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Aussendezeitpunkt: Mi, 02.06.99, 11:26 *
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Balkan-Krieg/Nationalismusdebatte:

> Wenn der antinationale Wahn einmal ausgebrochen ist...

...folgt der Liberalismus auf den Fusz

In der Akin Nummer 17/99 (akin-pd 21.5.99) wurde ein zweiseitiger Artikel
von Thomas Schmidinger veroeffentlicht, sein Artikel beschraenkt sich
darauf, vermeintliche nationalistische Positionen der Radikalen Linken im
Jugoslawienkrieg anzugreifen. Dies ist unsere Antwort:

*

Wir werden hier nicht noch einmal den gesamten Jugoslawien-
Konflikt analysieren, das kann man woanders nachlesen. Wir wollen,
da uns Thomas Schmidinger als einigermaszen repraesentativ
erscheint, an dieser Stelle bedauern, dasz ein groszer Teil der
Autonomen Linken (oder was davon uebrig ist), auf eine Position
des buergerlichen Liberalismus uebergegangen ist, und auf einige
ihrer Vorwuerfe antworten.

Man wirft uns vor, die gesamte Welt in boese Imperialisten, und
gute Antiimperialisten (alle die mit ersteren in Konflikt geraten)
einzuteilen, um dann anschlieszend die Antiimperialisten zu
unterstuetzen. Jede Vereinfachung bringt die Gefahr von taktischen
Fehlentscheidungen mit sich, diese Vorgehensweise erscheint aber
zumindest als ein guter Ansatzpunkt. Die totale Dominanz des
Imperialismus ist ein wesentliches Kennzeichen unserer Periode,
das System der neuen Weltordnung, der Versuch jeden Widerstand zu
unterdruecken. 30 Millionen Kinder verhungern jedes Jahr, jeder
Winkel der Erde wird Profitinteressen untertan gemacht. Unter
diesen Voraussetzungen sehen wir den Kampf gegen Imperialismus und
neue Weltordnung als oberstes Gebot. Wer das nicht versteht,
spielt das Spiel des "demokratischen" Imperialismus.

Es heiszt: Milosevic kaempft nur zufaellig gegen den Westen. Wir
moechten hier gar nicht ausfuehrlich begruenden warum Milosevic
gegen den Imperialismus kaempft, aber "zufaellig"? Was ist das
fuer eine Absurditaet? Ist es auch ein Zufall, dasz Oesterreich
nicht von der NATO bombardiert wird? Oder die Tuerkei? Oder Saudi
Arabien? Oder stecken da vielleicht doch geostrategische
Interessen dahinter?

Aber akzeptieren wir einmal offensichtliche Absurditaeten. Nehmen
wir an, Milosevic oder Saddam Hussein kaempfen nur zufaellig gegen
den Westen, aus einer Art Laune heraus. Auch dann ist der
Widerstand des Iraks ein Signal fuer den ganzen arabischen Raum,
und der Widerstand Jugoslawiens gefaehrdet die neue Weltordnung.
Fuer Millionen Menschen bedeutet dieser Widerstand Hoffnung gegen
die Barbarei.

Bei der Demonstration fuer Mumia Abu Jamal haben wir an der
Solidaritaet mit einem Schwarzen, den die USA zu Tode foltern
wollen, gesehen, wie weit nach links die serbisch-jugoslawische
Bewegung in Wien in den letzten Wochen gegangen ist. Das ist nur
moeglich, weil der Widerstand gegen den Westen einen aktiven
Internationalismus gefoerdert hat. Dafuer, dasz sie fuer Mumia
demonstriert haben, werden die Jugoslawen, die die Kundgebungen
besuchen, von Thomas Schmidinger zum wiederholten Mal als
Faschisten bezeichnet, und das ohne echte Begruendung. Macht einen
das Tragen von Nationalfahnen und der serbische Grusz schon zu
Faschisten? Oder das Tragen von Militaerhosen, wie sie auch die
Rosa Antifa verwendet?

Natuerlich benuetzen diese Menschen nationalistische Symbole, aber
was stellt sich Thomas Schmidinger vor? Jugoslawien wird seit zehn
Jahren von der NATO angegriffen, zuerst ueber die Unterstuetzung
von kroatischen und bosnischen Agenten, schlieszlich mit 1000
Kampfflugzeugen am Tag. Die Linke war nicht in der Lage das Land
zu verteidigen, weder die Kommunisten noch die "oekologische
Linke". Die Menschen verteidigen ihr Land trotzdem, sie tun das
mit dem Nationalismus. Duerfen sie nicht, sagt Schmidinger. Lieber
Thomas: Deutschland fuehrt wieder Krieg, fuehrt Krieg gegen
Jugoslawien, und du willst dessen Verteidiger nicht unterstuetzen,
weil sie keine Antinationalen Veganer Anarchisten Antisexisten
sind? Deine Herangehensweise an politische Bewegungen ist die
eines buergerlichen Liberalen. Wer verlangt, dasz alle so kaempfen
muessen wie ein westeuropaeischer Student, ist nicht nur ein
Liberaler, sondern auch ein Rassist.

Der Krieg am Balkan ist ein welthistorisches Ereignis. Deutschland
fuehrt wieder Krieg, die NATO trifft weitreichende strategische
Entscheidungen, die eine militaerische Intervention auf der ganzen
Welt zulassen. Doch wenn sie zurueckgeschlagen werden, bekommt die
neue Weltordnung einen tiefen Risz. DEM IST ALLES ANDERE
UNTERGEORDNET. Die kommunistische Bewegung hat zwei Jahrzehnte
Niederlagen hinter sich. Der Widerstand der Unterdrueckten geht
trotzdem weiter, aber er geschieht in einer "schmutzigen" Art und
Weise, sei es der serbische Nationalismus oder der
Fundamentalismus. Dennoch, ob wir es wollen oder nicht, das
Schicksal unseres Kampfes ist mit dem ihren verbunden. Sich in
dieser Situation neutral verhalten heiszt den Staerkeren zu
unterstuetzen, den Imperialismus.

Thomas Schmidinger bezeichnet uns als Schreibtischtaeter. Wenn
Taeter von Tat kommt, dann sind wir lieber Taeter als Untaetige,
lieber Taeter als Zuschauer, lieber Taeter als passive
Unterstuetzer jener Verbrecher, die Jugoslawien angreifen.

*Kommunistische Aktion*
*Revolutionaer Kommunistische Liga*



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