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Aussendezeitpunkt: Di, 23.11.99, 21:53 *
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Debatte/Sogenannter Kommunismus:
> China, Menschenrechte und die KPOe
Ueber eine Podiumsdiskussion der KPOe
am 6.11. mit einem 1. Botschaftssekretaer...
Was kann man sich von so einer immerhin fast 4 Stunden langen
Diskussion ueberhaupt erwarten? Von einem chinesischen Botschafter
sowieso kaum irgendetwas auszer die Wiederholung bekannter
offizieller Standpunkte. Eingangs erzaehlte er uns ca. 10 Minuten
lang die Choreographie der 50-Jahr-Feiern am Platz des himmlischen
Friedens: welche Paraden wie von welcher Seite vorbeizogen... Ich
sah mich unruhig um: war ich der einzige unter ca. 50 Anwesenden,
dem es so ging - in diesem Personenkreis anscheinend doch.
Der KPOe-Finanzfreferent Volkswirt Michael Graber betonte die
Weltbedeutung Chinas (22 % der Weltbevoelkerung,...). VOR aller
Kritik sei man vor allem Respekt schuldig vor den
Aufbauleistungen. Chinas Sozialismuskonzeption sei bemerkenswert
ungeschminkt: lt. Deng sei die Wahrheit in den Tatsachen zu finden
- und nicht in frueheren Ideologien. Im Gegensatz zur Sowjetunion
(SU) und den anderen untergegangenen Staaten sieht man sich erst
am Anfang einer sozialistischen Entwicklung, die etwa bis Mitte
des 21. Jh. dauern koennte.
Die seit 20 Jahren eingeschlagene Wirtschaftspolitik sei mit der
NEP (Neue Oekonomische Politik) Lenins nach 1920 vergleichbar.
Immerhin haette sich die SU ohne Immobilismus und Zusammenbruch
weiterentwickeln koennen, wenn sie nicht damals so bald wieder von
der NEP abgegangen waere. Diese Erfahrung habe man inzwischen.
*Der "Friedensfaktor"*
Der langjaehrige KPOe-Vorsitzende und jetztige Referent fuer
internationale Beziehungen, Franz Muhri, kommentierte die 3
chinesischen Revolutionen 1911 (Sturz der Monarchie), 1949
(Ausrufung der Volksrepublik) und 1959 (Bruch mit dem
"sowjetischen Modell"). Die unkritische Solidaritaet mit der SU
sei ein Fehler gewesen, auch bezueglich der VR China und den
maoistischen Parteien im Westen ab 1959. China sei heute
jedenfalls ein Friedensfaktor in Asien und in der UNO, siehe z.B.
auch bezueglich Jugoslawien.
Es folgte eine Debatte ueber den Themenkomplex Wirtschaft-
Ideologie-Auszenpolitik: Was ist an der Politik Chinas ueberhaupt
noch sozialistisch/marxistisch? Bezeichnenderweise nicht vom
Botschaftssekretaer, sondern von Muhri kam dazu eine konkretere
Anworten: Hoehere Produktivitaet sei schon notwendig wegen des
Systemwettbewerbs. Das Anteil des gesellschaftliche Eigentums
bleibe ueber 50%. Nicht (mehr) mit zentrale Planung, aber "neuen"
Hebeln leite man (immer noch) die Wirtschaft. Soziale Haerten
vermeide man mit Hilfe bis zu dreijaehrigen Umschulungsprogrammen.
Insbesonder letztere provozierten zeitweise Gelaechter: So wie sie
beschrieben wurden, erinnerten sie zu sehr an das von der KPOe
selbst heftig kritisierte AMS -- wobei das "chinesische AMS" laut
Muhri und Waltraut Stiefsohn nicht mit dem oesterreichischen AMS
verglichen werden koenne, da sich ja Oesterreich viel mehr leisten
koennte.
*Da war doch noch was*
Nach ueber einer Stunde wurde es mir dann zu bloed. Hoeflich, aber
bestimmt versuchte ich, meine Verwunderung zum Ausdruck zu
bringen: Dasz ueberhauszt noch nicht vom sozialen wie buergerlich-
politischen Menschenrechten die Rede war und ueber Rechtfertigung
und Sinnhaftigkeit eines de facto-Einparteiensystems und was
auszer 50 Jahr-Paraden wir alle sonst noch fuer Fernsehbilder vom
Platz des himmlischen Friedens kennen... Und dasz ich mir dazu
weniger vom Botschaftssekretaer als von der KPOe Standpunkte und
Fragen an diesen erwarte.
Kritische Fragen von anderen dazu betrafen auch Umwelt,
Frauenemanzipation etcetera. Die folgende Diskussion unter den
Anwesenden war ungefaehr so, wie ich die KPOe seit 10 Jahren
erlebe. VertreterInnen der Parteifuehrung (Graber, Stiefsohn)
versicherten "nochmals" und "bei allem Respekt vor den
Aufbauleistungen" die schon 1989 erfolgte Verurteilung der
Ereignisse auf dem Platz des Himmlischen Friedens und ihr
Bekenntnis zu Menschenrechten, wie sie sie verstehen; ebenso ihre
Ablehnung der Todesstrafe - egal in welchem Land/System - die in
China ja oeffentlich inszeniert wird.
Im uebrigen vertrauen Graber und Muhri auf einen zunehmenden
Pluralismus INNERHALB des Systems - bei nicht mehr einstimmigen
Abstimmungen bis in hoechste Gremien.
Und dann, zwischen diesen klaerenden Worten, immer wieder die
Wortmeldungen aus der Parteibasis: Denen, die Menschenrechte
forden, werden grundsaetzlich ganz andere, imperialistische
Interessen unterstellt; Gegen "Pfaffen" und "Groszschnaeuzige"
wurde da gewettert und die Todesstrafe gabs ja genauso in den
Nuernberger Prozessen. Also auch in China... *Stefan Jindra*
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