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Aussendezeitpunkt: Di, 14.09.99, 14:48

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Ost-Timor:

Folgenden Kommentar erhielten wir aus Australien. Obwohl schon

eine Woche alt -- mittlerweile hat Indonesien offiziell einige

Zugestaendnisse gemacht -- und wohl auch in der Tendenz nicht

unangreifbar, ist es doch interessant, wie man die Welt von der

anderen Seite der Erde aus sehen kann:

 

> Die Logik hinter dem Versuch Indonesiens,

> Ost-Timor trotz allem zu behalten

Viele haben lange Zeit kaum verstanden, was die Milizen, die

Polizei und ihre Kommandogeber im Indonesischem Heer ABRI in Ost-

Timor eigentlich erreichen wollen. Das Morden, die Zerstoerung der

Infrastruktur, das Niederbrennen ganzer Stadtteile und sogar

Staedte durch die Indonesier und ihre lokalen Helfershelfer schien

zwecklos, total unsinnig.

Dasz es "von oben", von indonesischen Offizieren dirigiert wurde,

war absolut klar; Miliz, Polizei, und Armee teilten sich nur die

Arbeit; trotz halbherziger Versuche, dies zu vertuschen, waren

alle auf einer Seite, gegen die Bevoelkerung Ost-Timors.

Aber war dies einfach die planlose Rache gegen die 78% der

Timoresen, die trotz massivstem Druck und Einschuechterung am 30.

August fuer die Unabhaengigkeit gegen "Indonesien" gestimmt

hatten?

Jetzt wird der Sinn im Unsinn klar. Der Terror gegen die

unbewaffnete Bevoelkerung dient einen einfachen Plan:

Die Bevoelkerung wird zusammengetrieben, zehntausende Menschen

werden abgefuehrt. Es sind ueberwiegend Frauen, Alte und Kinder.

Die Maenner versuchen, in die Berge zu fliehen und viele werden

auf der Flucht erschossen.

In Armeelastwagen werden viele zum Strand, zum Hafen von Dili

gebracht. Dort wurden schon im Dezember 1975, als die Indonesier

zum ersten Mal angriffen, Tausende erschossen, aber diesmal werden

sie - bis jetzt - nur festgehalten. Heute sind es an die 5000, die

auf dem Strand ausharren.

Andere, sowohl aus Dili wie aus schon zum Teil zerstoerten

Provinzstaedten wie Maliana, werden nach Atambua, ueber die Grenze

nach West-Timor vertrieben.

Auf dem Weg von Suai nach Atambua sollen nach nicht

kontrollierbaren Nachrichten abgeschnittene Koepfe auf Pfaehlen

entlang der Strasse aufgestellt worden sein. Australische Frauen,

die in Suai versuchten, durch ihre Anwesenheit eine gewisse

Oeffentlichkeit herzustellen und damit der Bevoelkerung einen

gewissen Schutz zu geben, wurden letzten Donnerstag, so wie fast

alle Auslaender, aus der Stadt verjagt. Nach ihrer Abfahrt "fing

das Morden erst richtig an", wie heute einer verzweifelten

Nachricht aus Suai zu entnehmen war.

"Um zehn Uhr am Dienstag kamen Miliz und Militaer in die Kirche,

wo bis zu 3000 Fluechtlinge zusammengepfercht waren. 40 Leute

wurden sofort umgebracht." Nach letzten Nachrichten wurde auch der

Pfarrer getoetet. Seither gibt es keine Nachricht mehr aus Suai.

Dieser Terror dient einem Zweck. Er soll die gezielte Vertreibung

der Ost-Timoresen ermoeglichen. Und diese Vertreibung soll das

Referendum des 30. Augustes annullieren. Eine der - seltenen -

Nachrichten von den Vertriebenen, aus Atambura, lautet: "Wir

muessen unterschreiben, dasz wir nur irrtuemlich fuer die

Unabhaengigkeit gestimmt haben." Wer sich weigert, wird nicht

wieder gesehen.

Zum gleichen Zeitpunkt kommt aus Jakarta die Meldung: "Die

Abstimmung am 30. August [Anm. Ergebnis: 75 % fuer die

Unabhaengigkeit, 21% fuer die "Autonomie innerhalb Indonesiens, 4%

ungueltig] ist gefaelscht und damit wertlos. Die ,UNAMET` [die UN-

Organisation fuer dieses Referendum] hat Partei fuer die

Unabhaengigkeit genommen und so das Wahlresultat gefaelscht. Wir

koennen deswegen dieses Resultat nicht anerkennen und fordern eine

neue Wahl." Soll heiszen: "Unter unserer Kontrolle".

Damit ist der Plan klar geworden: Durch den Terror sollte Ost-

Timor "entleert" werden. Die Vertriebenen werden sich unter diesem

Druck freilich aeuszern, dasz sie nie die Unabhaengigkeit wollten,

sondernr sich nur geirrt haetten. Das Morden und die Zerstoerungen

waren und sind notwendig, um diese "Wahlkorrektur" zu

ermoeglichen, die in Abwesenheit aller auslaendischen Beobachter

stattfinden wird. Den UN-Delegierten in Kupang, die versuchten,

ein Fluechtlingslager zu besuchen, wurde erklaert, dasz die

auslaendischen Beobachter nur die Leute wahnsinning machen

wuerden.

 

AUSTRALIEN: TROOPS IN! NOW!

Das linke Spektrum, das sich in der Vergangenheit dafuer

eingesetzt hatte, australische Truppen "rauszuholen" (Troops Out!

Now!) - aus Korea, Vietnam, Kuwait - ist heute auf der anderen

Seite. In landesweiten Demonstrationen wird der sofortige Einsatz

australischer Truppen zum Schutz der Bevoelkerung Ost Timors

gefordert: "Troops In! Now!"

Die Gewerkschaften - nicht nur die aktiven Linken wie die

Werftarbeiter der Maritime Union of Australia, sondern auch die

Zentrale ACTU - stoppten heute alle Arbeit mit indonesischen

Transportmitteln zu Luft oder See. Die indonesichen Garuda-

Maschinen flogen leer ab nach Bali, die ankommenden Schiffe wurden

nicht ausgeladen. Die Forderung ist : "Helft den Timoresen, so wie

sie uns im Weltkrieg gegen die Japaner geholfen haben."

Die Labour-Opposition fordert den sofortigen Einsatz australischer

Truppen in Dili auch ohne die Deckung der Vereinten Nationen,

sogar -- welch neue Kuehnheit -- ohne Unterstuetzung der USA.

Die konservative Howard-Regierung windet sich: "Wir haben das

nicht gewollt; wir haben die Gewalt vorausgesehen und unsere

Interventionstruppen verdoppelt."

"Werden wir sie einsetzen ?" fragt die australische

Oeffentlichkeit. Ohne Erlaubnis Indonesiens sei das schwer, sagt

die Regierung; vorgestern sagte sie noch, es sei "unmoeglich."

Die Regierung vermeidet es, eine einfache Gleichstellung

nachzuvollziehen: Weder Australien noch die USA hatten die

irakische Regierung gefragt, ob sie in Kuwait eingreifen duerften.

Ost-Timor ist, genau wie Kuwait, ein erobertes Land, das versucht,

sich zu befreien.

In der Zwischenzeit ist der Schnell-Katamaran "Jervis Bay" schon

seit zwei Tagen - mit Truppen geladen - aus Darwin ausgelaufen. Wo

er jetzt liegt, wird nicht veroeffentlicht. *Max Watts, Sydney, 8.9.99*

 

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