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In eigener Sache/Antisemitismus

> Von vornherein unglaubwuerdig?

Liebe AKIN! Als AKIN-Gelegenheitsleser bin ich erschrocken ueber Eure
Wendung zum Antisemitismus. (Bis dato wart Ihr ein wichtiges und gutes
Informationsblatt!) In der Nummer vom 7.12.99 steht zu lesen: Wir
bringen ein Interview mit Cedda Prlincevic, Vorsitzender der
juedischen Gemeinde (und Direktor des Archivs von Kosovo) -- stark
gekuerzt, da es trotz der Einseitigkeit der Darstellung nicht
uninteressant ist.

Sind offensichtlich Vorsitzende von Juedischen Gemeinden von
vornherein unglaubwuerdig und keinesfalls besonders interessant.

Ihr seid ja schon bald weiter als der STABERL!

Bitte um Aufklaerung! *Franz Huber*



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> Staberls Antwort

Als Verfasser dieses Vorspanns musz ich dazu wohl Stellung beziehen.
Nach den Aussagen Prlincevics koennte man schlieszen, dasz vor dem
Einmarsch der KFOR zwischen den beiden Bevoelkerungsgruppen kaum ein
Konflikt geherrscht haette und die UCK nur aus nichtkosovitischen
Albanern besteht. Wenn das auch nicht voellig ausgeschlossen ist --
weil aus dem ehemaligen Kriegsgebiet immer noch fast ueberhaupt keine
serioesen Informationen von unabhaengiger Seite zu bekommen sind -- so
finden sich fuer die aufgestellten Behauptungen in dieser Absolutheit
meines Wissens kaum Bestaetigungen.

In der akin gilt das Prinzip, dasz die politische Verantwortung fuer
einen Text beim Autor liegt. Dennoch ist diese Publikation politisch
eindeutig ausgelegt. Da es sich bei diesem Text um ein von dritter
Seite uebernommenes Interview handelte, waere ohne eine skeptische
Anmerkung eventuell der Eindruck entstanden, die Redaktion wollte mit
diesem Interview etwas "beweisen". Mehr als einen solchen Verweis
anzubringen, erschien mir nicht opportun, da ich dem p.t. Publikum
nicht im Detail erklaeren wollte, was es zu denken hat. Aus diesem
Grund haben wir das Interview auch abgedruckt: Weil es eine Stimme
ist, die zumindest so serioes ist wie die bei den groszen Medien so
beliebten NATO-Presseoffiziere, aber gegenteilige Positionen vertritt.

Die Einleitung ist in diesem Leserbrief nicht ganz richtig
wiedergegeben. Denn die inkriminierte Stelle lautete korrekt:
"Folgendes Interview haben wir von der RKL uebermittelt bekommen und
geben es -- stark gekuerzt -- wieder, da es trotz der Einseitigkeit
der Darstellung nicht uninteressant ist. Der Interviewte ist CEDDA
PRLINCEVIC der Direktor des Archivs von Kososvo und Metohija (...) Er
war auch Vorsitzender der Juedischen Gemeinde von Pristina und nahm am
'Wiener Tribunal' (...) teil." Es war wahrscheinlich etwas
miszverstaendlich formuliert, denn es kann dabei der Eindruck
entstehen, dasz die Kuerzung wegen der Einseitigkeit erfolgte. Dem war
nicht so, die Kuerzung war wegen der Ueberlaenge noetig. Die
abgedruckte Fassung war immerhin drei Seiten lang, der volle Text
hatte etwa die doppelte Laenge.

Dieses moegliche Miszverstaendnis ist aber meines Erachtens nicht
geeignet, der akin berechtigt Antisemitismus zu unterstellen. Es ist
aeuszerst befremdlich, wenn ein generell geaeuszerter Zweifel an einem
Zeugen, der zufaelligerweise Jude ist, sofort als in seinem Judentum
begruendet angenommen wird. Haette ich hinschreiben sollen: "Obwohl
der Interviewte Jude ist, koennen seine Aussagen trotzdem bezweifelt
werden"? Auch wenn es in unserer Gesellschaft unzweifelhaft
antisemitische Tendenzen gibt -- oder vielleicht gerade darum, sollte
wohl die Konstruktion eines Zusammenhanges zwischen Glaubwuerdigkeit
oder Unglaubwuerdigkeit und der Volks- oder Religionszugehoerigkeit
kein Thema mehr sein. Vorsitzende von Juedischen Gemeinden sind nicht
von vornherein unglaubwuerdig, natuerlich nicht. Aber wenn man das mit
dem vergleicht, was wirklich im Vorspann stand, so musz man folgern,
dasz von unserem Leser die Meinung vertreten wird, Vorsitzende von
Juedischen Gemeinden seien von vornherein glaubwuerdig, und das ist
genauso falsch. Wenn wir beginnen, die Ansichten und Behauptungen von
Personen wegen ihrer Religions- oder Volkszugehoerigkeit zu
beurteilen, wird es gefaehrlich. Dabei ist es egal, ob es sich um
negative oder positive Diskriminierung handelt. Die Vorzeichen sind
dabei nicht relevant, die Diskriminierung bleibt die Gleiche. Es ist
verstaendlich, wenn man hierzulande allerorten Antisemitismus
vermutet, aber es kann wohl nicht das Anliegen sein, die Ansichten und
Behauptungen von Menschen des juedischen Glaubens zu verteidigen,
sondern ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen -- d.h. ihnen
genausoviel Vertrauen entgegenzubringen wie Kritik zuzumuten. Erst
wenn das moeglich ist -- und das ist zugegebenermaszen noch ein weiter
Weg --, kann man den Antisemitismus als ueberwunden ansehen.

Ich hoffe, damit genug zur Aufklaerung getan zu haben. *Bernhard Redl*


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