**************************************************************************
akin-Pressedienst. *
Elektronische Teilwiedergabe der *
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. *
Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der *
Papierausgabe veroeffentlichten sein. *
Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. *
Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der *
Verantwortung der VerfasserInnen. *
Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt *
nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. *
**************************************************************************
Aussendezeitpunkt: Di, 16.11.99, 18:13 *
**************************************************************************

Sozialdemokratie:

> Butterbrot macht Wangen rot

oder: SPOe bekaempft Armut

Armutskonferenzen finden in Oesterreich immer haeufiger statt. Die
Resultate gleichen sich. So sind vor allem AlleinerzieherInnen
armutsgefaehrdet oder existieren bereits unter der Armutsschwelle
von oeS 7.800.-. Damit ziehen sie ihre Kids grosz. Zusaetzliche
staatliche und allfaellige kommunale Transferleistungen in
begruendbaren Notfaellen reichen oft weder fuer die Miete noch
fuer die Fixkosten, der Rest darf konsumiert werden: im Hofer und
in Second-Hand-Shops. Sofern sich im Eigentum der
AlleinerzieherInnen dazu ein noch so altes Auto befindet,
eruebrigt sich das Ansuchen um Sozialhilfe - es gibt dann keine.

Vor den Wahlen waren der OeVP alle Kinder gleich wert - derselbe
Betrag unabhaengig vom Einkommen fuer jedes Kind. Die SPOe wollte
eine allfaellige Erhoehung dieser Transferleistungen
ausschlieszlich jenen zukommen lassen, die es noetig haetten.
Worauf die FP bekanntermaszen mit gezinkten Karten in die
Kinderbeihilfen-Lizitationsrunde einstieg -- Kinderscheck fuer
alle. Nur auf Nachfrage und nicht so medial liesz die rechte
Partie verkuenden, dasz darin schon saemtliche Transferleistungen
miteinbezogen waerden, und dasz uebrigens eine negative
Progression beabsichtigt sei: nur mehr die Haelfte fuer jedes
weitere Kind.

Die Wahlen sind vorbei, die Aussichten auf eine baldige
Regierungsvariante auch - nur die Kinder muessen weiterhin
taeglich gefuettert werden. Beruhigende Sicherheit und bleibende
Konstante dabei ist, dasz die Kosten fuer ein Kilo Brot und ein
Viertel Butter taeglich im Monat nach wie vor rund 1.000.-
ausmachen - sozialdemokratisch gilt dieser Preis fuer alle. Bei
8.000.- Einkommen bleiben also bei taeglichem Butterbrot fuer die
hungrigen Kids 7.000.- fuer den Haushalt zum Verschleudern ueber.

Man musz sich das auf der Zunge zergehen lassen: ein Achtel des
Monatseinkommens geht fuer viele in einem der reichsten OECD-
Laender schon allein dafuer drauf, wenn die Kinder taeglich blosz
Butterbrot essen! Gleichheit fuer alle - Klima meint in der
Pressestunde: "Die SPOe ist am richtigen Weg". Butterbrot kostet
fuer alle dasselbe. Fuer das, was uebrig bleibt, kann die Partei
nichts, denn "Marktwirtschaft ist auch der richtige Weg."

Durch ein "streng vertrauliches" Reformpapier (profil, 15.11.)
will die SP allerdings den weiteren Mandatsverlust bremsen und
laeszt Klima der Oeffentlichkeit ausrichten, die Partei wolle
nunmehr "Regeln setzen, die verhindern, dasz die Marktwirtschaft
zu einer Marktgesellschaft fuehrt." Veraendert sich damit die
Preis-Einkommens-Schere? Nein, ganz anders - die SPOe moechte,
"dasz wir selber draufkommen, dasz wir die Kraft haben, die Dinge
von uns aus zu aendern." Nein, nicht wir, sondern die Partei.

Einige fuer AlleinerzieherInnen relevante Punkte des Reformpapiers
sind: Staerkung der Eigenvorsorge, Pruefung einer Volkspension,
neue Notstandshilferegelungen, Diskussion ueber
Versicherungsprinzip versus Verteilungsgerechtigkeit, der Bereich
Frauen und billigeres Wohnen. Die Frauen sollen nach der
Karenzzeit 26 Wochen "behalten" werden muessen. Karenzgeld soll
entweder zur Gaenze Versicherungsleistung (also im Nicht-
Versicherungsfall Abstieg zum voelligen Sozialfall ohne
Rechtsanspruch) oder in Grundleistung und Versicherungsleistung
geteilt werden (wenige Versicherungszeiten ergeben proportional
wenig Versicherungsleistungen + der Grundleistung). Interessant
fuer die 8.000,-Einkommens-Haushalte ist die Diskussion ueber die
geplante Einkommensgrenze fuer Bedarfsabhaengigkeit: 700.000.-
brutto Jahreshaushaltseinkommen -- die von Sozialdemokraten
eingeschaetzte Bedarfsgrenze!

Dafuer gibt es wenigstens beim Wohnen keine Lichtblicke.
Gegebenenfalls sind eine Neuordnung der Wohnbaufoerderung sowie
der Auftrag an den Finanzminister geplant, Alternativen zu
entwickeln(?). Falls alle Stricke reiszen, sollen durch eine
Neuordnung des Hausbesorgergesetzes die Verrechnungen fiktiver
Hausbesorgerkosten in Gemeindebauten wegfallen -- sprich:
Beauftragung von Reinigungsfirmen -- Hausbesorger tschuesz!

Also alles in allem: der sozialistische Entwurf schlechthin! Kein
kapitalistischer Stein bleibt auf dem anderen. Ein Meisterwerk der
Armutsbekaempfung! Na supa! Jeder Plan fuer einen
Fruehlingsausflug eines Pensionistenheimes scheint radikaler.
Werden auszerdem von den genannten Punkten diejenigen subtrahiert,
die blosz einmal so zur Diskussion stehen und so sicher nicht als
Parteirichtlinie die Thesenform verlassen werden, ist der soziale
Stand der Dinge nicht einmal so geklaert wie vor dem Reformpapier:
Bleiben der Alleinerzieherin bei schlichtem Butterbrot fuer ihre
Kids von 8.000.- auch nach wie vor 7.000.- ueber? *Fritz Pletzl*



*************************************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1010 wien, wipplingerstrasze 23/20
kontakt: bernhard redl
vox: ++43 (0222) 535-62-00
fax: ++43 (0222) 535-38-56
akin.buero@gmx.at
http://akin.mediaweb.at
pgp-key (2.6.2i) auf anfrage
Konto: 223-102-976/00, Bank Austria
BLZ 12000, Verwendungszweck: akin
## CrossPoint v3.1 ##