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Aussendungszeitpunkt: 14.3.2000; 17:30
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Moderne Zeiten/Der Polizei ist fad...:

> Grenzenlos lauschen, rastern und ermitteln

EU will umstrittenes Rechtshilfeabkommen beschlieszen

Datenschuetzer in ganz Europa fuerchten den 27. Maerz, europaeische
Sicherheitsdienststellen hingegen fiebern dem letzten Montag des
Monats freudig entgegen: Der EU-Rat fuer Justiz und Inneres soll an
diesem Tag in Lissabon das Europaeische Rechtshilfeabkommen
verabschieden. Der Entwurf zielt auf eine engere Zusammenarbeit der
EU-Strafverfolgungsbehoerden ab, die grenzenlose Ueberwachung der
Telekommunikation spielt dabei ein grosze Rolle.

Belgische Kriminalisten, die in Oesterreich ermitteln oder heimische
Beamte, die in Frankreich auf Verbrecherjagd gehen, koennten bald
Realitaet sein. Denn im Artikel 14 des Abkommens wird unter anderem
eine Rechtsgrundlage fuer eine gemeinsame Ermittlungsgruppe
verschiedener Mitgliedsstaaten geschaffen. Die internationale Gruppe
kann sich auch aus Mitgliedern der europaeischen Polizeibehoerde
Europol rekrutieren. Das Spannendste fuer alle Fahnder: Sie duerften
im gesamten EU-Hoheitsgebiet dann auch verdeckt ermitteln.

Noch heftig umstritten und deshalb auch noch nicht in einer Endfassung
vorliegend, sind Regelungen zum Abhoeren von verdaechtigen Personen.
Der erste Entwurf, laut dem fuer das Lauschen in einem anderen EU-
Staat nicht einmal dessen Erlaubnis einzuholen gewesen waere, wurde
Mitte Februar von einem Ausschuss des Europaeischen Parlaments wegen
Unkontrollierbarkeit abgelehnt.

*Briten straeuben sich*

Auch Groszbritannien hatte sich dagegen ausgesprochen; freilich aus
einem anderen Grund. Die Briten befuerchteten, dass sie Geheimdienst-
Informationen preisgeben haetten muessen. Laut Christiane Schulze-
Haddouti, einer renommierten Fachjournalistin aus Deutschland, wurde
Groszbritannien folgender Kompromiss angeboten: Die Geheimdienste
muessten nur dann mitspielen, wenn sie die Polizei unterstuetzende
Abhoeraktionen durchfuehrten. Die endgueltige Entscheidung liegt nun
bei den Justiz- und Innenministern der Union.

Wie berichtet, sind die Abhoer-Plaene auch in Oesterreich heftig
umstritten. Vor allem das Papier der EU-Arbeitsgruppe "Enforcement
Police", kurz Enfopol, sorgt immer wieder fuer heftige Kritik. Zuletzt
warnten der Verfassungsrechtler Heinz Mayer und der Rechtsanwalt
Michael Pilz vor den erweiterten Befugnissen fuer die Polizei. Diese
haette dann praeventiv - also ohne dass Gefahr im Verzug ist oder es
um eine Aufklaerung einer Straftat geht - die volle
Zugriffsmoeglichkeit auf alle Informationen im europaeischen
Telekommunikationsverkehr, was auch Satellitenuebertragung und
Internet einschlieszt. Die Kosten dafuer muessten die Betreiber, egal
ob privat oder staatlich, uebernehmen. Und das ist schon vorsorglich
im heimischen Sicherheitspolizeigesetz festgeschrieben.
                          *Michael Simoner, Der Standard, 13. Maerz 2000*