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Aussendezeitpunkt: Mi, 22.03.00, 01:43                                   *
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Umwelt/Kapitalismus/Menschenrechte:

> Wieviel Mode ertraegt die Welt!?

Mode ist schick. Ob in Modezeitschriften oder Fernsehmagazinen,
ueberall wird die neueste Mode beworben. Die Modezyklen werden von
Jahr zu Jahr kuerzer, was heute "in" ist, ist morgen schon "out" -
ein typisches Symptom unserer Wegwerfgesellschaft.

*

Ein Oesterreicher verbraucht im Jahr durchschnittlich 15 kg
Textilien fuer die er etwa 10.000 Schilling ausgibt. Etwa die
Haelfte davon besteht aus Baumwolle. Zur Ernte von einem Kilo
Baumwolle braucht man im Schnitt 18m2 fruchtbaren Boden. Daraus
folgt: Ein gutgekleideter Oesterreicher traegt fuer seinen
jaehrlichen Baumwollbedarf von sieben Kilo die Verantwortung fuer
etwa 130 m2 eines Baumwollfeldes!

Alle OesterreicherInnen benoetigen von den weltweit insgesamt
330.000 km2 Baumwollfelder also 10.000 km2. 60 Dritte Welt -
Staaten leben vom Export des Rohstoffes Baumwolle.
Baumwolltextilien im Warenwert von 500 Milliarden Schilling
liefern die armen Laender in die reichen Industriestaaten. In die
umgekehrte Richtung gehen Textilien aus Kleidersammlungen.
Spendierfreudigkeit zur Gewissensberuhigung?

Baumwolle bedeutet fuer 180 Millionen Menschen Arbeit und Brot. 13
Millionen von ihnen arbeiten direkt im Baumwollanbau. Die
Bedingungen der Baumwollproduktion, die die besten
landwirtschaftlichen Nutzflaechen beanspruchen, sind kaum bekannt
und sollen kurz skizziert werden:

Die Baumwollkulturen verbrauchen 20% der gesamten Weltpestizid-
Produktion, obwohl sie nur 2,4% der Ackerflaeche ausmachen.
Gegenwaertig werden Baumwollfelder 20mal pro Jahr mit Giften
besprueht.

Pro Jahr sterben 28.000 Menschen an den direkten Folgen der
eingesetzten Giftmittel, und es gibt 1,5 Millionen
Vergiftungsfaelle.

Durch den uebermaeszigen Einsatz von Chemie nimmt die
Bodenfruchtbarkeit ab, und die Schaedlinge werden immer
resistenter. Die einheimische Bevoelkerung wird dadurch an den
Rand ihrer Existenz gebracht. Beispielhaft sind die dramatischen
Auswirkungen des Baumwollanbaus im Sudan und am Aralsee.

*Das Gezira-Projekt im Sudan*

Mit ca. 8000 km2 ist die groeszte Baumwollplantage der Welt so
grosz wie Kaernten. Die BewohnerInnen wurden von der fruchtbaren
Ebene zwischen Blauem und Weiszem Nil vertrieben. Nach 40 Jahren
Monokultur und Chemieeinsatz ist der Boden ausgelaugt und das
Wasser zum Teil vergiftet. Die Anbaukosten sind explodiert. Von
den international gewaehrten Krediten muszte mehrmals fast die
Haelfte fuer den Import von Pestiziden ausgegeben werden. Die
Ertraege dagegen haben sich in diesen vierzig Jahren nur um ganze
vier Prozent erhoeht. Die Devisengewinne durch den Baumwollverkauf
werden durch den Ankauf von Pestiziden, Maschinen, Duengemittel
etc. wieder zunichte gemacht. Umweltzerstoerung und soziales Leid
sind die Folge, da den BewohnerInnen nichts anderes uebrig blieb
als sich in den oekologisch sensiblen Randzonen anzusiedeln.

*Der Aralsee stirbt*

Eines der groeszten oekologische Desaster der Gegenwart ist die
Austrocknung des Aralsees in Usbekistan. Der Aralsee wird von den
Fluessen Amudaria und Syrdaria gespeist. Der 1960 noch 68.000 km2
grosze See hat heute nur 39.000 km2, da 90% des Wassers fuer die
7.500 km2 groszen Baumwollplantagen verbraucht wird. Inzwischen
ist der Seespiegelum 17 Meter gesunken und Salzgehalt stieg von 5
Gramm auf 30 Gramm pro Liter an. Das Klima hat sich veraendert,
die Frostperioden haben sich deutlich verlaengert.

Die ohnehin durch die Baumwollkulturen ausgelaugten und mit
Pestiziden ueberfrachteten Boeden werden seit 1975 von schlimmen
Salzstuermen, die von den ausgetrockneten Flaechen versorgt
werden, heimgesucht. Die sibirische Kaelte wird nicht mehr durch
waermespeichernde Wasserflaechen aufgehalten. Die ehemalige
Hafenstadt Muyarsk liegt bereits 70 km vom Ufer entfernt. Die EU
importiert etwa die Haelfte der Baumwolle aus Zentralasien - kein
Problem solange man bei uns im Trend bleibt, oder?

*Warum ist die "Kaernten Jean" teurer als eine "Levis"?*

Als Oesterreicher ist man nicht nur an der Zerstoerung der Natur
beteiligt, sondern auch an den sich weltweit verschaerfenden
sozialen Problemen. Oesterreich importiert 75% aller fertigen
Kleidungsstuecke aus dem Ausland - Tendenz steigend. Ein T-Shirt
kostet den oesterreichischen Haendler zwischen 10 und 40 Schilling
- der Konsument zahlt dafuer meist ueber 100 Schilling. Das grosze
Geschaeft beginnt erst im reichen Norden, den ArbeiterInnen in der
Dritten Welt wird nur ein Hungerlohn bezahlt. Kostet eine Jean 700
Schilling, so bekommt eine ArbeiterIn gerade mal sieben Schilling.
75% des Jeanpreises bleibt als Gewinn in den reichen Laendern wie
Oesterreich. Die "Kaernten Jean" aus Oeko-Flachs und zur Gaenze in
Kaernten hergestellt kostet aufgrund der Lohnkosten 1790.-. Wuerde
man den Markennamen "Kaernten Jean" aehnlich bewerben wie eine
Levis-Jean so mueszte der Konsument 3000.- auf den Ladentisch
legen.

Aufgrund stark zunehmender Allergien gibt es neuerdings einen
Trend zu Oeko-Textilien, hergestellt aus organisch-biologisch
angebauter Baumwolle. Fast schon typisch: Nicht das Leid der
ArbeiterInnen im Sueden liesz das oeko-soziale Gewissen der
reichen Industriestaaten erwachen, sondern die sensible Haut der
KonsumentInnen ist der Grund fuer die Oeko-Kollektionen. Aufgrund
unzaehliger Chemikalien, die den Weg der Textilproduktion
begleiten, gibt es immer oefter zu Allergien und auch
Millionenklagen der Geschaedigten. Kein Wunder, denn Chemie ist
ueberall. So bezieht sich die Angabe 100% Baumwolle
selbstverstaendlich nur auf den Textilrohstoff. Beim Kauf eines
Kleidungsstueckes aus 100% Baumwolle duerfen nach dem Gesetz bis
zu 30% Chemikalien beigegeben werden!

Ein groszes Problem fuer die Hersteller von Oekotextilien ist zu
geringe Produktion von organisch-biologisch angebauter Baumwolle.
Von den 20 Millionen Tonnen Welternte werden gegenwaertig nur 2000
Tonnen nach oekologischen Kriterien angebaut. Die Menschen nur mit
Oeko-Baumwolle auszustatten, wird sobald auch nicht moeglich sein,
denn organisch-biologisch angebaute Baumwolle kann nur mit der
Hand geerntet werden. Fuer die maschinelle Ernte braucht man
Entlaubungsmittel, aehnlich dem im Vietnamkrieg eingesetzten agent
orange.

Durch die mechanisierte und duengemittelintensive Anbauweise, die
chemieintensive Herstellung und die Globalisierung der
Arbeitsschritte in der Textilproduktion hat unser uebermaesziger
Konsum auch Einflusz auf die Erderwaermung. Allein schon waehrend
der Produktion legt ein Kleidungsstueck tausende Kilometer
zurueck: Baumwolle von Kasachstan landet in der Tuerkei, um zu
Garn versponnen zu werden. In Taiwan wird das Garn weiter zu Stoff
verwebt. Dann kommt der Stoff nach Frankreich, wo er unter
Verwendung von Farbstoffen aus Polen bedruckt wird. Nun wird der
Stoff fuer die italienische Firma in Bulgarien mit einem
Futterstoff aus der Schweiz genaeht. Irgendwo in Oesterreich gibt
es dann das Kleidungsstueck zu kaufen. Nach ersten Berechnungen
sind 20.000 km die Regel.

*Wo sind die Alternativen?*

Die europaweite Intiative "Clean Clothes Campaign" legt ihre
Aufmerksamkeit auf die sozialen und oekologischen Probleme der
Bekleidungsindustrie. Durch weltweites Lobbying wird Druck auf die
"global player" wie H&M, C&A, Reeboek, Nike, etc. gemacht. Diese
Konzerne machen ihren Profit durch das gute "Image" ihrer
Produkte. Die "Clean Clothes Campaign" sorgt dafuer, dasz auch das
"Image" der ArbeiterInnen ins Blickfeld rueckt. Bis die "Global
Player" die Fordungen der "Clean Clothes Campaign" erfuellen, wird
allerdings noch einige Zeit vergehen.

Transfair Oesterreich hat eine Untersuchung erstellen lassen, um
das Kaufverhalten im Sektor des Alternativhandels zu eruieren. Im
Bereich Textilien erklaerten 12% der befragten KonsumentInnen, sie
wuerden umwelt- und sozialvertraeglich erzeugte Artikel "sicher
kaufen", wenn diese am Markt waeren.

Wer nicht warten will, kann sich an einem neuen Guetesiegel
orientieren. "Better" und "Best" heiszen die zwei neuen
Markenzeichen fuer Naturtextilien, die der Internationale Verband
der Naturtextilwirtschaft seit Anfang des Jahres vergibt.

Die rund 90 Mitglieder des Verbandes legen kuenftig strenge
Kriterien sowohl an den gesamten Herstellungsprozess von Textilien
als auch an die Einhaltung internationaler sozialer Standards bei
der Herstellung - etwa eine faire Entlohnung, der Ausschluss von
Kinderarbeit und menschenwuerdige Arbeitsbedingungen - an.

Textilien, die das blaue "Best"-Siegel tragen, duerfen nur aus
Fasern aus kontrolliert biologischem Anbau oder aus kontrolliert
biologischer Tierhaltung enthalten. Da diese Materialien noch
nicht in ausreichender Menge verfuegbar sind, koennen Produkte,
die das orange "Better"-Siegel tragen, auch aus Garnen der
konventionellen Landwirtschaft bestehen. Beide Siegel werden
produktbezogen vergeben, so dass auch Hersteller konventioneller
Textilien einzelne Stuecke ihrer Konfektion auszeichnen lassen
koennen.

Die oesterreichischen Weltlaeden bieten T-Shirts "Made in Dignity"
an. Im Zuge ihrer gleichnamigen Kampagne haben die Weltlaeden den
Vertrieb von T-Shirts aufgenommen, die von der Firma Dezign Inc.
in Simbabwe hergestellt werden.

Das Unternehmen beschaeftigt 150 ArbeiterInnen und haelt
Mindeststandards wie gewerkschaftliche Organisationsfreiheit,
Mindestlohn und gesetzliche Arbeitsvorschriften ein. Auszerdem ist
die Produktion nach oekologischen Umweltstandards ausgerichtet.
Zusaetzlich gibt es hoehere Loehne, freies Essen, hoeheres
Mutterschutzgeld, Zuschuesse zur Sozialversicherung, Kreditfonds
fuer die Beschaeftigten. Die T-Shirts werden von mittlerweile 30
KuenstlerInnen aus dem suedlichen Afrika mit kunstvollen Motiven
handbedruckt.

*Was kann der Konsument tun?*

1.) Kauft wenn moeglich nur Textilien aus organisch-biologisch
angebauter Baumwolle

2.) Fragt nach den sozialen Kriterien bei der Produktion

3.) Lauft nicht jeden Modetrend hinterher, "weniger ist mehr" und
haelt auch laenger

4.) Fragt im Fachgeschaeft nach, warum sie Oekotextilien nicht
fuehren?

5.) Informiert Euch bei der "Clean Clothes Campaign"

                         *Klimabuendnis Koordinationsstelle Kaernten*


Kontakt: Mag. Christian Salmhofer, Mag. AndreasStrasser,
Rathausgasse 2 / A-9500 VILLACH, ( : 04242 / 24617-2, Fax: 04242 /
24617-4, e-mail: kaernten@klimabuendnis.at


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"Let's run fair"

Fuer bessere Arbeitsbedingungen in der Sportbekleidungsindustrie.

Es sind meist junge Frauen, die unter extrem belastenden
Bedingungen in kleinen Hinterhof-"Sweatshops", in Heimarbeit oder
in groszen Fabrikshallen unsere schicke Sportbekleidung
herstellen. Besonders in den sogenannten "Weltmarktfabriken" der
Freihandelszonen Suedostasiens und Zentralamerikas wird die
Arbeitskraft der Frauen gezielt ausgebeutet. Die Clean-Clothes-
Kampagne verlangt, dass die transnationalen Handelskonzerne, wie
nike, puma, reebok u.a., die von den niedrigen Loehnen am meisten
profitieren, ihre Verantwortung wahrnehmen. Die Markenfirmen und
Sporthaendler sollen die Einhaltung sozialer Mindeststandards laut
ILO-Konventionen gewaehrleisten und von unabhaengigen Instanzen
ueberpruefen lassen.

In den naechsten Monaten wird die europaeische Clean-Clothes-
Kampagne die Europaeischen Fuszballmeisterschaften zum Anlass
nehmen, um das Thema Menschen- und Sozialrechte bei der
Herstellung von "Sportswear" oeffentlich publik zu machen. In
Oesterreich sind fuer den Wien-Marathon am 21. Mai 2000 eine Reihe
von Aktionen geplant. Einige prominente SportlerInnen und viele
"nicht-prominente" LaeuferInnen werden als WerbetraegerInnen fuer
die Clean-Clothes-Kampagne an den Start gehen. Gesucht sind
sportinteressierte Menschen, die sich mit Ideen, know how oder
laeuferischem Engagement an den Aktionen beteiligen. Kontaktfrauen
sind Waltraud Zirngast und Sonja Edler, Verein Frauensolidaritaet
Tel.: 317-40-20-352.         *Aussendungstext: Clean-Clothes-Kampagne*

Info-Treffen: 12.April, 19 Uhr, Frauensolidaritaet, Berggasse 7, 1090 Wien


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'akin - aktuelle informationen'
a-1010 wien, wipplingerstrasze 23/20
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
fax: ++43 (0222) 535-38-56
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