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22.9.1999, 1:33
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Wahlkraempfe (III):

> Brief an politische Freunde

Es ist kein Geruecht! Ich unterstuetze Peter Pilz tatsaechlich in seinem
Vorzugsstimmen-Wahlkampf. Und ich glaube gute Gruende dafuer zu haben, die
ich auch Ihnen/Dir - ich werbe ja fuer P.P. - mitteilen moechte.

Wenn Peter Pilz eine Chance haben will mit seinem Vorzugsstimmen- Wahlkampf,
dann zieht auch eine groeszere gruene Riege (aus Wien sicher Eva Glawischnig
und Karl Oellinger) in der kommenden Legislaturperiode ins Parlament ein.
Und in solch einem vergroeszerten Team wird gerade einem P. P. eine wichtige
Aufgabe zukommen. Er neigt zwar zu einem politischen Einzelkaempfertum, tut
dies aber - wie eigentlich keine andere/ kein anderer - mit hoechstem
persoenlichem Einsatz und auch Risiko, doch verbunden mit klarem politischem
Verstand und ausgepraegtem Mediengefuehl. Das hat er auch waehrend seiner
frueheren Nationalratszeit in der Sache Lucona oder Noricum und jetzt als
Gemeinderat bei der Aufdeckung der Baukartelle bewiesen. Peter Pilz erfuellt
in besonderer Weise das, was auch eine wichtige Aufgabe des Parlaments ist,
naemlich Kontrolle und konsequente Opposition. Und mit ihm teile ich die
Ueberzeugung, wir duerfen die Oppositionsrolle nicht allein einer
Haiderpartie ueberlassen. Vor allem eine radikaldemokratische Opposition
wird unerlaeszlich sein.

Aus diesem Grunde gebe ich Peter Pilz meine gruene Vorzugsstimme und ich
faende es sehr gut, wenn auch Du/Sie am 3. Oktober "PILZ" auf Deinen/Ihren
Stimmzettel schreiben wuerdest/wuerden. Gerne bin ich zu weiteren
Informationen oder auch einem kritischen Gespraech bereit (Tel: 98 8 98/256
von 8.30 - 9.30 Uhr oder 317 69 00/34)
*Dieter Schrage*

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> Politik statt Skandalisierung

Zu Vorstehendem

Lieber Dieter, in aller Freundschaft: Das ist grober Unfug! Aus mehreren
Gruenden halte ich eine solche Politik fuer verfehlt. Dabei geht es mir
weniger um die selbstverliebte Art Peter Pilzens. Pilz ist ein politisches
Ausnahmetalent und solche Leute sind eben schwierig. Und es fehlt mir auch
keineswegs an Hochachtung vor dem Mut Pilzens, sich fuer seine Recherchen
verklagen zu lassen. Aber hier geht es mir um demokratiepolitische
Grundsaetze.

Erstens: Es ist reichlich unwahrscheinlich, dasz Pilz soviele Stimmen
bekommt, dasz ein rechtlich-formales Direktmandat drinnen waere. 1994
beispielsweise war ausgerechnet Big Boss Vranitzky mit 58.000 Vorzugsstimmen
der Einzige gewesen, der ein formales Anrecht auf ein Direktmandat gehabt
haette -- wenn er nicht sowieso Listenfuehrer gewesen waere.

Zweitens: Es ist auch recht unwahrscheinlich, dasz dank Pilz ein Mandat mehr
als ohne ihn fuer die Gruenen drin sein wird -- das heiszt, bei vielen
Pilz-Stimmen werden andere, durch die gruenen Basisgremien bestimmte
Kandidaten dazu gedraengt, "freiwillig" auf ihre Listenplaetze zu
verzichten. Das ist eine Unsitte, die wir von anderen Parteien kennen. Dasz
das jetzt bei den Gruenen auch gespielt werden soll, ist mir neu.

Drittens: Es ist reichlich unfair, mit einem Medienzampano wie Peter Pilz
einen Vorzugsstimmenwahlkampf zu fuehren. Es wird damit nur betont:
Prominenz ist alles, Inhalt ist nichts.

Und da waeren wir auch schon bei viertens: Wozu braucht Pilz ein
Nationalratsmandat? PP ist eine Trademark, bei der es voellig wurscht ist,
ob dessen Inhaber sich Gemeinderat, Nationalrat oder einfach nur Doktor
nennen kann. Pilz hat seine Quellen, auch ohne Abgeordneter zu sein, und er
ist immer fuer eine Geschichte gut. Das weisz die Journaille, warum also
braucht er ein Mandat?

Und fuenftens ist Peter Pilz sicher ein Meister darin, Skandale aufzudecken.
Das ist zwar schoen, denn die Republik braucht investigativen Journalismus,
aber die Frage nach dem Politischen bleibt dabei auf der Strecke.

Denn je weniger Bedeutung hierzulande Ideologie und Weltbild haben und je
mehr es um Skandale geht, desto weniger unterscheiden sich die Parteien
inhaltlich. Peter Pilz steht nunmal fuer das Aufdecken von Skandalen. Und so
sehr das notwendiger Teil politischer Kritik ist, will ich in einer Zeit der
Entideologisierung diesen Trend ganz bestimmt nicht unterstuetzen! Denn die
Botschaft lautet: Wenn wir an die Regierung kommen, werden wir das Gleiche
machen wie die bisherige Regierung -- nur viel besser! Und ich glaube nicht,
dasz die hiesigen (vormals alternativen) Gruenen unbedingt dem deutschen
Modell nacheifern muessen.

Lieber Dieter, ich verstehe nicht wirklich, wie ein anarchistischer Genosse
zum Zwecke der Stimmenoptimierung eine solche Desavouierung der Systemkritik
unterstuetzen kann -- tut mir ehrlich leid.
*Bernhard Redl*


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