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Aussendungszeitpunkt: 11.11.99; 22:20
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FPOe/Kommentar:

> Arschloecher oder eine Herde verirrter Schafe?

Eine Frage spaltet meinen Bekanntenkreis: Sind die FPOe-
WaehlerInnen mehrheitlich ignorante, rassistische Arschloecher
oder unterdrueckte und im Inneren ihres Wesen gutmuetige aber vom
Weg abgekommene Schafe, die vom verlockenden Klang der
Haiderschalmei umnebelt sind?

Ich persoenlich stehe nicht voll hinter der These, dasz die FPOe-
WaehlerInnen eine Herde bestehend aus hilfsbeduerftigen
ModernisierungsverliererInnen ist, die aus Angst vor dem
Neoliberalismus, Schutz suchte und fand, auch wenn diese Ansicht
einen gewissen Tatsachenkern aufweist. Es ist natuerlich absurd
und spricht fuer die Bloedheit der FPOe-WaehlerInnen, dasz sie
ausgerechnet von einer Partei mit neoliberaler programmatischer
Ausrichtung Unterstuetzung und Befreiung erwarten, wenn ihnen die
entfesselten Marktkraefte die Fesseln anlegen. Diese zwar
erklaerbare aber nicht nachvollziehbare Haltung vieler FPOe-
WaehlerInnen laeszt den Vergleich mit stupiden Schafen ein wenig
weniger hinken. Dennoch verkoerpert die Meinung, dasz es die
kapitalistische und rassistische FPOe verstanden hat, sich als
Unterschlupf fuer geschundene und geschorene Schafe zu etablieren,
nur die halbe Wahrheit. Denn die Getretenen der Gesellschaft
treten auch gern die Schaedeln von noch Schwaecheren ein, waehrend
sie ich ruehmen, loyal zu ihren AusbeuterInnen zu stehen. Und da
gibt es noch die aufrichtig empfundene Menschenverachtung, die
allen FPOe-WaehlerInnen eigen ist, ob sie nun wirklich in
oekonomischer Bedraengnis sind oder finanziell obenauf schwimmen.

*Sind die ausgebeuteten ArbeiterInnen, die FPOe waehlen, Feinde?*

Die extreme Rechte kocht die Deppen ein, der Neofaschismus spielt
vor allem mit wenig gebildeten Maennern Plastilin. Die
Zurechtgebogenen empfinden ihre Formbarkeit alles andere als
demuetigend. Sie wollen die Knetmasse fuer einen totalitaeren
Fuehrerstaat sein. Aber es gilt auch, dasz die FPOe-Klientel, ob
ihrer subjektiv empfundenen und objektiv oft gegebenen Schwaeche,
fasziniert und berauscht ist von der Skrupellosigkeit und
Brutalitaet Joerg Haiders. Ihre Abstiegsaengste und
Minderwertigkeitsgefuehle verketteten sich auf unheilvolle Art und
Weise mit der FPOe-Demagogie. Die FPOe naehrt den Mythos des
gemeinsamen Feindes und laeszt dadurch Selbstzweifel, Ohnmacht und
Angst in den Hintergrund treten. Wie wir es auch drehen, immer
begegnen uns beide Aspekte: Die FPOe-WaehlerInnen sind verirrtes
Schaf und Arschloch in einer Person. Die Grenze zwischen Freund
und Feind trennt demnach nicht Menschengruppen, sondern verlaeuft
mitten durch die Menschen. Die Linke wird sich fuer die FPOe-
WaehlerInnen einsetzen muessen, wenn sie in der Rolle der
Ausgebeuteten in Erscheinung treten, waehrend sie die FPOe-
WaehlerInnen entschieden bekaempfen musz, wenn sie als
menschenverachtende Arschloecher agieren. Die logische Konsequenz
daraus ist, dasz die Politik der Linken im bezug auf die FPOe-
WaehlerInnen von den konkreten Individuen abstrahieren musz. Die
ArbeiterInnen, die FPOe waehlen, sind also nicht unter allen
Umstaenden Feinde, auch wenn man sie im privaten Umfeld nicht
ausstehen kann. Aber das ist aber ein anderer Kaffee.

*Aengste ernstnehmen, Menschenverachtung zurueckweisen*

Dasz das Engagement fuer ArbeiterInnen nicht enden darf, nur weil
die meisten ArbeiterInnen FPOe waehlen, ist eine
Selbstverstaendlichkeit. Ganz und gar nicht selbstverstaendlich
ist, wie man mit dem neofaschistischen Gedankengut der
ArbeiterInnen umgehen soll. Die Reaktion der Sozialdemokratie auf
den Rechtsruck der ArbeiterInnen ist auf alle Faelle abzulehnen
und lautet in etwa so: Wir muessen die ArbeiterInnen wieder von
dort abholen, wo sie sind. Und wenn sie im rechten Eck hocken,
dann muessen wir eben zu ihnen hatschen. Wir muessen uns mehr
anbiedern. Sie muessen sich wiedererkennen koennen, wenn sie uns
mustern, d.h. wir duerfen ihre Aengste nicht ignorieren und ihre
Menschenverachtung nicht zurueckweisen.

O.K.: Die Aengste der FPOe-WaehlerInnen sollte man tatsaechlich
ernstnehmen, aber einen Kniefall vor ihrem Auslaenderhasz darf es
nicht geben. Der Glaube, dasz der Auslaenderhasz verschwindet,
wenn man die oekonomischen Aengste lindert, ist vollkommen falsch.
Rassismus hat ein Eigenleben! Daher musz man endlich damit
aufhoeren, so zu tun, als waeren die FPOe-WaehlerInnen nur
verirrte Schafe, die nur voruebergehend Geschmack am blauen Klee
finden. Eine gruene Weide ist fuer sie ein rotes Tuch und kein
politischer Hirtenhund wird sie durch serioeses Anbellen davon
ueberzeugen koennen, dasz man, wenn man zuviel vom blauem Klee
gegrast hat, Blaehungen bekommt, die nach Zyklon B stinken. Eine
rote Weide - um im Bild zu bleiben - ist fuer diese Wiederkaeuer
dergestalt abschreckend, dasz sie eher die Steine einer Lugner-
Baustelle fressen. Ich meine sogar, dasz Haider nur einen
Bruchteil davon bloekt, was seine Schafe denken. Daher wird es
unzureichend sein, wenn man an das Gewissen der FPOe-WaehlerInnen
appelliert.

Abschlieszend ein kleiner Merksatz zum Auswendiglernen:
Verallgemeinert gesagt sind FPOe-WaehlerInnen Arschloecher.
Differenzierter betrachtet sind FPOe-WaehlerInnen Arschloecher
unterschiedlicher Groesze. Und ganz fair formuliert sind FPOe-
WaehlerInnen entweder Arschloecher aus Ueberzeugung oder aus Angst
und Unterdrueckung, was im Endeffekt kaum Unterschied macht.

*Roman Gutsch / gek.*

***

> Anmerkung einer Redakteurin:

Also gut, jetzt hast Du sie eingeteilt, die Haider-WaehlerInnen.
und abgelegt in Kasterln, wo draufsteht: Schaf, Schaf mit 10%
Arschloch, Schaf mit 20% Arschloch, usw., Arschloch Groesze 37,
Groesze 54 usw.

Und - was hilfts, dasz sie jetzt in Kasterln liegen,
sortenbereinigt und etikettiert?

Wissen wir jetzt, wie wir mit ihnen umgehen sollen? Hilft mir das
beim Anhoeren rassistischer Ruelpser in der U-Bahn, wenn ich die
Groesze des Loches weisz, aus dem der Ruelpser kommt? Hilft das
den Angeruelpsten?

Weniger blumig: Die Frage, wieweit die Verantwortung des Einzelnen
reicht, ob Menschen Taeter und/oder Opfer sind, und in welchem
Ausmasz, gaebe sicher eine interessante Diskussion, ist aber vor
allem eine philosophische. Meine Frage geht mehr in die Richtung:
Wie kann verhindert werden, dasz aus Menschen Plastilin wird, oder
- wie machen wir aus Deinen Schafen ein Schweinchen Babe?

*Ilse Grusch*



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