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Mexiko:

> Zukunftsszenarien der mexikanischen Demokratie

Am Abend des 18. Jaenner fand im Republikanischen Club in Wien
eine gut besuchte Informationsveranstaltung statt. Der volle Raum
und das grosze Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, unter
denen sich auch viele in Wien lebenden Mexikaner befanden,
bezeugen die brennende Aktualitaet des Themas: ®Wege der
mexikanischen Demokratie in der Gegenwart¯.

Gast des Abends und Referent war der mexikanische Ethnologe und
Parlamentsabgeordneter Gilberto L'opez y Rivas. Eine durchaus
geeignete Persoenlichkeit, um ueber die aktuelle Lage in Mexiko
Auskunft zu geben. L'opez y Rivas ist Abgeordneter der Linkspartei
PRD und Mitglied der Parlamentarischen Kommission COCOPA, die als
Vermittlungsinstanz im Chiapaskonflikt fungiert.

Der Abend wurde vom bekannten Journalisten Leo Gabriel geleitet.
Im Folgenden einige der wichtigsten Gedanken des Abends.

Bereits seit mehr als sechzig Jahren wird Mexiko ausschlieszlich
von einer einzigen Partei regiert, der PRI (Partido Revolucionario
Institucional) Diese Partei konnte sich nur durch die Ausuebung
von dubiosen Methoden so lange an der Macht halten. Als
Repraesentant einer neoliberalen Politik, mit der grosze Teile der
Bevoelkerung nicht einverstanden sind, hat seit den siebziger
Jahren immer mehr in Frage gestellt. Akteure dieses Prozesses
waren unterschiedliche zivilgesellschaftliche Bewegungen.
Heutzutage ist die PRI auf parlamentarischer Ebene dazu gezwungen,
vieles mit den Oppositionsparteien auszuhandeln da sie ihre
Vormachtstellung im Parlament verloren hat.

Dies wird sowohl im Inland, wie im Ausland als ein Sieg der
Demokratie angesehen. Es handelt sich jedoch hier um eine
demokratische Errungenschaft, die relativ bleibt. Bedeutend ist
der Sieg in dem Sinn, dasz sich die Demokratie langsam auf
politischer Ebene durchsetzt und einen politischen Pluralismus
erlaubt. Relativ bleibt die Errungenschaft jedoch, weil trotz
dieses politischen Fortschritts immer noch viele Bereiche der
mexikanischen Gesellschaft benachteiligt bleiben und keinen
Vorteil aus dieser Demokratisierung ziehen koennen. Die Zahl von
40 Millionen Mexikanern in Armut bleibt nach wie vor bestehen,
genau so wie die zahlreichen Konflikte, die diese Situation
hervorrufen.

In dieser unruhigen Atmosphaere finden nun im kommenden Juli in
Mexiko Parlaments- und Praesidentenwahlen statt. Erstmals werden
sich dabei die Kandidaten von drei verschiedenen Parteien mit
Siegeschancen der Wahl stellen. Es gibt genuegend Gruende, an
einer weiteren Machtausuebung der traditionellen Regierungspartei
zu zweifeln. Die PRI hat deutlich an Macht verloren und die
Oppositionsparteien gewonnen, auszerdem sind die Konflikte in
Lande sowie die Unzufriedenheit der Buergerinnen und Buerger
gewachsen. Die Suche nach neuen Wegen und nach einer
fortschreitenden Demokratisierung haben in Mexiko laengst
eingesetzt und bisher, zumindest auf parlamentarischer Ebene,
bereits einiges erreicht. Die mexikanische Bevoelkerung wird sich
zunehmend bewuszt, dasz es moeglich ist, auch eine andere Partei
an die Macht zu setzen.

Die aussichtsreichste der drei groszen Parteien ist die PRI mit
ihrem Praesidentschaftkandidaten Francisco Labastida Ochoa, dem
gegenwaertigen Innenminister. Diese traditionelle Partei vertritt
neoliberale Richtlinien und ist trotz ihres schwindenden
Einflusses die Partei, welche ueber die meisten Ressourcen im
finanziellen und institutionellen Bereich verfuegt. Ein
bezeichnendes Merkmal der Innenpolitik der PRI sind ihre Methoden,
sich an der Macht zu halten. Die Palette der Moeglichkeiten ist
sehr breit und reicht von Wahlbetrug bis zur Ausuebung offener
Gewalt.

Eine zweite Partei, die um die Macht ringt, ist die PAN (Partido
Accion Nacional). Ihr Kandidat ist der Parteifuehrer Vicente Fox,
der als Hardliner gilt. Die politische und oekonomische
Ausrichtung beider Parteien weist grosze Aehnlichkeit auf. Auch
die PAN tritt fuer eine Fortsetzung des neoliberalen
Wirtschaftskurses ein. Der groeszte Unterschied beider Parteien
liegt darin, dasz verschiedene Interessensgruppen darum kaempfen,
an die Schalthebel der Macht zu gelangen.

Die dritte bedeutende Partei Mexikos ist die PRD (Partido
Revolucionario Democr'atico). Ihr Kandidat ist Cuauht'emoc
C'ardenas, ein Politiker, der 1997 zum Buergermeister der
Hauptstadt Mexikos gewaehlt wurde. Sie vertritt als einzige neue
politische Ziele. Es handelt sich um eine linksdemokratische
Alternative, in die Teile der Bevoelkerung grosze Hoffnungen
setzen. Ihre groeszte Herausforderung ist es, ein Buendnis mit den
oppositionellen politischen und sozialen Bewegungen zu schaffen
und eine strategische Option fuer die mexikanische Linke
aufzubauen.

Bei den kommenden Wahlen spielen viele Faktoren mit, und fast
alles ist moeglich. Hauptsache ist jedoch, den bereits gewonnen
demokratischen Spielraum im Parlament zu festigen. Davon haengt es
auch ab, ob die Demokratisierung weiter fortgesetzt wird und
endlich groeszere Teile der Bevoelkerung davon profitieren
koennen. Es besteht jedoch eine berechtigte Sorge, dasz die
reaktionaeren Kraefte der PRI sich z.B. durch Wahlbetrug an der
Macht zu halten versuchen. Dazu gibt es in der undemokratischen
Geschichte des Landes genuegend Beispiele. *Dina Garza Zeilberger*

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D. G. Zeilberger wohnt seit etwa 10 Jahren in Oesterreich und
beschaeftigt sich lateinamerikanischer Politik und indianischen
Kulturen.


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