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Aussendezeitpunkt: Di, 25.01.00, 16:39 *
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Nachwahlkraempfe:
> Eine Frage der Ehre
Die SPOeVP-Regierung ist aus einem aehnlichen Grund gestrauchelt,
aus dem aus OeVP und FPOe auf Dauer auch nichts werden wird
*
Es ist ein Wunder geschehen. Die SPOe will nicht mehr zu allem Ja
und Amen sagen. Wenn man genauer hinschaut, stellt man sich aber
schon die Frage: Gibts wirklich noch Wunder in der
oesterreichischen Sozialdemokratie?
Rekapitulieren wir: Was ist geschehen? Die immer noch staerkste
Partei laeszt sich mit der ewigen Haider-Rute zum kompletten Kotau
in den haarigen Punkten zwingen: Neutralitaetverzicht, Karenzgeld
fuer alle, Pensionsreform gegen die Gewerkschaftsposition, und,
und, und. Aber diese Verhandlungen finden "unter der Tuchent"
statt. Dann gilt es noch einigermaszen ohne Friktionen diese Dinge
den Funktionaeren zu erklaeren -- in der Hoffnung, dasz die das
alles deswegen fressen, weil es ansonsten eine oeffentlich Debatte
darueber gibt. Ein paar kurze, schmerzlose Meldungen ueber den
Koalitionspakt in der Presse und dann husch, husch in die neue
Regierung.
Ploetzlich meint die OeVP noch ein paar Nachforderungen stellen zu
muessen: Die lautstarke Forderung nach der Demontage des
sozialdemokratischen Innenministers und die de facto-Erklaerung
der Gewerkschafter, dasz sie stillhalten werden.
Die SPOe hat die Gewerkschaft immer gegaengelt, aber eine
derartigen Unterwerfungsakt in aller Oeffentlichkeit und
Offensichtlichkeit, nein, das war einfach nicht mehr drinnen! Die
Ehre der SPOe ist zwar wirklich nicht mehr das, was sie einmal
war, aber laut zugeben kann die Partei das nicht. Denn: Wer waehlt
schon einen so gedemuetigten Verein? Und wer moechte dabei
ueberhaupt noch Mitglied sein?
Was wird jetzt passieren? Wos was ma? Wenn die SPOe nicht doch
noch eine Minderheitsregierung zusammenzimmert, wird der HBP doch
noch schwarz-blau akzeptieren. Inhaltlich gibt es ja kaum
Differenzen zwischen diesen beiden Parteien. Eine bisserl eine
andere Haltung zur EU wird da nicht wirklich stoeren. Dennoch wird
es laufend Disharmonien geben: Auch aus Gruenden der Ehre!
Waehrend bei der SPOe Kalkuel und Ehrgefuehl ja schon schwer
voneinander zu trennen sind, steht Blau-Schwarz wirklich das
uebergrosze Ego der beiden wichtigsten Protagonisten im Weg. Oder
kann sich irgendwer vorstellen, dasz die beiden Groszsprecher
Andreas Khol und Joerg Haider in auch nur irgendeiner Detailfrage
oeffentlich klein bei geben wuerden? Diese zwei Herren sind es
gewohnt, den Ton anzugeben. Jede inhaltliche Differenz kann sich
bei ihnen zur mittleren Staatskrise auswachsen. Auch wenn Haider
in Kaernten bleibt, wird er wohl kaum auf das Primat in seiner
Partei verzichten. Um die Wickel mit Khol zu verhindern, mueszte
die OeVP ihren Klubobmann in die Tiroler Landespolitik schicken.
Dasz die schwarze Eminenz aber still und leise und vor allem
freiwillig geht... -- da ist rot-blau ja noch wahrscheinlicher.
Es gibt aber noch eine andere Moeglichkeit: Erinnern wir uns an
1995! Da brach die Sozialdemokratie die Koalition, weil sie die
Politikvorstellungen der OeVP fuer unsozial hielt. Dann kamen
Neuwahlen, die SPOe gewann, die 2/3-Mehrheit war wiederhergestellt
und die Partei mit jenem kryptischen "S" im Parteinamen fuehrte
dann genau die OeVP-Vorschlaege durch, die sie vorher als unsozial
verdammt hatte. Und als das "profil" mit der mittlerweile
beruehmten Fotomontage eines nackten Vranitzky mit der passenden
Wendung "Des Kanzlers neue Kleider" dies aeuszerst treffend
charakterisierte, spielte der Kritisierte die beleidigte
Leberwurst, der Begriff Menschenwuerde tauchte unerwartet in der
oesterreichischen Innenpolitik auf und der Koalitionspartner liesz
mittels Raiffeisenkonzern den unbequemen Herausgeber des "profil"
schassen. Und dann folgten froehliche vier Jahre beinharte
Austeritaetspolitik. Nach den Wahlen dann derselbe Katzenjammer
wie 1994: Die eigene Mandatszahl schwer dezimiert, die
Verfassungsmehrheit der Regierung futsch. Der Verdacht draengt
sich auf, dasz es Kreise in der SPOe gibt, die diesen Coup noch
einmal machen wollen.
Bei der Vergeszlichkeit des oesterreichischen Stimmvolkes koennte
diese Rechnung sogar aufgehen. *Bernhard Redl*
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