akin / aktuelle informationen Pressedienst akin vom 11-09-1998
 
 



akin-Pressedienst.Elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten seinn. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus.


 
Arbeit/Debatte:

           Die ueberparteiliche Arbeitslosen- und
           Menschenrechtsorganisation "I.S.A.U." sammelt gemeinsam
           mit anderen Vereinen und NGOs Unterschriften fuer das
           Volksbegehren "Recht auf Arbeit". Folgender Text als
           Anregung fuer die Bundesregierung wird mit dem
           Volksbegehren unterstuetzt:

           "Artikel 23 der Allgemeinen Erklaerung der
           Menschenrechte - Jeder Mensch hat das Recht auf Arbeit
           soll subjektiv verfassungsgesetzlich gewaehrleistetes
           Recht werden. Dieses soll mit entsprechenden
           Gesetzesverordnungen und Durchfuehrungsbestimmungen
           Umsetzung erfahren."

           Die "Alternativen und Gruenen GewerkschafterInnen"
           (AUGE) unterstuetzen das Volksbegehren als Organisation
           nicht. Warum, erklaert AUGE-Sekretaer Schani Margulies
           in folgendem fuer "Die Alternative" geschriebenen
           Artikel:
 

> Einige kritische Anmerkungen zum Recht auf Arbeit

Die OrganisatorInnen des Volksbegehrens fuer das Recht auf Arbeit
sind engagierte Menschen und verstaendlich ist auch ihr Motiv.
Soll doch durch dieses Volksbegehren, das zum Tag der
Menschenrechte im Dezember 98 eingereicht werden soll, das
Menschenrecht auf Arbeit in den Verfassungsrang erhoben werden.
Sie sind, so hoffe ich auch, nicht so naiv, dasz sie die
Diskrepanz zwischen der formalen Verfassung und dem realen Leben,
die es gibt, nicht kennen. Doch, so meinen sie, ein verankertes
Verfassungsrecht waere ein erhoehter Druck auf die Regierenden,
eine "Vollbeschaeftigungspolitik" durchzusetzen. Dennoch gibt es
unter uns Menschen, die diesem Volksbegehren mit einiger Skepsis
begegnen - und zu diesen Skeptikern zaehle auch ich.

*"Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen."*

Als die Arbeiterbewegung dieses Motto auf ihre Fahnen schrieb, war
das schon seinerzeit problematisch, aber verstaendlich. Waren doch
eindeutig jene gemeint, die auf Grund ihres Kapital oder
Grundbesitzes oder gar auf Grund ihres Standes parasitaer auf
Kosten der ArbeiterInnen lebten. Bereits damals war aber auch die
zweite "haeszliche Seite" der Medaille erkennbar, die dazu
fuehrte, dasz man sich vom asozialen "Lumpenproletariat"
distanzierte.

Betreffend Arbeit sollte auf die Vielfalt der Interpretation von
Arbeit hinzuweisen nicht vergessen werden. Zwischen der Arbeit als
sinnschoepfendes Element der Menschen und der fremdbestimmten
Arbeit, die den Menschen "entmenschlicht", liegen Welten. Kein
Zufall, dasz Karl Marx im Kapitalismus auf den Widerspruch
hinwies, dasz der Mensch erst auszerhalb der Arbeit in der
Freizeit sein Menschsein leben kann. Die Ueberwindung der
fremdbestimmten, lohnabhaengigen und sinnentleerenden Arbeit sei
daher die Grundvoraussetzung fuer eine menschenwuerdige
Gesellschaft.

Der sogenannte "Endsieg des Kaptitalismus" hat dazu gefuehrt, dasz
das "arbeitslose Einkommen" einer kleinen Minderheit der
Kapitaleigentuemer von der groszen Mehrheit der Bevoelkerung nicht
mehr als parasitaer betrachtet wird, sondern als Zeichen der
"Tuechtigkeit" gesehen wird. Nur mehr jene werden als unmoralisch
bezeichnet, die angeblich auf Kosten der Gesellschaft mit
Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder Sozialhilfe "in der sozialen
Haengematte ruhen" und mit Ach und Krach ueberleben..

*Auf welche Arbeit soll ein Recht entstehen?*

Vor allem Frauen, aber nicht nur sie, leisten "unbezahlte" Arbeit,
ohne die unsere Gesellschaft nicht ueberleben koennte. Auf diese
Arbeit haben sie nicht nur ein Recht, sondern im Weltbild unserer
konservativen Maenner (leider nicht nur bei diesen) auch die
Verpflichtung. Diese Arbeit wird wohl kaum gemeint sein.

In den Vorbildlaendern Niederlande, Groszbritannien und der USA
wird das "Recht auf Arbeit" in der Praxis des Turbokapitalismus
vorexerziert. Mac Jobs, Teilzeitarbeit, Arbeit auf Abruf und damit
verbunden Deregulierung sind im Kommen. Die neue
Dienstbotengesellschaft steht vor der Tuer. Soziologen und
Politologen warnen vor der neuen Armut, die durch katastrofal
niedrige Entlohnung entsteht. Dieses Recht auf Arbeit kann wohl
auch nicht gemeint sein.

Unter dem Motto Arbeitsplatzsicherung werden weiterhin munter
Waffen produziert, Umweltzerstoerung weitergefuehrt und der
Verschwendungs- und Vergeudungskapitalismus zu neuen Hoehen
gebracht. Diesem "Recht auf Arbeit" wird alles untergeordnet. Das
kann doch auch nicht gemeint sein.

Angesichts dieser Facten halte ich es fuer sinnvoller, das Recht
auf "Existenzsicherung"- sprich bedarfsorientierter Grundsicherung
zu verlangen. Wenn schon ein Volksbegehren zur Arbeit, dann waere
es sinnvoller gewesen, eine radikale Arbeitszeitverkuerzung
einzufordern. Doch dann haette moeglicherweise die Unterstuetzung
von wichtigen Persoenlichkeiten des oeffentlichen Lebens gefehlt,
die zwar fuer eine verbale Menschenrechtserklaerung zu gewinnen
sind, aber mit Forderungen, die nicht konfliktfrei ueber die
Buehne gehen und die medial nicht goutiert werden, nichts am Hut
haben.                                      *Schani Margulies*
 

Naehere Informationen zum Volksbegehren bei Christian Neugebauer,
Tel. & Fax: (01) 290 58 04




Praktische Tips fuer den Alltag:

> Die Negativsteuer

Im Einkommensteuergesetz gibt es den Begriff der "Negativsteuer".
Dieser Begriff und was es damit auf sich hat, duerfte weitgehend
unbekannt sein.

Es bedeutet einfach, dasz unselbstaendig Erwerbstaetige, die keine
Lohnsteuerabzuege haben, unter Umstaenden eine Gutschrift ihrer
(theoretisch) negativen Einkommenssteuer (= Lohnsteuer) beantragen
koennen. Es kann sich um einen Gutschriftsbetrag (Negativsteuer)
bis zu oeS 3.500 im Jahr handeln. Wie kann Mensch zu diesen Geld
kommen?

Zuerst schaut man auf seinen Lohnzettel. Auf diesen Lohnzettel
steht der Bruttobetrag, die Abzuege und der Nettobetrag. Uns
interessieren nur die Abzuege. Diese Abzuege sind geteilt in
Lohnsteuer, Sozialversicherung und andere Abzuege. Nur wenn keine
Abzuege fuer Lohnsteuer auf den Lohnzettel aufscheinen und man
keinen Jahresausgleich beantragt hat, hier wird die Negativsteuer
bereits vom Finanzamt berechnet, geht man auf das zustaendige
Finanzamt (= Wohnsitzfinanzamt) in die Einlaufstelle und beantragt
fuer sich die Veranlagung. Jetzt musz das Finanzamt aktiv werden.
Mit etwas Glueck gibt es nach einiger Zeit einen unerwarteten
Geldeingang am Konto. Angeblich kann man die Veranlagung auch
rueckwirkend beantragen.                       *Peter Grusch*




USA/Gewerkschaft:

>UPS-Management betruegt

Voriges Jahr im Sommer gab es den groszen Aufschwung im US-
amerikanischen Arbeiter/innenkampf, als die UPS-Streikenden nach
zweiwoechigem Kampf das Management zu beachtlichen
Zugestaendnissen gezwungen hatten: In den naechsten 5 Jahren
mueszte UPS 10.000 Teilzeitjobs in Vollzeitarbeitsplaetze
umwandeln; die geplanten Pensionskuerzungen wurden abgewehrt uam.

Ende Juli sollten die ersten 2.000 "Umwandlungen" stattgefunden
haben. Wie wir nun aus den USA erfahren haben, hat vor kurzem das
UPS-Management den 1997-Vertrag de facto zerrissen und noch dazu
mitgeteilt, dasz Arbeitsplaetze abgebaut wurden. Schuld haetten
die Streikenden von 1997, da durch den Streik wichtige Auftraege
verloren gegangen seien.

Die Teamsters-Gewerkschaft IBT reagiert zur Zeit mit verbalen
Protesten, Ankuendigungen von Beschwerden beim Schiedgericht und
einer Stickerkampagne: "Respect Our Contract".

Es ist abzuwarten, wie die amerikanische Arbeiter/innenbewegung
auf diese Provokation reagieren wird - bzw. ueberhaupt kann. Neben
den groszen Summen aus der Gewerkschaftskassa fuer den UPS-Streik
fehlen naemlich auch rund eine dreiviertel Million Dollar, die Ron
Carey vorgeworfen werden, als Wahlkampfgeld fuer seine Wiederwahl
als IBT-Praesident abgezweigt zu haben. Im November 1997 hatte der
Wahlaufsichtsleiter der Gewerkschaft dann Carey fuer nicht
waehlbar erklaert, kurz darauf liesz sich Carey unbezahlt
beurlauben...

Ron Carey kommt von den "Teamsters fuer eine demokratische
Gewerkschaft" (TDU), die Ende der 80er Jahre die alte Mafia-Garde
der Teamstergewerkschaft abwaehlen konnten. Carey begann in der
Folge mit einem radikalen Reformwerk in der
Gewerkschaftsorgansiation, schaffte die Funktionaersprivilegien
weitgehend ab, startete eine rasante Kampagne zur Gewinnung von
Unorganisierten und stellten im Laufe des IBT-Engagements gegen
das NAFTA-Abkommen Verbindungen zur mexikanischen
Gewerkschaftsbewegung her. Ob nun Carey von den Geldveruntreuungen
tatsaechlich gewuszt hat oder nicht, aendert nichts daran, dasz er
als Praesident und Bevorzugter wesentliche Verantwortung dafuer zu
tragen hat. Wie auch immer, die buergerlichen Medien, wie etwa das
WallStreet-Journal, gingen 1997/98 daran, aus dem Fall Carey eine
Abrechnung auch mit den gewerkschaftsdemokratisierenden und
militanten Tendenzen bei den Teamsters zu machen.

Careys groszer Gegenkandidat bei den Gewerkschaftswahlen, James
Hoffa, ist ebenfalls angeklagt, Gewerkschaftsgelder unterschlagen
zu haben (er ist Sohn des alten Mafiapraesidenten Hoffa und selber
mafiaverbunden). Nach wie vor sind innerhalb der Teamsters die TDU
die treibende Kraft, die auch den UPS-Streik wesentlich
mitorganisiert hatten. IBT/TDU stehen also innerorganisatorisch
und in der Oeffentlichkeit unter enormem Druck. "Respect Our
Contract" gegenueber der UPS wird dort das Management aber nur
verstehen, wenn wieder viel Gewerkschafts- und Arbeiter/innen-
Power organisiert werden kann. Die anderen Gewerkschaften in den
USA sind jedoch auch ohne solche Typen wie die Hoffas und solche
Geldskandale noch schwaecher bzw. buerokratischer als die
Teamsters. Alles Gruende, internationalen Druck auf UPS und
amerikanische Regierung auszuueben und ueberall die
Vertragsbruechigkeit von UPS aufzuzeigen!

Schicken wir Emails, Faxe an den Internationalen Verband Freier
Gewerkschaften ICFTU mit der Aufforderung, bei UPS und der
amerikanischen Regierung im Sinne der UPS-Belegschaft zu
intervenieren: ICFTU, 155 Boulevard Emile Jacqmain, 1210 Brussels,
Belgien; Tel: 0032-2 224 0211; Fax: 0032-2 201 5815;
eMail: press@icftu.org                   *LabourNet-Austria/bearb.*



zurück zum Inhaltsverzeichnis der akin: http://akin.mediaweb.at
zurueck zu den mediaweb-Seiten: http://www.mediaweb.at

eMail: redaktion.akin@signale.comlink.apc.org  pgp-key auf Anfrage
last update:  27-09-1998  by: Horst.JENS@bigfoot.com (html-Konvertierung)