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Aussendezeitpunkt: Di, 21.12.99, 15:30 *
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Sudan:

> Ideologen gegen Militaer

Selbstputsch im groeszten Land Afrikas

Am spaeten Abend des vorletzten Sonntags (12.12.) war es soweit:
Der seit Monaten schwelende Machtkampf zwischen dem
"Chefidieologen" des sudanesischen Regimes, Parlamentspraedident
Hasan al-Turabi, und dem Staatspraesidenten General Umar al-Bashir
spitzte sich so weit zu, dasz der Praesident nicht nur seinen
Parlamentspraesidenten absetzte, sondern gleich das ganze
Parlament aufloeste und einen auf drei Monate befristeten
Ausnahmezustand verhaengte.

Al-Bashir war im Juni 1989 mit der Unterstuetzung Hasan al-Turabis
mittels eines Militaerputsches an die Macht gekommen. Nun spricht
Turabi selbst wiederum von einem Staatsstreich von oben und rief
seine Anhaenger auf, Widerstand zu leisten.

Die weitere Entwicklung bleibt aber vorerst offen. Waehrend der
Fuehrer der oppositionellen Umma-Partei Sadiq al-Mahdi von einem
drohenden Buergerkrieg spricht, hoffen VertreterInnen der
Kommunistischen Partei wie Faruq Abu-Issa bereits auf ein Ende des
islamisch-integralistischen Regimes.

Bisher ist auch kaum abzuschaetzen, wie weit diese Entwicklung mit
dem eine Woche zuvor unterzeichneten Friedensvertrag zwischen Umar
al-Bashir und dem Ugandischen Praesidenten Museweni, sowie den
Separatverhandlungen zwischen Bashir und dem Umma-Parteichef Sadiq
al-Mahdi zu tun hat.

Die Praesidenten Ugandas und des Sudan hatten sich rund eine Woche
vor der Absetzung Turabis darauf geeinigt, die wechselseitige
Unterstuetzung der Guerilla-Armeen im jeweils anderen Land
einzustellen und zukuenftig eine friedliche Nachbarschaftspolitik
betreiben zu wollen.

Meinungsverschiedenheiten zwischen Turabi und Bashir duerfte es
auch ueber die Suedsudan-Politik gegeben haben. Waehrend die von
Turabi angefuehrten ideologischen Islamisch-Integralisten aus der
Muslim-Bruderschaft bereit waren, den Sueden des Landes in die
Unabhaengigkeit zu entlassen, um im Norden einen strikt
islamischen Staat nach ihren Vorstellungen durchsetzen zu koennen,
konnte sich das Militaer mit dieser Loesung nie anfreunden.

Turabi - der bisher immer als der eigentlich starke Mann im Sudan
galt - wird seine Absetzung vermutlich nicht so einfach hinnehmen.
Der politische Ueberlebenskuenstler, der seit den Sechzigerjahren
eine wichtige Rolle in der Politik des flaechenmaeszig groeszten
Staates Afrikas spielt, hat immer noch seine Milizen hinter sich,
die unter Umstaenden auch bereit waeren, gegen das Militaerregime
vorzugehen. Mit einer voelligen Eskalation des Konfliktes ist aber
wohl erst nach dem Ende des Fastenmonats Ramadan zu rechnen.
*Thomas Schmidinger*


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