akin / aktuelle informationenPressedienst akin vom 09-03-1999
 
 



akin-Pressedienst.Elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten seinn. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.



Wahlen/Kommentar:

> Contenance, bitte!

Warum sich nach den drei Landtagswahlen nichts geaendert hat und
warum ich glaube, dasz sich dennoch endlich etwas aendern sollte.

*

Joerg Haiders Partei hat die Wahl in Kaernten bravouroes gewonnen.
Von einigen meiner Bekannten traue ich mir ziemlich sicher
anzunehmen, dasz sie schon wieder in Gedanken ihre Koffer packen.
"Heute gehoert ihm Kaernten, in einem halben Jahr das Kanzleramt!"
lautet die gruselige Vorstellung. Die ersten beiden Reaktionen in
der Blackbox-Konferenz der Gruenalternativen Jugend noch am
Sonntag abend sind dafuer bezeichnend. Ein User meinte: "Wenn ich
NR-Mandatar waer', wuerd' ich einen Antrag auf Fahnen-auf-
Halbmast-setzen einbringen". Der andere hackte in Blockbuchstaben
die Forderung in den Computer: "Nein zu einer moeglichen
Regierungsbeteiligung der FPOe in Kaernten!"

Dazu ist einiges zu sagen. Zum einen ist da der Sonderfall
Kaernten. Ich glaube, dasz Wahlergebnisse in einem Land, wo
Gruene, Liberale und Minderheiten zusammen nicht einmal 4%
bekommen haben, nicht wirklich aussagekraeftig sein koennen. Die
Kaerntner Politik wird auch so stark von anti-Wiener Tendenzen
dominiert, dasz ein solches Ergebnis nur logisch ist. Man erinnere
sich an die massiven Eingriffe der Bundesparteizentralen bei den
Landeshauptmannwahlen der letzten Jahre.

Hinzu kommt ein nicht unbeachtliches Sozialproblem von knapp
27.000 Arbeitslosen bei etwa 270.000 Beschaeftigten. Als schuldig
daran werden unmittelbar die Regierungsparteien und die EU
angesehen -- die uns ebenfalls von diesen Parteien beschert wurde.
Und die EU wurde nicht nur mit sozialen Miszstaenden in Verbindung
gebracht, sondern vermittelte auch ein Gefuehl der
Fremdbestimmtheit. Denn die EU wird ganz einfach als Uebertreibung
des Wiener Zentralismus gesehen. Und Haider war nunmal die einzige
eindeutige Nein-Stimme gegen die europaeische Integration. Dasz es
unter einer FPOe-Regierung mit oder ohne EU wohl kaum soziale
Fortschritte geben wuerde, ist bei einer besonders in Kaernten
vorherrschenden Politik der Gefuehle nicht von Belang. Von Wahlen
im oesterreichischen Texas auf die Bundespolitik zu extrapolieren,
ist daher nicht wirklich statthaft.

*

Zum anderen aber hat der Erfolg Haiders sehr wohl bundespolitische
Bedeutung. Denn waehrend das Ausmasz des FPOe-Erfolgs in Kaernten
ziemlich alleine dasteht -- das belegen auch die Ergebnisse in
Tirol und vor allem in Salzburg --, so ist der Trend hin zum
autoritaeren Helfer in der Not unuebersehbar. Dazu kommt das
Klammern an die Macht, wie es zwar in Kaernten extrem deutlich zu
beobachten war, das wir aber auch aus Wien kennen. Unangetastet
bleibt der Grundsatz: "Solange wir auf Biegen und Brechen
irgendwie eine Mehrheit zusammenbringen, solange werden wir uns
nicht von unseren Posten vertreiben lassen. Was schert es uns, was
in ein paar Jahren ist!"

Denn oppositionelle Tendenzen in der Bevoelkerung haben Haider in
die Hoehe getragen -- und diese Tendenzen alleine sind nicht nur
schlecht. Natuerlich ist viel braun davon, vieles auch
hahnenschwanzlerisch, aber eben nicht alles. Mit den
rechtsextremen Waehlern alleine aber kann Haider keine Wahlen
gewinnen. Er musz diffuse Unzufriedenheit kanalisieren.

Und so absurd es klingt: Die Skandale und Wickel der FPOe von
Rosenstingl ueber Schnell bis Meischberger haben ihr eher
geholfen, denn geschadet. Denn jedes "Pfui!" der
Regierungsparteien gegen die staerkste Oppositionspartei wurde als
arrogant empfunden. Jede Skandalisierung war ein Angriff der
Herrschenden gegen den Rebell. Und war damit immer wieder ein
Fingerzeig fuer die Unzufriedenen. Gruene oder Liberale mueszten
danach lechzen, so beschimpft zu werden -- stattdessen machten sie
bei dieser ungewollten Haiderwerbung mit.

Der "Foehn"-Herausgeber Markus Willhelm schrieb schon 1995:
"Haider gilt vielen als das Gegenteil des Falschen -- und schon
darum als der Richtige. Haider werden blanko die Eigenschaften
unterstellt, die denen Vranitzkys und Schuessels entgegengesetzt
sind." Man muesse die Haiderwaehler, die ja erkannt haben, dasz
irgendetwas verkehrt laeuft, moegen, sonst habe man keine Chance,
schrieb Willhelm damals. Und das ist heute genauso richtig wie vor
vier Jahren.

Doch die Buhmann-Politik wird von den Regierungsparteien immer
noch unbeirrt fortgesetzt. Die Kaerntner SPOe sei vor allem
angetreten, mit dem "klaren Ziel, Joerg Haider zu verhindern",
meinte SP-Bundesgeschaeftsfuehrer Rudas in einem Radiointerview am
Wahlabend. Und damit klargestellt, dasz die Kaerntner SPOe sich
hauptsaechlich als Anti-FPOe versteht. Das hat insofern Sinn, weil
damit Anti-Haider-Stimmen mobilisiert werden konnten, die
vielleicht ansonsten an das Wahlbuendnis "Demokratie 99"
gegegangen waeren -- ganz nach dem Motto: Die kommen ja eh nicht
in den Landtag, ergo hilft nur eine Stimme fuer die SPOe gegen
Haider.

Fuer antifaschistische Kraefte ohne Regierungsnaehe ist eine Anti-
Haider-Politik aber kompletter Unsinn. Jetzt wieder gemeinsam mit
SPOe und OeVP, die uns Haider eingebrockt haben, die grosze
Trommel zu ruehren, Haider duerfe nicht Landeshauptmann werden,
ist das Verhalten nuetzlicher Idioten.

SPOeVP haben uns in Panik vor der Macht des Kapitals in sozial
disastroese Zeiten manoevriert. Haider ist mit dem selben Kapital
liiert wie die Regierungsparteien, aber er ist und bleibt
zumindest auf Bundesebene einstweilen Oppositioneller. Das ist
seine Staerke, denn er kann ohne Taten folgen lassen zu muessen,
pseudosoziale Sprueche klopfen. Wer ihn statt Regierung und
Kapital als den groszen Feind stilisiert, stellt sich damit fuer
viele Unzufriedene auf diesem Land an die Seite der Herrschaft.

Dabei geht es ja auch nicht nur um die Wahlen. Bezueglich der
Veraenderungskraft des Kreuzerlmachens habe ich ja immer noch
meine Zweifel. Es geht vor allem um die gesellschaftliche
Veraenderung hin zu Entsolidarisierung und Intoleranz. Es geht um
das "divide et impera". Menschen werden nicht nur geteilt in
Regierungswaehler und Haiderwaehler, ihnen wird auch von allen
drei Groszparteien gesagt, dasz sie ihres Glueckes Schmied selber
sind. Der Unterschied ist nur der, dasz Haider ihnen sagt, dasz
sie von der Regierung an dieser Schmiedearbeit gehindert werden.
Die prinzipielle Bejahung dieses Sprichworts ist aber allen drei
Parteien gemeinsam.

Und ein autoritaerer Kanzlerpraesident musz nicht von der FPOe
kommen. Man erinnere sich, dasz die Christlichsozialen sich
annodazumal den Nazis sogar in ihrer ganzen Diktion angepaszt
hatten, obwohl sie sich eigentlich nicht mehr vor Wahlen fuerchten
muszten. In Zeiten sozialer Kaelte kommt der Faschismus ganz von
selber -- es ist letztendlich egal, wie die Regierungspartei oder
deren Chef heiszt.

*

Dazu passen die letzten Forderungen aus der steirischen OeVP nach
einem Mehrheitswahlrecht, denen prompt der SP-Vorzeigelinke Einem
beisprang. Das Regieren wird der classe politique zu kompliziert,
da wollen die Herren klare Mehrheiten. Und verunsicherten Massen
gefaellt das wohl auch, denn sie gieren nach dem Autoritaeren. Das
ist das perpetuum mobile der Macht: Nutze exzessiv deine Macht,
zerstoere das Selbstbewusztsein der Menschen und sie werden nach
noch mehr Machtgefaelle schreien. Wer dann letztendlich von den
Konkurrenten um diese Macht obsiegt, ist irrelevant. Das Ergebnis
der Zerstoerung buergerlicher wie sozialer Freiheiten ist das
gleiche.

Haider ist keine Gefahr, sondern ein Symptom. Wer eine
haideristische Regierung -- mit oder ohne Haider selbst --
verhindern will, musz die Regierungspolitik angreifen. Aggressiv
und ohne Hoffnung auf Zusammenarbeit mit der Macht. Haider und vor
allem das, wofuer er steht, zu bekaempfen musz heiszen, ihn zu
ignorieren.                                        *Bernhard Redl*


Oe/Deren Heer:

> Waffenverweigerer in Haft

Im Jaenner 1999 muszte Josef einruecken. Er verweigerte die
Annahme der Waffe und sitzt seit 26.Februar 1999 in U-Haft in
Graz. Das Bundesheer musz A. entlassen, damit er einen
Zivildienstantrag stellen kann.

Josef hatte Zivildienst beantragt, war aber wegen Fristversaeumnis
abgelehnt worden. Der Verfassungsgerichtshof stellte allerdings
fest, dasz die Fristenregelung des Zivildienstgesetzes kompliziert
und kaum durchschaubar sei, und hob ueber hundert abweisende
Bescheide des Innenministeriums auf.

Josef sah keine Chance, den Zivildienst zu beantragen und folgte
dem Einberufungsbefehl fuer 4.1.1999. Nach mehreren Aufenthalten
im Krankenrevier wurde in Aussicht gestellt, dasz er nach 24 Tagen
Krankheit aus dem Praesenzdienst entlassen wuerde. Am
23.Krankheitstag muszte er aber den Dienst antreten, verweigerte
aber die Annahme der Waffe. Am Morgen des 25.2.1999 wurde er in
der Kaserne inhaftiert. Nach 24 Stunden wurde er einvernommen und
in die Haftanstalt Graz Jakomini ueberstellt, wo er seither in
Einzelhaft sitzt (Stand 5.3.). "Josef ist nicht ins Bundesheer zu
integrieren. Die U-Haft wird als Beugehaft miszbraucht!" meint
sein Anwalt.  *C. Mokricky, ARGE fuer Wehrdienstverweigerung / gek*
 


Aufruf zum Ungehorsam:

> Rekordverdaechtig!

Eigentlich hatten wir angenommen, dasz die Serie der Aufruf-
Prozesse endlich vorbei ist. 1998 herrschte diesbezueglich
Schweigen im Wiener Landesgericht. Aber siehe da, am 4. Maerz 99
gabs wieder einen Aufruf-Prozesz. Eine Gruppe von 7 Personen, die
1991 den ersten Aufruf in der AZ unterschrieben hatten, standen
vor Gericht. Richterin Dr. Ulrike Psenner hat ja seit vielen
Jahren einige Erfahrung mit Aufruf-UnterzeichnerInnen sammeln
koennen. Freundlich und muetterlich stellte sie auch diesmal ihre
ueblichen Fragen. Nur: Diese Gruppe war sensationell. Trotzdem es
fuer jeden einzelnen klar war, dasz dieser Prozesz keinerlei
oeffentliches Interesse mehr erregen wuerde, haben sich alle
unglaublich gut vorbereitet. Auch haben sie sich in
Eigeninitiative vorher getroffen und besprochen.

Fuer mich war dieser Prozesz einmal mehr ein Beweis dafuer, dasz
die Nachfolgewirkungen dieses Aufrufes beachtlich sind. Gerade in
Zeiten wie diesen ist es wichtig, dasz sich moeglichst viele
Menschen Gedanken uebers Heer und seine Auswirkungen machen.

Die nachstehende Prozeszerklaerung eines Angeklagten ist ein
Beweis dafuer.

Alle sieben Personen wurden von Richterin Psenner zu einen Monat
Haft auf ein Jahr bedingt verurteilt.          *Renate Saszmann*

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Prozeszerklaerung:

"Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann und wo ich diesen Aufruf
vor mittlerweile mehr als zehn Jahren unterschrieben habe, ich
weisz nur, dass ich ihn unterschrieben habe.

Ich stehe - damals wie heute - zum Inhalt des Aufrufes und war
bzw. bin mir der strafrechtlichen Konsequenzen bewuszt.

Die Frage nach den persoenlichen Beweggruenden findet sich fuer
mich schon zum Teil durch die inhaltlichen Aussagen des Aufrufes
beantwortet.

Damals wie heute sind Militaer und Gewalt fuer mich keine
geeigneten Mittel, internationale und nationale Konflikte zu
loesen.

Nach wie vor ist das Bundesheer eine Institution, die zu blindem
Gehorsam und Unmuendigkeit fuehrt.

Ich bin damals wie heute der Ueberzeugung, dasz es laengst an der
Zeit ist, das Bundesheer abzuschaffen.

Ich erklaere nach wie vor meine Solidaritaet mit jenen, die wegen
ihrer politischen, religioesen oder ethischen Ueberzeugung
eingesperrt werden.

Ich fordere daher weiterhin die Einstellung aller Verfahren gegen
Wehrdienst- und Totalverweigerer und die Streichung aller
Strafbestimmungen aus Wehr-, Militaer- und Zivildienstgesetz.

Damit dies geschieht, fordere ich - damals wie heute - alle auf,
Militaergesetze nicht zu befolgen.

Ich war und bin mir darueber klar, dasz dies eine Aufforderung zum
Ungehorsam gegen Gesetze (im Sinne des Paragraph 281 StGB) ist.

Hinzufuegen moechte ich noch, dasz ich zum Zeitpunkt meines
Unterschreibens mit einigen Totalverweigerern in engem Kontakt
stand. Ich kannte u.a. Christof Kurzmann, der seit mittlerweile 17
Jahren gegen seine Verpflichtung zum Wehrdienst ankaempft, seit
1989 ueber keinen Pasz verfuegt, in zwei Verfahen zu 6 Wochen und
drei Monaten bedingt verurteilt wurde. Seit all diesen Jahren ist
er zur Fahndung ausgeschrieben, seine oekonomische Existenz wurde
all die Jahre massiv gefaehrdet.

Ich war in dieser Zeit - und bin es noch heute - in der
sogenannten Alternativbewegung und linken Szene aktiv, arbeitete
u.a. bei der Arge Zivildienst, beriet zukuenftige Zivildiener, war
des oefteren Vertrauensperson bei der damals noch ueblichen
Stellungskommission. Ich betaetigte mich auch aktiv im Rahmen des
Anti-Abfangjaeger-Volksbegehrens gegen das Bundesheer.

Beweggruende die aus meiner familiaeren Biographie und den
Erfahrungen der Groszeltern waehrend der NS-Herrschaft herruehren,
aber auch meine Sichtweise des Militaers aus historischer Sicht,
speziell in diesem Jahrhundert, moechte ich hier ausklammern, da
dies den zeitlichen Rahmen sprengen wuerde.

Was mich aktuell noch zusaetzlich zum Gegner des Bundesheeres und
des Militaers macht, ist jene schmutzige Politik die massiv von
seiten des Militaers an den Landesgrenzen exekutiert wird, um die
Festung Europa zu sichern.

Seit Jahren agiert das Bundesheer hier in einem rechtlichen
Graubereich, im Rahmen eines sog. Assistenzeinsatzes.

Seit Jahren sorgen 18- und 19-jaehrige "Jungmaenner" dafuer, dasz
mittlerweile wohl hunderttausende Menschen von Oesterreichs
Grenzen zurueck ins Elend geschickt werden, ihnen das Recht auf
Asyl verweigert wird, ihnen das Recht auf ein menschenwuerdiges
Dasein aberkannt wird.

Tag fuer Tag, Nacht fuer Nacht kommt es zu "Nacht- und
Nebelaktionen" - ich verwende diesen Begriff aus der NS-Zeit hier
ganz bewuszt - an den Grenzen, zum Teil nicht einmal 100 km von
diesem Verhandlungssaal entfernt.

Ich habe diesen Aufruf aber auch ganz bewuszt unterschrieben, um
durch eine grosze Anzahl von Unterschriften das politische
Anliegen des Aufrufes zu verstaerken, aber auch um die Justiz zu
einem politischen Massenprozess zu zwingen.

Dieser Massenprozess wurde seitens der Justiz durch eine
"Salamitaktik" verhindert, ueber Jahre hinweg wurden immer wieder
Menschen fuer dieses angebliche "Vergehen" verurteilt und auch
heute, nach mehr als acht Jahren der Veroeffentlichung des
Aufrufes werden wiederum sieben der UnterzeichnerInnen verurteilt
werden."                                               ###
 
 


Kurdistan:

> Tuerkei und Iran gemeinsam gegen die Kurden!

Neben der militaerischen Allianz zwischen Israel und der Tuerkei
hat sich in den letzten Monaten weithin unbemerkt eine weitere
sicherheitspolitische Allianz herausgebildet, und zwar eine
zwischen der Tuerkei und dem Iran. Im Dezember des vergangenen
Jahres wurde zwischen beiden Laendern ein Sicherheitsabkommen
unterzeichnet, das einen wesentlichen Schwerpunkt aufweist,
naemlich ein Programm zur Kooperation gegen die jeweiligen
Oppositionskraefte des anderen Landes.

Was das konkret bedeutet, wird vom Stellvertretenden iranischen
Innenminister Bolandian genauer erlaeutert. Der Iran und die
Tuerkei wuerden es nicht mehr zulassen, dasz von ihrem jeweiligen
Territorium gegen das andere terroristische Aktivitaeten
stattfinden, so hiesz es in seinem Abschluszstatement. Sein
tuerkischer Ressortkollege Gur ergaenzte seitengleich: die Tuerkei
werde "auf ihrem Territorium keinerlei gegen die Islamische
Republik gerichteten Aktivitaeten seitens terroristischer Gruppen"
zulassen.

Damit sind Kraefte des Widerstands aus der Tuerkei auf iranischem
Territorium, und iranische auf tuerkischem praktisch vogelfrei.
PKK-Verbaende oder versprengte Gruppen koennen im Iran gejagt
werden, iranischen Oppositionsgruppen blueht das Gleiche in der
Tuerkei.

Mitte Februar gab Sami Sonmez, der Stellvertretende Untersekretaer
im tuerkischen Innenministerium auf einer Pressekonferenz in
Teheran bekannt, Thema des Treffens des Gemeinsamen Tuerkisch-
Iranischen Sicherheitsausschusses seien die Aktivitaeten der PKK
sowie der Opposition gewesen. Das Treffen habe effiziente,
positive und nachhaltige Resultate ergeben. Was das im Klartext
heiszt, erlaeutert Sonmez: "Wir werden es gestatten, dasz die
oppositionellen iranischen Kraefte, die in der Tuerkei aktiv sind,
den iranischen Behoerden uebergeben werden, im Gegenzug wird der
Iran gleichermaszen mit den separatistischen Terroristen
verfahren, die sich auf seinem Gebiet befinden"

Noch deutlicher wird Mirza Motehhar, der Vorsitzende der
iranischen Polizei: Er bestaetigte, dasz solche Masznahmen bereits
realisiert wurden. "Wir haben viele Operationen ausgefuehrt und
die Terroristen, die bei diesen Operationen gefaszt wurden, an die
Tuerkei ausgeliefert. Darueber hinaus werden wir auch diejenigen
Terroristen, die vor Operationen der tuerkischen
Sicherheitskraefte fliehen und ohne Erlaubnis unser Territorium
betreten, das Feuer eroeffnen."

Auszerdem sollen unter der Fuehrung hochrangiger Militaers beider
Laender gemeinsame Operationen an den Grenzen stattfinden.

Ganz logisch, dasz sich Teheran, das sich immer noch rhetorisch
auf den Widerstand gegen die Maechtigen beruft, die Amerikaner und
die Zionisten, und mit der Frage der Palaestinenser hausieren
geht, Oecalan und der kurdischen Befreiungsbewegung in der Tuerkei
in den Ruecken gefallen ist. Anfang Dezember lehnte der iranische
Innenminister Musavi-Lari ein Asyl fuer Oecalan kategorisch ab und
begruendete es folgendermaszen: "Der Iran kaempft seit 20 Jahren
gegen den Terrorismus. Wir werden es nie zulassen, dasz eine
terroristische Organisation auf unserem Terrritorium operiert."

Die derzeitigen Proteste der Kurden im Iran werden
konsequenterweise auf brutale Weise niedergeschlagen. Seit Monaten
ist das Land durch Proteste und Demonstrationen gekennzeichnet,
seit Monaten protestieren Arbeiter, Studenten und Angehoerige von
politischen Gefangenen. Staendig werden Leute verhaftet,
gefoltert, exekutiert. Am 18. Februar fanden in Teheran
Massenproteste statt. Eine der Losungen lautete: "Tuerkei, wir
verbrennen dich!" Zwei- bis dreitausend Kurden starteten eine
Kundgebung vor der tuerkischen Botschaft, und 600 zogen dann
weiter vor den Sitz der UNO.

In Orumieh, in Westarzerbeidschan, einer Stadt, in der
traditionellerweise viele Armenier und Kurden leben, versuchten
hunderte Kurden ins tuerkische Konsulat einzudringen, dabei wurden
von den iranischen Sicherheitskraeften angeblich Schuesse in die
Luft abgegeben.

Kurdische Organisationen des Landes aber berichten, die
Sicherheitskraefte haetten direkt auf die Leute geschossen, was
auch vom BBC zitiert wird. Der BBC berichtet auch von
Polizeiuebergriffen in einer Reihe von weiteren kurdischen
Staedten und Demonstrationen von Tausenden von Menschen, bei denen
mehrere Personen getoetet worden seien. Tote werden auch von den
iranischen Zeitungen bestaetigt. In Orumieh habe es mindestens, so
berichtet die iranische Zeitung Jahan-e-Islam, zwei Tote gegeben.

Der Grenzuebergang zum Iran bei Esendere in der Provinz Hakkari
wurde von der tuerkischen Regierung geschlossen. Die Begruendung
der tuerkischen Regierung: "Die Entscheidung wurde mit Ruecksicht
auf die Protestaktionen getroffen, die sich vor kurzem im Iran
ereignet haben." Fuerchten sie einen Zusammenschlusz der Proteste
ueber die nationalen Territorien hinweg?

                    *Gegeninformationsinitiative "Aug und Ohr" / gek.*



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last update:  09-03-1999  by: Horst.JENS@bigfoot.com (html-Konvertierung)