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FPOeVP:

> Was nun?

Gedanken zur Bewegung


Die Diskussionen in unserer sogenannten Zivilgesellschaft zu
schwarzblaun muenden zur Zeit haeufig in einer Sackgasse, wenn es um
Strategien und zukuenftiges Handeln bei der Bekaempfung dieser
Unregierung geht.

Mensch ist sich in der Analyse weitgehend einig, dasz es sich bei
dieser Gierung um einen Mix aus Faschismus und Neo-Liberalismus
handelt. Allein schon die inhaltliche Beantwortung der Frage nach dem
"was nun?" sehen viele nur im Weg der "moralischen" Auseinandersetzung
mit Rassismus und blauner Vergangenheit, im Gegensatz dazu andere mehr
in der "realpolitisch" erhofft effektiveren Bekaempfung der sozio-
oekonomischen Auswirkungen. Weiters sorgen manche sich schon jetzt
darum, was denn mit den ploetzlich politisierten Massen nach dem
Abtritt dieser Ungierung zu geschehen habe. Und erst recht bei den
Formen des Protests gibt es zunehmend Lagerkoller: "Moralaposteln"
wuerden auf den Straszen wandeln, waehrend "Beamte" wieder einmal den
Marsch durch die Institutionen organisieren.

Beginnen Herz und Hirn schon nach wenigen Wochen getrennt zu
marschieren und getrennt zu schlagen?

Versinnbildliche ich mir die Erscheinungsform dieser Regaerung als
zwei Seiten desselben Klopapiers nach dessen Benutzung, also die
braune als die faschistisch-unmoralische, die weisze als die
neoliberal-unsoziale, dann ergibt sich in weiterer Folge nur eine
handfeste Konsequenz: Hinunterspuelen. Und zwar mit einer Hand. Da
eine Hand allerdings fuenf autonome Finger hat, bedarf es dazu
wiederum keiner Einheitsbewegung.

Greife ich auf meine Alt-68er Erfahrungen zurueck, dann dominierte
damals das ideologisch druebergebaute Hochbett der marxistisch-
anarchistischen Linken. Dies ist durchaus liebevoll gemeint. Die
Bewegung war sehr vital und sie gehoerte zum tollsten Abschnitt in
meinem Leben. Aber wir waren gesellschaftlich isoliert und es waere
undenkbar gewesen, dasz so wie heute innerhalb kuerzester Zeit viele
tausende Menschen, und das kontinuierlich ueber einen laengeren
Zeitraum hinweg, auf die Strasze gehen, sich politisch artikulieren
und engagieren. Und von den Fenstern der Haeuser herunter hat uns auch
niemand zugewunken, auszer mit drohenden Faeusten.

Wuerde von daher also heute eine bestimmte Gruppe ein anderes als
dieses sehr einheitlich geforderte Schwarzblaun-runter-vom-Bett zu
bauen versuchen, dann waere diese gerade erst im Entstehen begriffene
Bewegung meiner Meinung nach sehr schnell gespalten. Gespalten durch
ideologisch motivierte Einigungsversuche, sehr zur Freude der
reaktionaeren Reichshaelfte. Wir sollten niemandem den Gefallen tun,
den zur Zeit gesamtgesellschaftlich sichtbaren Spaltpilz auch bei uns
wuchern zu lassen.

Ich sehe den Straszenkampf oder sonstige politische Aktionen in der
Oeffentlichkeit als eine Art seismographische Seele des Protests an,
den Tarifkampf an der Basis mehr als dessen einregulierende Logik.
Neo-Liberalismus-Kritik alleine laeszt aber keine Herzen hoeher
schlagen und der Faschismus-Aufschrei fuer sich aktiviert im Hirn nur
den Verdraengungsmechanismus. Es wird daher meiner Ansicht nach von
der gemeinsamen Vielfalt und der potenten Klugheit der Bewegung
abhaengen, ob die Herzen und Hirne der Menschen erreicht werden
koennen. Amen.
*Robert Fiedel*




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