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16.9.99, 22:40
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Bücher:
> Neutralität nicht nur in Österreich
Thomas Roithner (Hg.): Neutrality in Europe,
in englischer Sprache, Wien - Linz 1999, 178 Seiten, öS 100,--, ISBN 3-9502098-0-8
In diesem Sammelband präsentieren 18 AutorInnen ihr Vorstellungen für ein
friedlicheres Europa auf Basis des Konzeptes der Neutralität. Sie kommen
zumeist aus BürgerInnenbewegungen für Neutralität oder stehen mit diesen
Bewegungen in engem Austausch. Daß diese Bewegungen hierzulande gänzlich
unbekannt sind, paßt in das Bild der politischen Eliten: Die Neutralität als
isoliertes und abgekapseltes Sicherheitskonzept aus der Mottenkiste der
internationalen Beziehungen darzustellen. Die mit der Neutralität in enger
Verbindung stehende Praxis der Nuklearwaffenfreiheit, der nichtmilitärischen
Konfliktlösung, dem Anbieten "Guter Dienste", der glaubwürdigen und
präventiven Diplomatie oder auch der Solidarität zwischen Nord und Süd wird
unter den Teppich gekehrt. Wie sich die VertreterInnen von
Neutralitätsbewegungen verschiedenster europäischer Staaten eine neue
Friedensordnung vorstellen wird hier skizziert.
Der Friedenswissenschafter Dr. Gerald Mader vom Studienzentrum Schlaining
führt in seinem Vorwort aus: "Die NATO redet von Verteidigung, aber sie
meint militärische Intervention. Sie redet von Frieden und Sicherheit, aber
sie rüstet Osteuropa auf. Sie spricht von einer Überwindung der Trennung in
Europa, aber sie führt diese Trennung durch. Sei behauptet, daß die
NATO-Osterweiterung Frieden, Sicherheit und Stabilität garantiert,
tatsächlich wird sie zum Friedenshindernis."
Im ersten Abschnitt kommen AutorInnen aus den neutralen Staaten in der EU zu
Wort. In Finnland, Österreich, Schweden und Irland ist eine immer stärkere
Erosion der Neutralität zu beklagen. Durch die Militarisierungsschritte der
EU von Maastricht (1992) über Amsterdam (1998) nach Köln (1999) befürchten
immer mehr Menschen, daß die Neutralität mit der EU nicht mehr zu
vereinbaren ist. Die Integration des sich zur Nukleardoktrin bekennenden
Militärpakts WEU (Westeuropäische Union) in die EU macht aus ihr Schritt für
Schritt auch einen Militärpakt.
Im zweiten Abschnitt skizzieren die Autoren am Beispiel der Schweiz,
Dänemarks und Deutschlands Widerstand und Alternativen zur europäischen
Sicherheitspolitik. Die Autoren betonen die Wichtigkeit der Zusammenarbeit,
warnen aber vor der Herausbildung neue konfrontativer Strukturen.
Abschnitt 3 setzt sich mit Ungarn, Polen und Tschechien auseinander. Welche
Möglichkeiten der Weiterarbeit bieten sich für die BürgerInnenbewegungen
nach dem Beitritt zur NATO? Die Reform der Vereinten Nationen (UNO), die
Stärkung der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa), der Widerstand gegen die NATO-Atomwaffen sowie die genaue
Beobachtung der Entwicklung der Militärbudgets stehen nun im Mittelpunkt der
Bemühungen der Neutralitätsbewegungen.
Nach dem Vorbild der vier Neutralen in der EU arbeiten die Bewegungen in
Bulgarien und der Slowakei. Ähnlich wie in der EU stehen auch in diesen
Ländern weite Teile der Bevölkerung der Idee der Neutralität positiv
gegenüber. Die regierenden Eliten begegnen dieser Stimmung nur mit Ablehnung
oder dem Vorwurf der pro-sowjetischen Propaganda. Die Autoren aus Slowenien
und Rumänien stellen ebenfalls ihre Arbeit für den Frieden in Europa vor und
sehen in der Neutralität Elemente, die auch nach den Umbrüchen 1989
friedensstiftende Wirkungen haben.
Der neutrale Staat Ukraine sowie das sicherheitspolitisch paktfreie Lettland
sind stark durch die Einbindung in NATO-Strukturen geprägt. Dazu gehören die
NATO-Partnerschaft für den Frieden sowie der von der NATO installierte
Euroatlantische Partnerschaftsrat. Die Analyse aus Rußland skizziert die
Gründe verschiedenster politischer Parteien gegen die Erweiterung der NATO
und stellt der OSZE ein für die Zusammenarbeit in Europa sehr gutes Zeugnis
aus.
Der "Appeal for a neutral zone" ist ein Ergebnis der Bemühungen einer
gesamteuropäischen Neutralitätsbewegung. 138 Organisationen aus 33
verschiedenen europäischen Staaten fordern von NATO, WEU, EU, den USA und
Rußland einen Runden Tisch zum Thema Neutralität und Stärkung der OSZE.
Lediglich Rußland hat starkes Interesse an Gesprächen signalisiert. Die
Aktivitäten des Netzwerkes für Neutralität werden trotz der Expansion der
NATO fortgesetzt. "The European Anti Maastricht Alliance" (TEAM) bietet
interessierten Gruppen umfangreichste Informationen über die
sicherheitspolitischen, demokratiepolitischen, ökologischen und
wirtschaftlichen Entwicklungen der EU an.
Im AutorInnenverzeichnis finden sich Adressen, Telefon- und Faxnummern sowie
e-mail-Adressen, um mit den Neutralitätsbewegungen und AutorInnen in Kontakt
treten zu können. *TR*
Bestellungen beim Herausgeber:
Thomas Roithner Moosleite 3a 4053 Haid
Fax 07229 - 80 202
e-mail: thomas.roithner@jk.uni-linz.ac.at
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> Analyse der Tragödie
Hannes Hofbauer (Hg.): Balkankrieg, Die Zerstörung Jugoslawiens
ISBN 3-85371-149-9, ca. 20.0 S., br., ca. öS 182.-
Mit Beiträgen von Michel Chossudovsky, Andre Gunder, Frank, Karl Kaser, Wolfgang Geier.
Erscheint Ende September
Der 24. März 1999 markiert das Ende der europäischen Nachkriegszeit. Mit dem Einsetzen der Bombardements gegen serbische und montenegrinische Städte durch die US-geführte NATO begann der vorläufig letzte Akt der Zerstörung des ehedem multinationalen und blockfreien Jugoslawien. Gemeinsam mit profilierten Ökonomen und Historikern zeichnet Hannes Hofbauer die Tragödie am Balkan nach. Ein Blick von außen, weltsystemisch und historisch fundiert, soll dabei helfen, die Nebel von Propaganda, die auch eine totale Verunsicherung in der kritischen Öffentlichkeit im Westen bewirkt haben, zu lüften. Nur so können die Konturen der Interessenslagen deutscher und US-amerikanischer Kriegstreiber nachgezeichnet werden und die ideologische Substanz der scheinbaren Rechtfertigung, Bomben im Dienste von Menschenrechten und Solidarität zu werfen, bloßgelegt werden.
Am Ende steht ein sozial und national aus dem Gleichgewicht geratener, ein total zerstörter Balkan. Slowenien und Kroatien sind, letzteres nach der Vertreibung von 400.000 Serben aus der Krajina und aus Slawonien, ethnisch weitgehend homogenisiert. Bosnien-Herzegowina befindet sich unter der militärischen Knute der NATO. Serbien und Montenegro sind durch die NATO-Schläge ihrer ökonomischen Struktur beraubt, verwüstet. Der Kosovo erinnert eher an ein Landschaftsbild zur Mitte des 17. Jahrhunderts nach dem 30jährigen Krieg denn an eine europäische Region zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Mazedoniens staatliche Lebensfähigkeit ist nach den massenhaften Vertreibungen der kosovarischen Bevölkerung ernsthaft in Zweifel gezogen. Für die Ethnisierung sozialer und ökonomischer Probleme traten seit 1989 in allen Teilrepubliken und Regionen verstärkt nationalistisch argumentierende Protagonisten auf. Zur Katastrophe dynamisiert hat sich dieses Phänomen allerdings erst durch die Einmischung des Westens. Heute können wir davon ausgehen, daß gezielte militärische Provokationen kroatischer, bosnischer und albanischer Kämpfer den Zerfall Jugoslawiens beschleunigt haben, mit dem wohl beabsichtigten Nebeneffekt der Dämonisierung Serbiens. Die NATO-EU-Allianz half bei der Verbreitung der Desinformation.
Seit Jahrhunderten liegt der Balkan im Spannungsfeld von Großmachtinteressen, die mal in Wien, Konstantinopel oder Moskau, später in Berlin und heute in Washington diktiert wurden bzw. werden. Ohne deren historische Kenntnis ist ein Verständnis für die aktuelle Tragödie nicht möglich. Davon ausgehend spannen die Autoren einen Bogen zu den direkten Eingriffen westlicher Mächte vom Berliner Kongreß (1878) bis zum Vormarsch der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg; von der Jugoslawisierung der Region in ihrer königlichen und ihrer selbstverwaltungssozialistischen Variante bis zur Bedeutung der NATO-Angriffe 1999 für eine neue Weltordnung nach dem Bedeutungsverlust der UNO. *Pressetext*