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Polizei:

> Zum Tod von Horst Ludwig Meyer und zum Prozesz gegen Andrea Klump

Folgender (von uns stark gekuerzter) Brief einer Lesbengruppe
wurde an die im Landesgericht eingesperrte Andrea Klump geschickt.
Klump antwortete darauf mit einem Text, den wir ebenfalls gedruckt
wiedergeben. Diese beiden Texte vom Oktober und vom November
gingen erst jetzt per Post an die akin. Nicht aus Solidaritaet mit
der RAF drucken wir sie ab, sondern weil in dieser Causa auszer
dem Polizeibericht auch noch andere Stimmen vernehmbar sein
sollten:

***

Am Mittwoch den 15.9.99 wurde Horst Ludwig Meyer von
Polizeieinheiten der WEGA in Wien erschossen und Andrea Klump
festgenommen. An der Festnahme und Erschieszung waren laut Medien
Personen aus der Bevoelkerung beteiligt. Innenminister Schloegl
sprach im Fernsehen von einem Fahndungserfolg, ehrte die
ZeugInnen, den bei der Verfolgung unterstuetzenden Motorradfahrer
und die beteiligten BeamtInnen. In der offiziellen
Berichterstattung wurde die Fahndung eingeleitet, da aus der
Bevoelkerung "auffaellige Personen" gemeldet wurden. Die mediale
Berichterstattung schuert seit Jahren mit Artikeln ueber
organisierte Kriminalitaet, Ostmafia, schwarzen Drogendealern und
Terrorismus Angst in der Bevoelkerung. Die staatliche Antwort ist
polizeiliche Aufruestung, Lauschangriff, Schengen- Abkommen und
Nato-Beitritt. Gleichzeitig werden die BuergerInnen zur Kontrolle
und Denunziation aufgerufen ... Die Aufbereitung der Medien ueber
Aktionen und Anschlaege der RAF soll eine kritische
Oeffentlichkeit verhindern ... Fuer uns gibt es zur Festnahme und
Ermordung viele Ungereimtheiten.

- Angeblich filmte eine Person schon vor laengerer Zeit "zwei
auffaellige Personen". Dieser Amateurfilm wurde im Fernsehen
gesendet. Wir zweifeln an dieser Darstellung und Herkunft. Wir
koennen uns gut vorstellen, dasz diese Situation nachgestellt und
nachgereicht wurde.

- In den Zeitungen wird von einer Zeugin und dann wiederum von
einem Zeugen gesprochen. Die Frage ist, ob es ueberhaupt eine
monatelange Beobachtung aus der Bevoelkerung gegeben hat, oder ob
Andrea und Horst schon laengere Zeit von der Polizei observiert
wurden.

- Genauso unklar wie alle Berichte ist der moegliche Kontakt zum
Verfassungsschutz. Laut Medien soll Andrea 1996 Kontakt mit dem
Verfassungsschutz gehabt haben. Ob es um einen Kontakt fuer eine
sog. "Rueckkehr in die Legalitaet" ging, blieb in den Medien
unklar.

In einem Standard-Artikel vom 17.9.99 heiszt es in einem Schreiben
des deutschen VS, dasz es "Zweifel an der tatsaechlichen
Zugehoerigkeit" wegen Andrea und Horst in der RAF gibt. Trotzdem
befanden sich ihre Fotos 15 Jahre lang auf den Fahndungsplakaten
... Andrea soll nun fuer ihre politische Ueberzeugung hinter
Schlosz und Riegel. Die oesterreichische Staatsanwaltschaft klagt
Andrea vorlaeufig auf "Widerstand gegen die Staatsgewalt",
"Urkundenfaelschung" und "Mordversuch" an...Fuer die polizeilichen
Ermittlungen trafen sich oesterreichische, italienische und
deutsche Beamte der Terrorbekaempfung in Wien. Die deutschen
Behoerden haben sofort Andreas Auslieferungsantrag gestellt. Es
ist noch unklar, wie lange die Justiz Andrea in Oesterreich noch
festhalten will. Andrea verweigert die Aussage. Sie hat derzeit
einen oesterreichischen Anwalt, die Moeglichkeit, sich mit ihm zu
besprechen, ist nicht gegeben, da bei den Besuchen dritte Personen
anwesend sind. Andrea erhaelt keine Besuche und keine Post und ist
im Isolationstrakt des Landesgerichts eingesperrt. Die Polizei
will jetzt schauen, mit wem Andrea und Horst Kontakt hatten. Diese
Einschuechterungen duerfen uns nicht davon abhalten, solidarische
Oeffentlichkeit herzustellen und politisch zu handeln. Wenn wir
unterschiedlicher Meinung ueber Ziele und Wege sind, sollten wir
diskutieren und lernen, darueber zu streiten.
*Feministische Lesben gegen Sexismus, Rassismus, Imperialismus / gek.*

***

Andrea Klump hat auf den obigen Brief folgende oeffentliche
Antwort verfaszt:

***

ueber diesen text habe ich mich sehr gefreut. die frauen, die ihn
geschrieben haben, haben die fragen und spekulationen, die es zur
erschiessung von horst und zu meiner verhaftung gab, politisch
jeweils auf den realen boden geholt. dieses politische verhaeltnis
ist zugleich auch ein sehr menschliches: horst wird nicht zu einer
ikone stilisiert und ich werde nicht schubladisiert. - das weisz
ich sehr zu schaetzen.

horst und ich wuszten seit vielen jahren vom "aussteigerprogramm"
des deutschen verfassungsschutzes und den bemuehungen des sog.
herrn "benz". weder horst noch ich hatten aber jemals das
beduerfnis, ihnen die fuesze zu kuessen. so hatten wir beide ihr
angebot verstanden, und dasz es ihnen nie darum ging, wer was
gemacht hat oder auch nicht - besonders nach dem zusammenbruch der
sowjetunion und den ganzen damit zusammenhaengenden umbruechen.

die treue zur eigenen geschichte ist das, was einer isolierten
linken bleibt. und so ist die haltung auch ausdruck der misere der
deutschen linken, die schon in der geschichte isoliert war - weil
es in deutschland schon immer da ein vakuum gab, wo politische
bewegung stattfinden sollte. das problem ist, dasz sie schnell zu
ideologie (gemacht) wird.

zur erzeugung eines politischen klimas der angst und der
bereitschaft zur denunziation gehoert auch noch das problem der
modernen massenmenschen: in einer zeit, in der die
konsumgesellschaft die jeweils neuen technischen errungenschaften
- wie handys, videokameras etc. - fuer jeden verfuegbar sind,
werden die menschen, die diese mittel zur hand haben, zu
vollstreckern der exekutive, des systems.

die polizei wuszte nicht, wer wir waren. horst wurde in einer
schieszerei getoetet, an der er als handelnder beteiligt war.

ich war nie in der raf organisiert.

zu horst will ich nichts sagen. er ist tot. da hat das keinerlei
bedeutung mehr. er war ein mensch aus fleisch und blut, mit
sehnsuechten, hoffnungen und aengsten. das zaehlt.

"vergeszt nie, es ist nicht die zeit, siege zu erringen, sondern
die niederlagen zu erkaempfen".(bert brecht)
*Andrea Klump / gek.*


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