akin / aktuelle informationenPressedienst akin vom 17-11-1998
 
 



akin-Pressedienst.Elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten seinn. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.



USA/Kommentar:

> Zweierlei Masz

Ein am 4. November verkuendetes Urteil des US-Bundesgerichts
erklaert ein seit zwei Jahren im US-amerikanischen Bundesstaat
Massachusetts geltendes Gesetz als verfassungsfeindlich, das
Firmen den Zugang  zu staatlichen Auftraegen erschwert, die mit
dem Militaerregime in Birma zusammenarbeiten. Die
Staatsanwaltschaft in Massachusetts hat  bekanntgegeben, dasz sie
den juengsten Schiedsspruch vom Obersten  Gerichtshof der USA
pruefen lassen wird. Der Handel mit Birma, wo eine Militaerjunta
die demokratische  Opposition brutal unterdrueckt, hat bis jetzt
in mehr als 20 US-Bundesstaaten und Staedten unter Strafe
gestanden. Das berichtete kuerzlich die Nachrichtenagentur IPS.

Die Reichweite des in Washington gefaellten Urteils geht nach
Ansicht des Rechtswissenschaftlers Bob Stumberg vom `Georgetown
Law Center' weit ueber die Grenzen von Massachusetts hinaus.
Bundesstaaten und Kommunen duerften bei der Auswahl ihrer
Handelspartner keine moralischen Bedenken mehr geltend machen,
wenn dadurch der Auszenhandel beeintraechtigt wuerde, erklaerte
er.

Man kann das jetzt sehen wie man will: Soll ein Staat das Recht
haben, mittels wirtschaftlichen Boykottgesetzen Druck auf eine
ungeliebte Regierung ausueben duerfen oder nicht, lautet die
Frage. Was das Bundesgericht aber entschieden hat, zeugt von
verfassungsrechtlichen Friktionen. Denn hier wird etwas auf
bundesstaatlicher Ebene als verfassungswidrig eingestuft, was in
der foederalen Legislative bislang unbestritten ist. Denn in
Washington haelt man bislang an den Boykottbestimmungen gegen
manche aus der US-Perspektive als links angesehene Regierungen wie
in Kuba oder Libyen fest.

Dasz der Entscheid der Bundesrichter einen Konflikt zwischen
foederaler Judikative und Legislative bezeichnet, ist
unwahrscheinlich. Die Begruendung des Urteils, dasz das
Massachusetts-Gesetz mit den Kompetenzen der Zentralregierung
kollidiere, laeszt nichts Gutes fuer die abzuwartende Entscheidung
der uebergeordneten Bundesverfassungsrichter ahnen. Politisch
koennte die Angelegenheit dennoch die US-Regierung in ziemliche
Verlegenheit bringen. Schlieszlich ist nicht einzusehen, wieso nur
Washington oekonomische Bannsprueche verhaengen darf, Teilstaaten
dies aber nicht zugebilligt wird.            *Bernhard Redl*


Asyl/Aktionsaufruf:

> Protest gegen Abschiebung in unsichere Drittstaaten

Die oesterreichische Bundesregierung plant eine Gesetzesnovelle, nach
der alle Nachbarstaaten zu "sicheren Drittlaendern" erklaert
werden (da diese ja offiziell die Fluechtlingskonvention
unterschrieben haben). Die Realitaet in manchen dieser Laender schaut
jedoch anders aus. Auch wenn nach neuesten Informationen Widerstaende in
der SPOe kosmetische Korrekturen notwendig machen aendert das nicht viel
an der Substanz. Das "Zentrum zur sozialmedizinischen, rechtlichen
und kulturellen Betreuung von Auslaendern und Auslaenderinnen in
Oesterreich" ZEBRA (0316/83-56-30 oder
http://ourworld.compuserve.com/homepages/zebra_org/aktion.htm)
ruft daher zu einer Protestbrief-Aktion auf. Hier ein Briefvorschlag:
 
 

An die Oesterreichische Bundesregierung
z. Hd. Herrn Mag. Viktor Klima
Parlament
A-1010 Wien
 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
 

Das oesterreichische Innenministerium plant eine Aenderung des
Asylrechts,
nach der alle Nachbarstaaten Oesterreichs als "sichere Drittstaaten"
definiert wuerden. Ich protestiere hiermit aufs schaerfste gegen diese
Plaene, da dies eine weitere Gefaehrdung der menschlichen Grundrechte
bedeutet. Wie Sie wissen, haben zwar die Nachbarstaaten die
Menschenrechtskonvention
unterzeichnet, aber faire Asylverfahren sind dennoch nicht in allen
dieser Laender garantiert. Speziell die Slowakei und mit
Einschraenkungen
auch Ungarn sind als problematisch anzusehen. Das Vorhaben, alle
Nachbarstaaten
zu "sicheren Drittlaendern" zu erklaeren, zielt auch auf eine
"Entmachtung" des "Unabhaengigen Bundesasylsenates"
ab. Die Einzelfallpruefung wuerde damit de facto abgeschafft.

Menschen, die aus ihrer Heimat fluechten muessen, Familienangehoerige
und Besitz zuruecklassen muszten, und denen oft noch das Letzte auf
der Flucht genommen wurde, sind in einer aeuszerst verzweifelten Lage.
Ich ersuche Sie daher alles in Ihrer Macht stehende zu unternehmen,
die Rechte der asylsuchenden Menschen zu sichern und nicht noch weiter
zu untergraben.

Mit freundlichen Grueszen
 
 
 
 
 
 

Weitere Adressen:
An das Oesterreichische Innenministerium, z. Hd. Mag. Karl Schloegl,
Parlament, A-1010 Wien

Herrn Bundespraesident Dr. Thomas Klestil, Hofburg, A-1010 Wien

eMail Bundesregierung von der Webpage
http://www.austria.gv.at/mail.htm

und an den Bundespraesidenten Thomas.Klestil@hofburg.at


Schnorrbrief der Woche:

> Hilfe fuer Nicaragua

Liebe Freunde und Freundinnen Nicaraguas! Ihr habt sicher bereits
aus den Medien von der schlimmsten Unwetterkatastrophe des
Jahrhunderts in Mittelamerika gehoert.

Als Folge eines Wirbelsturmes setzten am 26. 10. verheerende
Regenfaelle ein, die eine Woche ununterbrochen andauerten. Die
Folgen waren katastrophale Ueberschwemmungen. In den letzten
Berichten war von 11.000 Toten und 20.000 Vermiszten die Rede. Am
schwersten betroffen sind Honduras und Nicaragua, aber auch in
Guatemala und El Salvador gibt es Tote und wurden Schaeden
angerichtet.

Aus Nicaragua erfuhren wir am 3. 11., dasz 415.000 Menschen, das
sind ca 10% der Gesamtbevoelkerung, von der Katastrophe betroffen
sind. Das schlimmste Ereignis war der Bruch einer Kraterwand des
erloschenen Vulkans Casitas (in der 2. Region, nahe Chinandega),
die den Wassermassen im Krater nicht mehr standhielt und 5 Doerfer
mit Schlammassen begrub es werden ueber 1500 Tote befuerchtet. Es
gibt aber aus dem ganzen Land Berichte von Toten, Vermiszten,
zerstoerten Bruecken, beschaedigten und unbefahrbaren Straszen
(selbst die Panamerikana, die wichtigste Strasze Mittelamerikas,
ist teilweise zerstoert), weggeschwemmten und kaputten Haeusern,
zusammengebrochener Trinkwasserversorgung, vernichteter Ernte,
nicht funktionierenden Strom- und Telefonleitungen...

Sehr viel Kritik wurde am Verhalten der nicaraguanischen Regierung
laut:

* Trotz Informationen ueber den sich naehernden Hurrican "Mitch"
wurden keine Vorbereitungen (strategische Verteilung von
Lebensmitteln, Benzin und Medikamenten im Land, Evakuierung von
Personen aus gefaehrdeten Regionen...) getroffen, um Schaeden zu
verringern;

* die Schaeden der Unwetter wurden lange Zeit verharmlost, um
auslaendische Investitionen nicht zu gefaehrden;

* der Notstand wurde viel zu spaet ausgerufen;

* dem Land stehen nur 5 Hubschrauber fuer Hilfseinsaetze zur
Verfuegung;

* die bereits angelaufene Verteilung von Nahrung und Hilfsguetern
verlaeuft recht chaotisch.  Wir hatten am 3. 11. im Amerlinghaus
den Buergermeister von Condega, Gustavo Montoya und unseren
langjaehrigen Freund, Gemeindesekretaer und Gemeinderat von
Condega, Ermen Rodriguez zu Gast. Ermen informierte uns ueber den
aktuellsten Stand der Situation in Condega, das auch sehr stark
unter der Unwetterkatastrophe zu leiden hat.

Von den ca 28.000 Bewohnern des gesamten Gemeindegebietes sind
10.000 Menschen von den Schaeden betroffen. Drei Kinder und ein
Erwachsener sind umgekommen, fuer 4.215 obdachlose Personen wurden
34 notduerftige Fluechtlingslager errichtet, 541 Haeuser und 12
Bruecken sind zerstoert, 55 Ansiedlungen sind abgeschnitten, die
Ernte ist total vernichtet, es gibt kein Trinkwasser, Fabriken
sind zerstoert (mit der Leder- und der Zigarrenschachtelfabrik
auch die zwei groeszten), die Telefonverbindung und
Stromversorgung funktioniert nicht, fuer 1500 Kinder gibt es keine
Milch und es ist keine Autoverbindung moeglich.

Ermen, Gustavo Montoya und das Notstandskomitee von Condega bitten
uns dringend um Hilfe und wir moechten diesen Hilferuf hiermit an
Euch weiterleiten.

Ermen und Gustavo sind am 4.11. nach Nicaragua zurueckgeflogen und
wir haben ihnen bereits als erste Hilfe unsere gesamten
Vereinsmitteln (US$ 4.000.-) mitgegeben und dazu bei der
Versammlung im Amerlinghaus noch OeS 8.300.- gesammelt. Beteiligt
Euch bitte moeglichst groszzuegig an diesem Spendenaufruf, da
jetzt Hilfe wichtiger denn je ist.

Die Perspektiven fuer das Land sind zur Zeit aeuszerst trostlos.
Momentan ist der Ausbruch von Seuchen die groeszte Gefahr (durch
fehlendes Trinkwasser wird das verschmutzte Fluszwasser getrunken
und es gab bereits Cholerafaelle), danach droht durch die
ausgefallene Ernte eine Hungersnot, die durch die weithin
weggeschwemmte Humusschicht noch prolongiert werden wird und durch
zerstoerte Fabriken wird sich die schon bisher hohe
Arbeitslosigkeit noch verschaerfen. Darueberhinaus ist zu
befuerchten dasz Spendengelder, die ueber die Regierung von
Arnoldo Aleman abgewickelt werden, in den Taschen von korrupten
Politikern verschwinden. Also zahlt bitte keine Spenden auf das
von der nicaraguanischen Botschaft eingerichtete Konto, sondern
entweder bei bekannten Hilfsorganisationen, bzw. an nachstehend
angefuehrtes Konto fuer die Gemeinde Condega. Mit solidarischen
Grueszen                                   *Herbert Sburny*

Spenden an: Nicaragua Brigaden, 1070 Wien, Stiftgasse 8, Bank
Austria, BLZ 201 51, Kto.Nr. 648279305

****************************************

> Hilfe aus Kuba abgelehnt

Nicaragua hat offenbar aus politischen Gruenden ein Angebot Kubas
ausgeschlagen, nach dem Hurrikan Aerzte in das
zentralamerikanische Land zu schicken.

Managua hat zwar kubanische Medikamente angenommen, die Entsendung
von Aerzten jedoch als nicht notwendig bezeichnet. In dem am
haertesten von dem Sturm getroffenen Nachbarland Honduras und in
Guatemala haben kubanische Mediziner bereits mit der Behandlung
der Katastrophenopfer begonnen.                   *IPS/gek.*



Oe/UK/Chile:

> Pinochet nach Oesterreich?

Mittlerweile gibt es auch aus Oesterreich Strafanzeigen gegen
Pinochet von zwei chilenischen Fluechtlingen. Das Interessante
daran ist die Tatsache, dasz sie sich auf Taten beziehen, die auf
einem Territorium unter oesterreichischer Hoheitsverwaltung
stattgefunden haben.

1976 hatten chilenische Polizisten die bulgarische Botschaft
gestuermt. Zu diesem Zeitpunkt war das Botschaftspersonal von
seiner Regierung abgezogen und das Gelaende dem oesterreichischen
Botschafter unterstellt worden. 22 gefluechtete Regimegegner
hatten sich dorthin gefluechtet und wurden -- ungehindert vom
damaligen oesterreichischen Botschafter Anton Segur-Cabanac -- von
den Polizeikraeften dort festgenommen und ins Folterzentrum Tres
Alamos gebracht. Zwei der Abtransportierten sind nie wieder
aufgetaucht. Laut Marco Smoliner vom LiF hat sich die
oesterreichische Regierung niemals zu diesen Vorfaellen
geaeuszert.

Nach Ansicht der Gruenen Abgeordnete Stoisits haette ein
Auslieferungsantrag Oesterreichs jedoch groeszere Chancen als
viele andere. Stoisits: "Im Gegensatz zu anderen Staaten ist
naemlich die rechtliche Zustaendigkeit durch eine Verkettung von
besonderen Umstaenden eindeutig erwiesen." Rechtsanwalt Richard
Soyer meint dazu laut "Standard", die chilenische Immunitaet sei
fuer die Strafverfolgung durch oesterreichische Behoerden
"irrelevant".                                             *akin*



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