akin / aktuelle informationenPressedienst akin vom 20-03-1999
 
 



akin-Pressedienst.Elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten seinn. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.



Wels/Antifa:

> Bregartner klagt auf 480.000,-

Der Student Franz Breier junior, 21, Bundesvorstandsmitglied der
Sozialistischen Offensive Vorwaerts (SOV), wurde per 4. Maerz 1999
vom Welser Buergermeister Karl Bregartner wegen "Verletzung der
Ehre und des Ansehens" geklagt. Gegenstand der Klage sind Breiers
Vorwuerfe an Bregartner: Durch verschiedene Flugblaetter und
Flugzettel der SOV waere von Breier -- so der Buergermeister --
der unrichtige Eindruck erweckt worden, der Klaeger sei ein
rechtsextremer Buergermeister. "Dem durchschnittlichen Leser wird
suggeriert, der Klaeger billige rechtsextremes Gedankengut oder
foerdere oder bewundere es sogar" (Aus der Klage vom 4. 3. 1999,
Landesgericht Wels, Geschaeftszahl 4 Cg 50/99s).

Die SOV wirft Bregartner nach wie vor Foerderung des "bekannten
Rechtsradikalen Ludwig Reinthaler" (Zitat DOeW) und des
Oesterreichischen Turnerbundes vor (s. akin 7/99). (SOV/bearb.)

*

Um die KOSTEN im Rechtsstreit tragen zu koennen, hat die SOV ein
Spendenkonto eingerichtet: PSK 72.620.353 Kontoinhaber: Franz
Breier jun. RUeCKFRAGEN bei der Sozialistischen Offensive Vorwaerts (SOV),
Kaiserstr. 14/11, 1070 Wien; Tel: 01-524 63 10; Fax: 01-524 63 11;
e-mail: sov@gmx.net. Der Papier-Ausgabe der akin lag auch eine
UNTERSCHRIFTENLISTE der SOV bei. Diese Listen sind ebenfalls bei
obiger Stelle zu beziehen.


Die Friedenswerkstatt Linz bittet uns darum, folgenden Aufrufmoeglichst
   rasch weiterzuverbreiten und UnterstuetzerInnen zu gewinnen. Wir
   ersuchen um schriftliche Uebermittlung von Unterstuetzungserklaerungen
   an die Friedenswerkstatt Linz, Dinghoferstr. 17, 4020 Linz,
   Tel.: 0732-771094, Fax: 0732-797391 oder per e-mail:
   friedenswerkst.linz@demut.at

*

Resolution:

Schluss mit der Unterdrueckung des Kurdischen Volkes

Mit der rechtswidrigen Verschleppung eines wichtigen
Repraesentanten des kurdischen Volkes in der Tuerkei, Abdullah
Oecalan, aus der griechischen Botschaft in Kenia wurde ein neuer
Hoehepunkt in der systematischen jahrzehntelangen Unterdrueckung
und Demuetigung des kurdischen Volkes durch das tuerkische
Militaer und der diesen ergebenen zivilen Instanzen erreicht.
Besonders empoerend empfinden wir dabei die Mittaeterschaft vieler
westlicher Staaten, insbesondere der USA. Die Staaten der EU haben
offensichtlich in den letzten Wochen und Monaten nicht nur keine
Intitiativen zur politischen Loesung angestrebt, sondern mit der
akkordierten Verweigerung des Asylrechts fuer Oecalan bewuszt eine
europaeische Initiative zur politischen Loesung des Konflikts
torpediert. Jenen gesellschaftlichen Kreisen in Griechenland, die
sich in den letzen Wochen dieser unheiligen Allianz widersetzten,
den "Schwarzen Peter" zuzuschieben, empfinden wir als Ausdruck
besonderer Heuchelei.

Durch die Entwicklung der letzten Tage wird die voellig
willkuerliche und unausgewogene Instrumentalisierung der Frage der
Sicherung von Menschen- und Voelkerrechten durch die maechtigen
Staaten in NATO und EU offensichtlich. Waehrend im Kosovo der
Bruch des Voelkerrechts zur Sicherung von Menschenrechten als
legitim verkauft wird, wird in Bezug auf den NATO- Staat Tuerkei
sogar die voelkerrechtswidrige Errichtung einer Sicherheitszone im
Nordirak akzeptiert. Mit einer solchen Politik drohen die
bescheidenen Schritte zur Verrechtlichung der internationalen
Beziehungen, wie sie in den letzten Jahren entwickelt wurden,
zerstoert zu werden. Sie werden zum Opfer der politischen,
wirtschaftlichen und militaerischen Interessen der maechtigen
Staaten.

Die europaweiten politischen Aktionen der Kurdinnen und Kurden der
vergangenen Tage waren weitestgehend gewaltfrei. Die Praxis und
die Drohungen, AktivistInnen der Kurden sofort abzuschieben steht
im Widerspruch zu Menschenrechten  und ist ein Akt der Kooperation
mit dem Verfolgerregime in der Tuerkei.

Wir fordern deshalb von der Oesterreichischen Bundesregierung:

* Sofort Bemuehungen zur Freilassung Abdullah Oecalans und aller
anderen politischen Gefangenen zu setzen. Wenn es zu einer
Gerichtsverhandlung gegen Oecalan kommt, so musz dies vor einem
internationalen Gerichtshof sein, vor dem sich beide Seiten zu
verantworten haben.

* Die tuerkische Regierung aufzufordern, die voelkerrechtswidrigen
militaerischen Aktionen im Nordirak sofort zu beenden.

* Auf die tuerkische Regierung Druck auszuueben, saemtliche
militaerische Operationen gegen das kurdische Volk sofort zu
beenden.

* Sich fuer eine politische Loesung des Konflikts unter
gleichberechtigter Einbeziehung aller Beteiligten einzusetzen. --
Das heiszt Einberufung einer internationalen Kurdistankonferenz.

* Fuer den Einsatz von OSZE- WahlbeobacherInnen vor, bei und nach
den Parlamentswahlen am 18. April 1999 initiativ zu werden.

* Die Einstellung der wirtschaftlichen, politischen und
militaerischen Unterstuetzung der Tuerkei solange Repressalien
ausgeuebt werden.

* Asyl fuer alle vom tuerkischen Staat verfolgten Menschen zu
gewaehren -- Ruecknahme der restriktiven Auslaenderinnengesetze

* Keine Abschiebung und Kriminalisierung von politischen AktivistInnen.
 -- Denn Abschiebung bedeutet Folter, Gefaengnis und Mord.

* Bei den anderen Staaten der EU fuer gleichgerichtete Aktivitaeten
initiativ zu werden.

Name, Adresse, Geburtsdatum, Dat. d. Unterstuetz., Unterschrift


EU/Ueberwachung:

> ENFOPOL zum Gipfel fertig?

Neue Strategie: Aufteilung des Pakets

*

Langsam beginnt sich der Nebel um ENFOPOL zu lichten. Erarbeitet
wurden die EU-Abhoerplaene von der Arbeitsgruppe K 4 "Polizeiliche
Zusammenarbeit" -- im Englischen traegt die Gruppe die Bezeichnung
"Enforcement Police". Alle Dokumente dieser Gruppe tragen daher
das Kuerzel ENFOPOL. Die Gruppe beschaeftigt sich nicht nur mit
Rowdytum bei Sport-Groszveranstaltungen, DNS-Analysemethoden zum
Nachweis von Kinderschaendern oder technischen Standards fuer
Polizeitechnik sondern eben auch mit dem Abhoeren von
Telekommunikationseinrichtungen. Und da sind die Hightech-
Metterniche dieser Welt bekanntlich gerne rigoros.

In die Arbeitsgruppe K4 gehen Ergebnisse aus anderen informellen
Arbeitsgruppen wie dem ILETS, dem International Law Enforcement
Telecommunications Seminar ein. Referatsleiter der nationalen
Polizeien, nicht nur von EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch der USA
und Kanada, erarbeiten im ILETS gemeinsame Vorschlaege und
technische Richtlinien oder legen Standards fest. Das ILETS traf
sich erstmals im November 1993 auf Einladung des FBI. Zu den
Teilnehmern zaehlten einige EU-Laender, Kanada, Schweden,
Norwegen, Finnland, Hong Kong, Australien, Neuseeland und die USA.

ILETS erarbeitete 1994 die International User Requirements (IUR)
zum Abhoeren von Telekommunikation. In den USA kam es ziemlich
schnell zu handfesten Ergebnissen: der auf den IUR basierende FBI-
Vorschlag "The Communications Assistance for Law Enforcement Act"
wurde im US-Kongresz verabschiedet und am 25. Oktober desselben
Jahres von US-Praesident Clinton unterzeichnet. Von Nicht-EU-
Staaten wurden die IUR in einem Memorandum of Understanding als
voelkerrechtlich bindend bezeichnet. Die EU ist jedoch fuenf Jahre
spaeter immer noch nicht viel weiter. Zwar wurden mit Beschlusz
des Rates der EU vom 17. Januar 1995 die IUR bereits umgesetzt --
doch nur fuer Telekommunikation. Internet- oder
Satellitenkommunikation wurde hier noch nicht erfaszt. Die neuen
Technologien erforderten eine Anpassung, die im ENFOPOL 98-Papier
erfolgte, die Ratsempfehlung steht jetzt im Mai an.

Fuer die Amerikaner geht der Prozesz zu langsam voran. Seit Jahren
bemuehen sie sich um Rechtshilfeabkommen in der Strafverfolgung --
umsonst. Spaetestens seit Herbst 1998 setzen sie neben den
Verhandlungen mit dem Bruesseler Beamtenapparat auch auf
bilaterale Verhandlungen. Von Einzelvereinbarungen mit den EU-
Staaten versprechen sich die US-Unterhaendler schnellere
Ergebnisse.

Die Verhandlungsstrategie der Amerikaner hat jedoch noch einen
anderen Effekt: Es kommt Bewegung in den EU-Apparat, der jetzt bis
Mai das Papier durch den Rat bringen will. Im Juni treffen sich
zudem die G8-Staaten zu einem Gipfel in Koeln. Auf der
Tagesordnung steht auch die internationale Verbrechensbekaempfung.
Die Ratsempfehlung koennte die direkte Vorbereitung fuer ein
internationales Abkommen sein.

*Warum das Parlament machtlos ist*

Gegenueber der Presse behauptet jetzt das bundesdeutsche
Innministerium, dasz die ENFOPOL-98-Entschlieszung "nur im Rahmen
nationalen Rechts" realisiert werden kann. Etwas anderes war auch
nie vorgesehen. Um die Funktionalitaet der Entschlieszung wirklich
beurteilen zu koennen, ist ein genauerer Blick auf die
Konstruktion des EU-Apparates noetig: Innerhalb der sogenannten 3.
Saeule des Maastrichter Vertrags von 1993 wird die "Zusammenarbeit
der Justiz- und Innenminister" geregelt. Hier beraten sich die
Minister der Mitgliedstaaten im Rat und koennen einstimmig
gemeinsame Masznahmen verabschieden oder Abkommen zur
Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten empfehlen. Der Rat kann
selbst keine rechtlich verbindlichen Beschluesse abgeben, sondern
nur Empfehlungen aussprechen.

Da die Innen- und Justizpolitik die Souveraenitaet der
Mitgliedsstaaten beruehrt, werden alle relevanten Entscheidungen
von den Staaten selbst getroffen. Dies hindert sie jedoch nicht
daran, innerhalb der 3. Saeule Entscheidungen vorzubereiten und im
Rahmen multilateraler Vertraege miteinander zu koopieren.
Prominentestes Beispiel ist Europol oder das Schengen-Abkommen,
das nur von einigen EU-Laendern unterschrieben wurde. Das
Europaeische Parlament kann anders als beispielsweise im Bildungs-
und Kulturbereich Ratsempfehlungen im Bereich "Innen & Justiz"
nicht per Veto kippen. Wenn Parlamentsabgeordnete jetzt ueber die
"Stoppt Enfopol"-Aktion angeschrieben werden, koennen sie wie der
EU-Buergerbeauftragte Soedermann rein formell nichts unternehmen.
Protestieren kann er nur dann, wenn die Ratsempfehlung nicht
veroeffentlicht wird. Oeffentliche Aeuszerungen von
Parlamentsmitgliedern und Jakob Soedermann koennen allerdings
einen gewissen politischen Druck ausueben.

*Nebelwerfer und Nebengleise*

Wurde die Existenz der Arbeitsgruppe ENFOPOL noch bis vor wenigen
Tagen vom bundesdeutschen Innenministerium bestritten, so wird
inzwischen der ganze Vorgang nicht mehr komplett negiert, sondern
heruntergespielt, in einzelne Stuecke zerpflueckt und auf eine
voellig neue Zeitschiene gesetzt. Aufgrund der oeffentlichen
Kritik ist es den Verantwortlichen nunmehr klar, dasz sie ihre
Plaene, wie sie noch im "ENFOPOL 98"-Papier skizziert wurden,
politisch ad hoc nicht durchsetzen koennen.

Anstatt nun das komplette Paket in eine Ratsempfehlung zu gieszen,
wird es in einzelne, leicht verdauliche Papiere zerteilt und durch
verschiedene Arbeitsgruppen und Gremien wieder hochgespielt. Dazu
gehoert die in "ENFOPOL 98 Rev 2" getroffene Einigung darueber,
dasz die Regeln, die derzeit fuer das Abhoeren von
Telekommunikation gelten, auch auf die neue
Kommunikationstechnologien wie Satelliten- und
Internetkommunikation angewendet werden sollen. Die damit
verbundenen rechtlichen und technischen Probleme werden in anderen
Papieren behandelt. So wird beispielsweise die brisante
Kryptofrage und die Frage des grenzueberschreitenden Abhoerens auf
ein bislang unbeobachtetes Nebengleis verschoben.

                *Christiane Schulzki-Haddouti/telepolis/q-depesche/bearb.*

Der laengere Originaltext sowie weitere Infos zum Thema:
http://www.heise.de/tp/deutsch/special/enfo/default.html


Literatur und so:

> Mein armes Weltbild

Es ist Sonntag, die Grippe hat mich erwischt und ich lese einen
amerikanischen Krimi. Wird schon ein rechter Schmarrn sein, denk
ich mir, kennt man ja, aber heut brauch ich was Leichtes,
Spannendes, was mich eigentlich nicht betrifft. Naja, am Abend bin
ich fertig damit und um 2 Uhr frueh beschaeftigt mich das Zeug
noch immer. Da drin ist naemlich -- offensichtlich ganz gut
recherchiert, mit Quellenangaben -- die Rede von Geheimdiensten,
von Waffenverkaeufen, wie die USA den Irak zuerst aufruesten
lassen und dann bombardieren. Na, kennt man ja, ist ja alles in
diversen Magazinen gestanden. Aber am Ende, nur ganz zart
angedeutet, ist auch die Rede von einer Befreiungsbewegung in
Lateinamerika und dann komm ich ins Gruebeln. Ja, wer verkauft
denen wirklich die Waffen? Den Tupamaros, den Zapatisten, den
Kurden? Und womit bezahlen sie die? So billig ist das Zeug ja auch
wieder nicht. Sind das wirklich, wie von der rechten Welthaelfte
immer behauptet wird, lauter Drogengelder oder aehnliches
Ungewaschenes? Solidaritaetsspenden allein koennen das wohl auch
nicht sein. Oder ist das vielleicht wieder so ein Thema, das man
als ehrliche(r) Linke(r) mit einem kleinen Tabu-Schleiferl
versieht und ganz schnell in die Darueber-reden-wir-lieber-nicht-
Ecke stellt? Schlieszlich nuetzt es ja blosz dem Feind, wenn
darueber geredet wird. Aber wer ist Feind, und vor allem, wer ist
Freund in dem "Spiel"? Soll ich mich solidarisch fuehlen mit
Drogenhaendlern und Waffenschiebern? Das geht mir doch zu weit.
Irgendwie fuehl ich mich ziemlich genervt, weil mein armes
Weltbild schon wieder so gezaust wird. Wenn Freund und Feind nicht
mehr fein saeuberlich voneinander getrennt sind, ist das Leben und
das Lesen recht anstrengend.                   *Ilse Grusch*

Fuer alle, die der Krimi interessiert:
Neil Gordon: Rosenthals Tochter, DVA, ISBN 3-421-05074-0
 
 



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