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FPOeVP/Medien:

> Sachverhaltsdarstellung

Betreff: Interview fuer Kunststuecke, am 17.2.2000, 10-11Uhr 30
vormittags, ORF, Kueniglberg

Ich wurde gebeten, ein Interview zu meinen extensiven Forschungen aus
den letzten 15 Jahren ueber rassistischen und antisemitischen
Sprachgebrauch in verschiedenen Oeffentlichkeiten in Oesterreich und
auch in insgesamt 6 EU-Staaten fuer eine Sendung Kunststuecke
(gesendet am 17.2.2000) zu geben. Aus diesem Grund traf ich mich mit
dem zustaendigen Redakteur am Montag, 14. 2. 2000, zu einer
Vorbesprechung, wo ich diesem meine und unsere Arbeiten (Buecher wie
auch Artikel und Manuskripte) zur Verfuegung stellte. Der Redakteur
erklaerte mir, dasz zunaechst ein Film gezeigt werden wuerde, Blue
Eyes, ueber ein psychologisches Experiment in den USA (in dem
Blauaeugige ausgegrenzt werden); danach wuerde ich dazu befragt, als
Linguistin und Expertin. Ich sagte gerne zu, da ich dieses Thema fuer
sehr wichtig halte.

Ich regte an, aus dem ORF-Archiv Materialien zu recherchieren, um
bestimmte Diskurssequenzen aus der ZIB2 und aus Parlamentsdebatten zu
zeigen, die ich dann analysieren koennte. Die von mir dazu
ausgewaehlten Texte entstammen analysierten Texten in mehreren
Publikationen. Im besonderen dreht es sich um ein ZIB2 Interview mit
Joerg Haider vom 29. Oktober 1997, zu dem damaligen neuen
Parteiprogramm der FPOe, wie auch um diverse Parlamentsdebatten zum
Thema Immigration, die wir in unserem neuen Buch Racism at the Top
(eds Ruth Wodak und Teun van Dijk, Drava Verlag, Klagenfurt 2000)
vergleichend mit den anderen 5 EU-Staaten quantitativ und qualitativ
untersucht haben (England, Frankreich, Holland, Spanien und Italien).

Am Mittwoch rief mich der Redakteur an, dasz es ihm untersagt worden
war, vom Chef der Sendung wie auch von oben, diese Recherchen
durchzufuehren. Darauf beschlosz ich, relevante Texte fuer meine
theoretischen und empirischen Befunde im Interview vorzulesen.

Am Donnerstag, 17. 2. 2000, besprachen wir vor der Aufnahme des
Interviews noch einmal den Ablauf der Fragen und des Gespraechs. Der
Film sollte in zwei Teilen gesendet werden, zunaechst der Anfang, dann
das Interview eingeschaltet, danach folgte der zweite Teil des Films.
Die Unterbrechung erfolgte an einem Punkt, wo der Psychologin im Film
von Eltern vorgeworfen wurde, sie sei ein Negerliebchen. Ich sollte
dann diesen Begriff analysieren. Ich sagte, dasz ich daran
anschlieszend gleich zwei Zitate, eines von Joerg Haider und eines von
Helene Partik-Pable, vorlesen wuerde, die beide Schwarze degradieren.
Haider verwendet Buschneger ("Jeder Buschneger hat in Zukunft die
Moeglichkeit, seine Kollegen in Oesterreich zu behandeln" -- Haider
ueber das neue Aerztegesetz, Der Standard, 13.10.1998), Partik-Pable
meinte in einer Parlamentsdebatte, dasz Schwarzafrikaner "schauen
nicht nur anders aus, (...) sondern sie sind auch anders, und zwar
sind sie besonders aggressiv" (Partik-Pable, Tiroler Tageszeitung,
20.5. 1999). An dieser Stelle kam der Chef der Sendung hinzu und
erklaerte mir, dasz ich die Namen der zitierten Politiker nicht nennen
duerfte. Als ich fragte, warum dies nicht moeglich sei, sagte er, dasz
er ansonsten 10 Entgegnungen wuerde schreiben muessen wie auch dasz
diese Namen herausgeschnitten wuerden bzw. das Interview ueberhaupt
nicht gezeigt werden duerfte. Auf meine Frage, seit wann Wissenschaft
eingeschraenkt werde im ORF, meinte er, es seien explosive Zeiten und
er fuerchte um seine Sendung. Er schlug vor, ich sollte
oesterreichische PolitikerInnen sagen. Dies lehnte ich ab, da diese
Art Aussprueche typisch seien fuer eine einzige Partei, und nicht fuer
alle. Ich bestand darauf zu erwaehnen, dasz die Qualitaet solcher
Aussagen sich von anderen Aeuszerungen ("Das Boot ist voll" -- Josef
Cap) systematisch unterscheide, wie auch linguistisch leicht
nachweisbar ist.

Wir einigten uns dann, alle schon sehr nervoes, auf den Namen der
Partei; allerdings wurde ich gebeten, auch Aussprueche von anderen
Parteien zu zitieren. Dies hatte ich ja ohnehin vor, da ich
wissenschaftliche Ergebnisse praesentieren wollte. Ich ueberlegte
kurz, das Interview abzusagen, meinte dann aber, dasz das Thema sehr
wichtig sei, und blieb daher, um wenigstens einige
Forschungsergebnisse praesentieren zu koennen.

Allerdings ist mir in den vielen Jahren meiner Taetigkeit eine solche
Zensur im ORF noch niemals widerfahren. Es ist naemlich fuer
wissenschaftliches Arbeiten unabdingbar, die Quellen von Texten
anzugeben (Aussagen nachpruefbar zu machen).
*Ruth Wodak*
*Institut fuer Sprachwissenschaft der Universitaet Wien und Leiterin*
*des Forschungsschwerpunkts Diskurs, Politik, Identitaet bei der*
*Oesterreichischen Akademie der Wissenschaften*


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