen Gebirgszug und dem weiten Meer breitet
sich ein riesiger silbrig grau schimmernder Teppich aus - es ist
die weltweit groeszte Konzentration von Intensivkultur. In
Andalusiens Provinz Almerķa sind 350 km2 Land unter Plastik -
dadurch ist eben dieser Landstrich zustaendig fuer 80 Prozent des
gesamten Gemueseexports Spaniens. Mit massiven Foerderungen der EU
wurde die Produktion von Gurken, Paprika, Tomaten, Wassermelonen
aufgebaut. In unseren Supermaerkten werden sie dann mitten im
Winter zum Kauf angeboten. Kaum jemand verschwendet einen Gedanken
an das "Herkunftsland" Spanien. In unseren Supermaerkten ist
inzwischen immer Sommer: Aepfel aus Chile, Trauben aus Suedafrika,
Ananas aus Honduras, Orangensaft aus Brasilien erhaelt man das
ganze Jahr hindurch. Durch die schnellen Transporte (Auto,
Flugzeuge) und Kuehlsysteme sind wir von den Jahreszeiten
unabhaengig geworden. Die zu niedrigen Energiepreise in
Zusammenhang mit der Ausbeutung der Arbeitskraefte im Sueden
lassen dies zu.

"Pro Hektar kannst du eine Ernte von 160 Tonnen Tomaten erzielen",
sagt Antonio, einer der Landbesitzer Andalusiens, "pro Hektar
brauchst du durchschnittlich einen Moro, sonst schaffst du es
nicht." "Moro" ist der abschaetzige Ausdruck fuer die
marokkanischen Immigranten. Diese leben zu Tausenden in der
Provinz und sind mitverantwortlich fuer das Wirtschaftswunder
Andalusien.

Ihre Lebenssituation ist jedoch katastrophal: Fuer umgerechnet 300
ATS am Tag muessen Sie die Strapazen unter den Plastikfolien
aushalten. Auch sonst sind die Bedingungen unmenschlich. Die
Marrokaner wohnen beispielsweise in den Mauern eines alten
Gebaeudes, dessen Dach eingestuerzt und das nur mit einer
Plastikplane ueberdeckt ist, oder in Schuppen neben Pestiziden und
Duengemitteln. Kein Licht, kein flieszendes Wasser und zwei
aneinander gelehnte durch eine Plastikplane geschuetzte Paletten,
in der Mitte ein Loch: Die Latrine. Die Spanier wissen genau ueber
die Situation der Marokkaner bescheid, aber niemand will ihnen
eine Wohnung geben. Fuer sie ist es das Beste, die Arbeiter wohnen
weit weg von der Strasze oder direkt auf den Plantagen und lassen
sich nicht blicken. Unter dem Plastik arbeiten 20.000 bis 25.000
Marokkaner. Meist haben sie keine Papiere, und viele finden nur
fuer ein oder zwei Tage pro Woche Arbeit. Die Arbeitsinspektoren
druecken beide Augen zu. Die Unternehmer versprechen den
Arbeitern, dass sie ihnen Papiere beschaffen werden; jedoch zieht
sich diese Prozedur oft ueber zwei bis drei Jahre. Hat ein
Marokkaner einmal Papiere, wird es fuer ihn um so schwerer eine
Arbeit zu erhalten, da die Arbeitgeber keine Lust haben
Sozialversicherung fuer ihn bezahlen zu muessen.

*Aufruhr im Folien-Land*

Die Ermordung einer Spanierin und die Verhaftung eines jungen,
geistig verwirrten, Marokkaners in El Ejido waren der
entscheidende Funke in diesem Pulverfass. Drei Tage lang, von 5.
bis 7. Februar, loderte die rassistische Gewalt in der Stadt.
Ueber 72 Stunden hinweg haben Horden mit Eisenstangen bewaffneter
Bauern, denen sich Jugendliche aus den Schulen anschlossen, ihre
Opfer geschlagen, durch die Straszen gejagt und bis in die
Gewaechshaeuser gehetzt. Wohnungen wurden in Brand gesetzt,
Geschaefte gepluendert und sogar die Moschee und heilige Schriften
entweiht.

Es heiszt "mit den Marokkanern gibt es zu viele Probleme" und
"Wenn wir die Marokkaner loswerden, werden wir das Problem los."
Jedoch handelt es sich um ein soziales und menschliches Problem;
Wohnungen, Rechte, Papiere usw. Und die Bewohner von El Ejido
glauben, eine gute Tat vollbracht und endlich aufgeraeumt zu
haben. *Klimabuendnis Kaernten / gek.*


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